1. Johannes 2, 28

Und nun, Kindlein, bleibet bei ihm (Textbibel: in ihm),
auf daß, wenn er offenbart wird, wir Freudigkeit haben
und nicht zu Schanden werden vor ihm bei seiner Zukunft.

(1. Johannes 2, 28)

Johannes hatte die Gläubigen, an die er schrieb, vor Leuten gewarnt, die sich von ihnen getrennt hatten und einer falschen Lehre ergeben waren, welche unter dem Schein einer besonderen hohen Weisheit dem Fleisch zum Sündigen Raum ließ. Er sagte dagegen V. 27: Wie euch die Salbung, das ist der heilige Geist, mit dem ihr gesalbt seid, von Allem belehrt, und wie es auch wahr ist, und keine Lüge ist, ja wie sie euch schon belehrt hat, so bleibet bei demselben. Hierauf zeigt er aber an, worauf es bei der Lehre der Salbung angesehen sei, und was für ein Zustand bei den Gläubigen daraus entstehen müsse: sie sollten nämlich in Jesu Christo sein und bleiben.

Wer da sagt, er bleibe bei demjenigen, was die Salbung lehrt, muß auch in Jesu Christo bleiben, denn der Heilige Geist verklärt Jesum in der Seele, und richtet eine Gemeinschaft mit Gott dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo in derselben an. Durch die Kraft des Heiligen Geistes wird man eine Rebe an Christo, und ein Glied an Ihm als dem Haupt. Man hangt Ihm an, und ist Ein Geist mit Ihm. Die Seele empfindet alsdann mit inniger Zufriedenheit, daß sie nicht mehr ihres eigenen Willens leben könne, nicht mehr ihrer eigenen Lust überlassen sei, nicht mehr von einem jeden Wind der Versuchungen, wie vorher, umgetrieben, aufgetrieben und niedergeworfen werde. Der Heiland, in dem sie ist, hält sie. Auch bemerkt sie, daß sie als eine Rebe an Christo Frucht bringen könne, und es nicht mehr bei den unkräftigen Vorsätzen und Wünschen bleibe, die Röm. 7, 14-23 beschrieben werden. Dieser Zustand nun muß bis an’s Ende behauptet werden; und zwar bis auf die herrliche Zukunft des HErrn: weswegen Johannes sagt: Und nun, Kindlein, bleibet in Ihm. Bei dem HErrn Jesu fehlt es in diesem Stück nicht. Er, der, wie der Vater, größer als Alles ist, hält die Seinigen so in Seiner Hand, daß Niemand sie daraus reißen kann; allein durch Unachtsamkeit und Leichtsinn, durch das Belieben an einer ungesunden Lehre, und durch Trennung von der Gemeinschaft der Kinder Gottes könnte man von Ihm nach und nach entfremdet werden; weswegen die Ermahnung nicht unnötig ist.

Kindlein, bleibet in Ihm, auf daß, wenn Er offenbart wird, wir Freudigkeit haben, und von Ihm nicht beschämt werden bei Seiner Zukunft.

Wer von dem HErrn Jesu abgewichen ist, hat etwa noch eine falsche Einbildung von sich selbst, und hält seinen Zustand für nicht gefährlich, oder gar für besser als den vorigen, besonders wenn er ihn mit einer falschen Lehre schmücken kann: von dem HErrn Jesu aber werden alle solche Leute bei Seiner Zukunft zu Schanden gemacht werden, wenn Er sie Heuchler, Übeltäter, zweimal erstorbene Bäume u. dgl. nennen, und als solche richten wird. Wer nicht in Mir bleibet, sagt Er (Joh. 15, 6), der wird weggeworfen wie eine Rebe, und verdorret, und man sammelt sie, und wirft sie in’s Feuer, und muß brennen.

Wachsamkeit, Nüchternheit, Gebet, tägliche Aufmerksamkeit auf das Wort Gottes, und eine beständige Verleugnung seiner selbst, eine beständige Enthaltung und Flucht vor der Sünde und der Gelegenheit dazu ist nötig, wenn man bei Jesu bleiben soll.

(Magnus Friedrich Roos)

Quelle:

Abend-Andacht zum 8. April, in:

M. Magnus Friedrich Roos, württ. Prälaten zu Anhausen Christliches Hausbuch, welches Morgen= und Abend=Andachten auf jeden Tag des ganzen Jahres nebst beigefügten (Hiller’schen) Liedern enthält. Nebst einem Anhange von weiteren Gebeten für zwei Wochen und für einige besondere Fälle. Mit dem Lebensabriß des sel. Verfassers, eingeleitet von seinem Urenkel Repetent Fr. Roos. Mit einem Stahlstich. Stuttgart, 1860. Druck und Verlag von J. F. Steinkopf. Seite 278 [Digitalisat]

Siehe auch bei:


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Eingestellt am 22. Mai 2024