Fruchtbringende Gesellschaft (Societas fructifera)

Die Fruchtbringende Gesellschaft (1617–1680, lat. societas fructifera), auch Palmenorden genannt, war die erste und mit 890 Mitgliedern auch größte deutsche Sprachakademie. In ihrer Imprese zeigt sie die vielfach brauchbare Kokospalme mit der Devise „Alles Zu Nutzen“. Das Gesellschaftsschild der Fruchtbringenden Gesellschaft zeigt einen Palmenhain mit einem Porträt des Fürsten Ludwig von Anhalt-Köthen.

Aufgrund ihrer hohen Mitgliederzahl aus dem Adels- und Reichsfürstenstand war sie höfisch, politisch, militärisch und diplomatisch vernetzt. Modell standen die italienischen Renaissance-Akademien; sie knüpfte aber auch an Ritterorden, Adelsgesellschaften und Bruderschaften an, fungierte jedoch nur zum Teil wie eine Gelehrtengesellschaft und literarische Vereinigung.

„Der Name Fruchtbringend / darum / damit ein jeder / so sich hinein begiebet / oder zu begeben gewillet / anders nichts / als was fruchtmeßig / zu Früchten / Bäumen / Blumen / Kräutern oder dergleichen gehörig / aus der Erden wächset / und davon entstehet / ihme erwehlen / und darneben überall Frucht zu schaffen äußerst beflissen seyn solle.“

Georg Neumark: Der Neu-Sprossende Teutsche Palmbaum, Nürnberg 1668

Gründung

Nach dem Bericht im Gesellschaftsbuch der Akademie wurde die Fruchtbringende Gesellschaft in Weimar am 24. August 1617 gegründet [1], und zwar von fünf anhaltischen und sachsen-weimarischen reformierten und lutherischen Fürsten sowie dreien ihrer Hofleute, darunter dem Gesellschaftsältesten (Caspar von Teutleben. FG 1. Der Mehlreiche. 1617), Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen (FG 2. Der Nährende. 1617) und Herzog Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar (FG 5. Der Schmackhafte. 1617), dem eigentlich ersten bzw. zweiten Gesellschaftsoberhaupt.

Der Gründungsbericht dieser höfischen Akademie wurde in Frage gestellt [2], weil der 24. August der Kalendertag der französischen Bartholomäusnacht (Hugenottenmord) war und somit ein reformierter Gedenktag, jedoch hatte der Mitstifter Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen (1579–1650) nur die Bestattung seiner Weimarer Schwester Dorothea Maria von Anhalt, die schon am 5. August 1617 erfolgt war, durch die lange Dauer seiner Benachrichtigung und Anreise verpaßt, sodaß seine Trauerbezeugung mit der Gründungsversammlung am 24. August zusammenfiel. Die Stifter dieser Vereinigung standen am Vorabend des Dreißigjährigen Kriegs zwar der protestantischen Aktionspartei nahe, gründeten die Gesellschaft aber nicht als „eine politisch motivierte Sammlungsbewegung“ mit einem erst sekundären Sprachzweck und adlig-patriotischen Tugendkanon [3], sondern nur zur Verwirklichung ethischer und sprachlich-literarischer Ziele.

Zu den Ritualen der Aufnahme gehörte der Trunk aus einem tazzaförmigen Pokal (sog. Ölberger), das Hänseln des Neuen auf einem Drehstuhl und dessen Rede in vorbildlichem Deutsch. Als ältester Überlebender trat der Schmackhafte 1651, gut ein Jahr nach dem Tode des Nährenden, ordnungsgemäß dessen Nachfolge an (Weimarer Epoche). Das 3. und letzte Oberhaupt konnte nicht mehr rechtzeitig und nach der Rangfolge bestellt werden, vor allem weil mehrere Ältere die Würde ablehnten. In der zum fürstlichen Palmorden gewordenen Akademie zelebrierte seit 1667 der in Halle a. d. S. residierende Herzog August von Sachsen-Weißenfels (FG 402. Der Wohlgeratene. 1643) die Aufnahmen. Frauen wurden nicht als selbständige Mitglieder zugelassen, allerdings nach der weiblichen Form des Gesellschaftsnamens ihres Mannes bezeichnet, z. B. „die Befreiende“ für die komponierende und schriftstellernde Herzogin Sophia Elisabeth von Mecklenburg-Güstrow als Gemahlin Herzog Augusts d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227. Der Befreiende. 1634).

Wie es auch dem Leben am Hofe entsprach, ermunterte und ehrte die Akademie Frauen als praktische Helferinnen oder als gelehrte und musische Beiträgerinnen zum fruchtbringenden Vorhaben. Fürst Ludwigs Schwester Gräfin Anna Sophia von Anhalt, eine Gemahlin des Grafen Carl Günther von Schwarzburg-Rudolstadt (FG 23. 1619) und unbeirrte Förderin Ratkes, gründete 1619 die Tugendliche Gesellschaft, die sich als Orden und im Unterschied zur FG auf höchstens 73 weibliche Mitglieder des höheren protestantischen Adels beschränkte. Obwohl Anna Sophia ein Gesellschaftsbuch verfasste und musische und fromme Tätigkeiten guthieß, war der Orden doch nicht speziell auf gelehrte oder dichterische Arbeit, sondern nur allgemein auf einen Kult der Tugenden ausgerichtet.

Quelle: Seite „Fruchtbringende Gesellschaft“ (Auszüge). In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 22. April 2022, 11:14 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fruchtbringende_Gesellschaft&oldid=222273489 (Abgerufen: 3. August 2022, 07:50 UTC)

Siehe auch die Mitglieder:

Johann Valentin Andreae („Der Mürbe“)

Johann Rist („Der Rüstige“)

Eingestellt am 3. August 2022