Claus Harms (1778-1855)

Pastor Claus Harms (1778-1855)

Dr. Claus Harms *), der Kirchenmann und in Zungen redende Prediger der Gerechtigkeit, wurde geboren 25. Mai 1778 zu Fahrstadt bei Marne in Süderdithmarschen, wo sein sechs Jahre später nach dem nahen Düne übersiedelnder Vater, Christian Harms aus Hemmingstadt, zuerst Schulmeister und dann Müller war. Unter Gebet, Bibellesen und geistlichem Liedergesang wuchs er auf , wobei er bald die Liedertexte so fertig und frei vortragen konnte, daß die Knechte und Mägde darüber sich verwundernd sagten: „der Junge muß Prediger werden“.

Und das zündete in ihm und bewog ihn, sich von dem Pastor Dertling in Düne, bei dem er den Confirmandenunterricht besuchte, auch in der lateinischen und griechischen Sprache unterrichten zu lassen. Sein Vater aber hielt ihn nach der Confirmation zum Mühlen- und Bauerngeschäft an und erst, als dieser 1796 gestorben war, und er nach dem Verkauf der Mühle eine Zeit lang Knechtsdienste bei einem Bauern in Rösthausen verrichtet hatte, ging er, 19 Jahre alt, Herbst 1797 auf die lateinische Schule in Meldorf, um sich auf das Studium der Theologie vorzubereiten. Im Herbst 1799 konnte er dann die Universität Kiel beziehen, wobei der 103. Psalm seine dankbare Seele bewegte. Hier war es Professor Erđermann, durch den er anfang in den Rationalismus und die Kantische Philosophie eingeführt wurde, so daß er fast ganz vom Offenbarungsglauben akbkam. Da gab ihm, nachdem er sich bereits durch die Anregung der prosaischen Aufsätze Schillers vom schelen Rationalismus zur Aesthetik zu wenden angefangen hatte, sein Freund Petersen Schleiermachers Reden über die Religion zu lesen, und das Lesen berselben wurde für ihn zu einer „Umkehr auf demAbsatz“. Es schlug ihm darüber die Geburtsstunde eines höhern Lebens, und sein Wahlspruch war von da an 2. Cor. 10 , 5: „Mit einemmale erkannte ich“ – so sagt er selbst darüber – allen Rationalismus und alle Aesthetik und alles Selbstwissen und alles Selbsttun in dem Werke des Heils als nichtig und als ein Nichts und es blitzte mir die Notwendigkeit ein, daß unser Heil von andrer Herkunft sein müsste. Ich empfing von diesem Buch den Stoß zu einer ewigen Bewegung. Mehr aber hatte ich von Schleiermacher nicht, der mich gezeugt hatte; der hatte kein Brot für mich. Und dieses Brot lernte er nun, von Schleiermachers Predigten unbefriedigt, mehr und mehr im Worte Gottes suchen. Gleich nach seinem 1802 in Glückstadt glücklich bestandenen Examen kam er als Hauslehrer zu dem Probst Schmidt in Probsteierhagen bei Kiel, wo er auch öfters im Feuer der ersten Liebe predigte, und schon um Ostern 1806 wurde er zum Diaconus in  L u n d e n  erwählt, wo er nach Ps. 24, 3.4 das ihm köstliche Amt antrat und sich trauen ließ mit Magdalene Jörgens, der Gespielin seiner Jugend, die seit seinem 7. Jahre einen Plaß in seinem Herzen gefunden hatte und ihm allezeit „ein guter Engel neben andern unsichtbaren, seinen Gemeinden aber eine vorzügliche Pfarrfrau gewesen ist. Hier gab er von seinen lebensprühenden, aber noch nicht ganz von alttestamentlichem und rationalistischem Beigeschmack freien Predigten 1808 eine Winter- und 1815 eine Sommerpostille heraus, und hier schrieb er auch 1809 seinen mit großem Beifall aufgenommenen kleinen Catechismus „das Christenthum“. Nichts Menschliches und Bürgerliches sich fremd erachtend, diente er seiner Gemeinde auch als ärztlicher Berater und Rechtsbeistand, und mit durchschlagendem Erfolge griff er in einer denkwürdigen Predigt Septagesimä 1814 mit dem Thema „der Krieg nach dem Kriege oder die Bekämpfung der einheimischen Landesfeinde“ die Ungerechtigkeit und Unterschleife der holsteinischen Beamten an. So gehörte er bereits zu den populärsten und gefeiertsten Geistlichen Holsteins, als er 1816 auf das Ardidiaconat an der Nicolaikirche in Kiel berufen wurde. In der am 4. Advent über Mal. 2,7 gehaltenen Antrittspredigt führte er vor der durch und durch rationalistisch gesinnten Stadtgemeinde seinen Lieblingsgedanken aus: Kein Prediger wo nicht Priester, keine Kirche ohne Priester. Gleichwohl füllten sich seine Kirchen, namentlich nachdem er eine vom Volk „die Himmelsleiter“ genannte Predigt, und eine andere mit dem hernach selbst auf Teetassen angebrachten Thema gehalten hatte „ich wünsche Euch Frieden mit dem über Euch, mit dem in Euch, mit dem um Euch“.

Von da an war der Zulauf zu seinen Predigten, obwohl sie Nachmittagspredigten waren, so groß, daß Hohe und Niedere, Gelehrte und Ungelehrte, sich herbeidrängten und so viele von auswärts kamen, daß in den größern Gasthöfen die Tischzeit auf 3 Uhr nach dem Ende des Gottesdienstes verlegt wurde. Er predigte aber auch gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten; sein Vortrag hatte etwas Hinreißendes und echt Volksmäßiges, indem er Sprüchwörter und volkstümliche Liederverse einreihte, Bilder aus der Natur zu Grund legte und dabei wie Luther dem Volk auf den Mund schaute, ihm es abzulernen, wie man mit ihm reden müsse. Nun war er auch vollends in die Tiefe der christlichen Erkenntnis eingedrungen und stand auf dem Standpunkt entschiedener Gläubigkeit. Seine Predigtweise brachte auch für ganz Deutschland einen Umschwung in die seither nach Reinhards im trockenen Abhandlungston gehaltenen Kanzelreden, namentlich seit er 1833 in Ullmanns und Umbreits Studien und Kritiken den Predigern unter scharfer Beurteilung der Reinhardschen Predigtmanier vorgehalten: „Wir predigen in der Büchersprache, und in der des Lebens predigen wir nicht, sondern wir sprechen wie ein Buch“, und sie aufgefordert hatte: „Mit Zungen, liebe Brüder, mit Zungen reden“.

Proben seines Predigens mit einer vom hl. Geist entzündeten Zunge sind seine „christologischen Predigten“ (1821) und seine „Sommer- und Winterpostille“ vom Jahr 1824 und 1827. Was ihn aber den bedeutendsten Einfluß auf die ganze evangelische Kirche Deutschlands gewinnen ließ, waren seine zum Reformationsjubiläum 1817 „gegen allerlei Jrr- und Wirrnisse innerhalb der lutherischen Kirche zu Gottes Ehre der Kirche Bestem und zum dankbaren Andenken Luthers“ veröffentlichten „95 Thesen oder Streitsätze Dr. Luthers, teuren Andenkens zum besondern Druck besorgt und mit andern 95 Sätzen als mit einer Uebersetzung aus 1517 in 1817 begleitet. Kiel 1817“. Die zwei Jahre zuvor zum Volks- und Schulgebrauch herausgegebene, mit rationalistischen Erklärungen versehene Altonaer Bibel, sowie die 1817 in Preußen hervortretenden Bestrebungen, eine Union zwischen Lutheranern und Reformierten zu Stand zu bringen, worin er die Hinwegnahme aller Gewähr für die reine Lehre sah, waren für ihn die Veranlassung, mit diesen Thesen „der Zeit auf den Leib zu brennen, ob die Obern, die Prediger und alle Rationalisten inner- und außerhalb des Landes sich nicht entsetzen und andern Sinnes würden“. In den ersten Thesen eifert er gegen die Vernunftreligion und den Unglauben der Zeit, in den folgenden bewahrt er das feste Bibelwort vor allem Drehen und Deuteln, und weist auf das Ansehen der Bekenntnisschriften hinsichtlich seiner Auslegung hin und richtet dann die Altonaer Bibel.

Zuletzt aber, nachdem er das schlaffe Kirchenregiment gerügt, eifert er noch gegen die Union, bei der man die lutherische Kirche, die doch die herrlichste von allen sei, als eine arme Magd durch eine Copulation reich machen wolle. Die Beseitigung der Altonaer Bibel war noch die kleinste Frucht dieser Thesen, die weitaus größere war die während des neunjährigen, allein in den zwei ersten Jahren bei 200 Schriften für und wider hervorrufenden Streite über dieselben eingetretene heilsame Luftreinigung in der ganzen evangelischen Kirche. Der alte lutherische Glaube war wieder auf den Leuchter gestellt; die Theologen erhielten, so sehr anfangs auch fast alle Universitätslehrer dagegen aufgetreten waren, einen mächtigen Anstoß zu tieferem Durchforschen der h. Schrift und der beinahe ganz verschollenen Bekenntnisschriften, und in den höhern und niedern Volkskreisen trat dadurch wieder eine regere Teilnahme am kirchlichen Leben und an religiösen Fragen ein. Unter den vielen Anfechtungen und Kränkungen aber die dabei über Harms selbst kamen, zumal in der eigenen Gemeinde, hielt ihn das Schriftwort aufrecht: Wer glaubt der fleucht nicht (Jesaj. 28, 16) und bewährte sich an ihm Vers 5 des alten Lutherliedes: Ach Gott, vom Himmel sieh darein“.

Noch mitten in dem Thesenstreit erging von Petersburg der ehrenvolle Ruf an Harms, Bischof der ganzen evangelischen Kirche Rußlands zu werden mit einem sehr ansehnlichen Gehalte. Aber zur Beschämung seiner Feinde lehnte er denselben ab, da er nicht über Psalm 40, 10 hinweg kommen konnte, und brachte, obwohl von ihr vielfach geärgert, der Gemeinde das Opfer der Liebe, zu bleiben. Und das gewann ihm auch in Kiel viele Herzen wieder, die sich von ihm abgewandt hatten, so daß er nun, als ein selbst auch in solchem Streit tiefer begründeter Glaubenszeuge, noch in größerem Segen wirken konnte als zuvor. Auch den 1834 an ihn ergangenen Ruf, an des heimgegangenen Schleiermachers Stelle in Berlin einzutreten, lehnte er ab, und zum Lohn dafür wurde er dann im Sept. 1835 Hauptpastor an St. Nicolai und Kirchenprobst.

Als nunmehriger Vormittagsprediger hatte er einen wo möglich noch größern Zulauf, und als Vorsteher eines Probsteisprengels von 14 Gemeinden war ihm eine erwünschte Gelegenheit zu umfassender Tätigkeit gegeben. Bei den Kirchenvisitationen hielt er Ansprachen und unterredete sich mit der Jugend. Mit seinen Geistlichen verkehrte er in echt bischöflicher Weise und versammelte sie in den sogenannten Kirchenconvent zur Besprechung kirchlicher Angelegenheiten und Vereinigung auf Anträge an die Behörden, z. B. für Einführung eines neuen Landes-G.’s, eines neuen Landes-Catechismus und einer neuen Kirchen-Agende. Dabei trug er das Werk der Bibelverbreitung der Gustav Adolph-Stiftung und der evangelischen Heidenmission allezeit auf treuem Herzen.

Nicht lange nachdem er unter allgemeiner Theilnahme 4. Advent 1841 seine 25jährige Amtsjubelfeier als Prediger an St. Nicolai gefeiert hatte, wobei er zum Consistorialrath ernannt wurde, kamen der Reihe nach schwere Heimsuchungen über ihn. Seit 1843 verdunkelten sich seine Augen mehr und mehr, und 1848 trat völlige Erblindung bei ihm ein. Gleichwohl predigte er noch fort, zu um so größerer Erbauung der Gemeinde, und in einer denkwürdigen Rede vor der konstituierenden Landesversammlung über die Proklamation vom 24. März legte er noch mit großem Freimut ein patriotisches Zeugnis ab für die Gerechtsame der Herzogtümer. Weil er aber die übrigen Amtsgeschäfte nicht mehr recht besorgen konnte, bat er 1849 um seinen Abschied und hielt am Osterfeste die Abschiedspredigt. In dem schönen Hirtenbriefe, mit dem er sich von seinen Amtsbrüdern und den Gemeinden seiner Probstei verabschiedete, bekannte er: »Ich demütige mich unter Gottes gewaltige Hand und tröste mich, daß er meinen noch übrigen dunkeln Weg mich werde im Lichte gehen lassen des Glaubens; er hat Alles wohl gemacht. „Dennoch“ ist mein schönes Wort, „dennoch“ ist mein Glaube, „dennoch“ sag ich fort und fort, Psalm 73«.

Bald darnach 24. April 1849, bevor er noch seine Amtswohnung verlassen hatte, nahm ihm der Herr, auch nachdem er vor einem Jahre erst einen Sohn, den Kirchspielsvogt in Arlt, durch den Tod verloren hatte, seine treue 60jährige Gehülfin von der Seite, gerade als er ihrer noch am meisten bedurft hätte, daß sie ihn gürte und führe und pflege. Bei ihrer Beerdigung hielt er in christlicher Fassung selbst die Grabrede, in der er vor Gott bekannte:

Gott, du wogst mein Glück,
du wogst mein Leid,
und was du schenkst,
ist Seligkeit.

Das Wort, welches er damals sprach, als der Sarg mit der Hülle seiner entschlafenen Gattin hinweggetragen werden sollte, lautete:

Nun wohl auf, wohl an zum letzten Gang,
Der Weg ist kurz, die Ruh ist lang;
Gott führet ein, Gott führet aus,
Zum Bleiben ist nicht dieses Haus.

Und zu allen diesen persönlichen Leiden kamen noch die von ihm lebhaft mitgefühlten Leiden seines armen, gedrückten Vaterlandes, dessen heiligste Rechte vor seinen Augen mit Füßen getreten wurden. Des eigenen Schmerzes vergessend, unterstützte er die Männer, welche unter den dänischen Verfolgungen Amt und Haus ihrer Ueberzeugung geopfert hatten, so viel in seinen Kräften stand, und sammelte für sie im deutschen Vaterlande und legte noch sein letztes öffentliches Zeugnis für sie ab, als sie verdächtigt wurden.

Die letzten Jahre seines Lebens flossen vollends still für ihn dahin. Er predigte zuweilen, schrieb mittelst Diktierens noch einige Schriften fürs Volk und auch seine eigene Lebensbeschreibung. Meist ließ er sich von seiner alten Dienerin vorlesen. Das tat er auch noch am Abend des 31. Januar 1855 und führte dann, sich ganz wohl fühlend, noch heitere Gespräche. Ehe er sich zu Bette begab, ließ er sich noch Gellerts Lied vorlesen: „So hoff ich denn mit festem Mut“. Um Mitternacht aber kam plötzlich eine Brustbeklemmung, und noch vor 7 Uhr Morgens, 1. Febr. 1855 war er sanft entschlafen. Auf dem Grabdenkmal, das ihm seine dankbare Gemeinde gesetzt hat, steht der Spruch Ebr. 13, 8. Das Bild eines Christen, das er einst durch eine freie Ueberarbeitung eines Poccel’schen Liedes gezeichnet hat, ist sein eigenes Lebensbild, sonderlich in seiner 6. und 10. Strophe, die also lauten:

Er stehet wie ein Fels im Meere,
Umschäumt und doch versenkt in Ruh,
So voll Vertraun, o Gott, als wäre
Nichts auf der Welt als er und du.
Wie viel er äußerlich verlieret,
So viel nimmt innerlich er zu,
Doch einmal kommt der Herr und führet
Ihn sanften Wegs in jene Ruh.

Auf dem Gebiete der Hymnologie hat Harms die „Rückkehr zum Alten“, zu der er durch sein sonstiges Wirken so kräftigen Anstoß gab, nicht recht bewährt. Er protestierte zwar gegen die beabsichtigte Stereotypisierung des Holsteinischen G.’s von 1780 (B. VI, 239) und wollte eine wohlgemeinte Abhülfe schaffen, indem er seinen Kieler Convent zu dem Antrag veranlasste, aus einer von ihm veranstalteten Sammlung von 316 teils ältern, teils neuern, teils noch ungedruckten, jetzt erst verfaßten Liedern entweder eine Anzahl an die Stelle der nicht im Gebrauch befindlichen 214 Lieder des Landes-G.’s zu setzen oder eine Auswahl demselben als Anhang beizugeben. Da die Behörde aber darauf nicht einging, so entschloß er sich, diese feine Sammlung, die denn auch wirklich vielfach gebraucht wurde, in den Buchhandel zu geben unter dem Titel: „Gesänge für die gemeinschaftliche und für die einsame Andacht“, gesammelt von Archidiac. Harms, Schleswig 1828 (1851 noch einmal neu aufgelegt). Allein die Liederauswahl für diese Sammlung zeugt von wenig kirchlichem Takt, und an dem ursprünglichen Liedertext der ältern Lieder ist vielfach unnötig geändert. Hatte er doch in der von ihm zu Gunsten des Berliner G.’s von 1829 (s. S. 62) verfaßten Schrift „Beleuchtung des vielseitigen Tabels, mit welchem das neue Berliner G. angegriffen worden ist. Berl. 1830.“ sonderbaren Anstoß gefunden an der Originalfassung des Gerhardt’schen Meisterliedes „Nun ruhen alle Wälder“, und auch noch in seinen letzten Jahren in einer Schrift unter dem Titel „Die Alterthümelei so weit man sie als ein Joch auf die Hälse zu laden sucht“, Kiel 1853. ridy gegen die Aufnahme des Liedes Es ist das Heil uns kommen her in ein Kirchen-G. ausgesprochen. Auch bei seinen eigenen Liedern, etlichen 30 an der Zahl, wußte er den rechten Kirchenliederton nicht zu treffen. Die volkstümliche Sprache, die er als Prediger so trefflich zu führen verstand, mangelt ihm als Dichter, zu bem er eigentlich nicht geboren war. Die Mehrzahl seiner Lieder stammt auch noch aus der Zeit vor dem Thesenstreit, in der er noch nicht zu einem entschiedenen Glaubensstandpunkt hindurchgedrungen war, und trägt mehr noch den Stempel eines gemütlichen Rationalismus.

Er hat in der Vorrede zu seiner Selbstbiographie S. VI und VII im J. 1851 gesagt: „Es ist mir bekannt, daß man meine Poesien gering schätzt; ich schlage sie natürlich auch nicht hoch an, aber als die gewöhnliche Gesangbuchpoesie möge die meine doch auch wohl gelten“. Nicht alle seine Lieder sind frei gedichtet; er liebte es, Ueberarbeitungen älterer und selbst auch neuerer Lieder, z.B. von Novalis, Fr. Ad. Krummacher, zu geben. Die meisten finden sich teils in seinen oben genannten Gesängen vom Jahr 1828, wo deren 12 stehen, teils in des Candidaten Wehner, nachherigen Pfarrers in Salzungen, „christosophischem Gesangbuch. Kiel 1819.“, welches andere 10 frei gedichtete Lieder nebst 5 Ueberarbeitungen von ihm enthält (2. verm. Aufl. 1838). Zerstreut erschienen zuvor schon einzelne in seinen ältern Postillen vom J. 1808 und 1815 in seinem großen Catechismus: „Die Religion der Christen. 1814.“ und in seiner „Bibel. 1818“.

Nur 4 seiner frei gedichteten Lieder hat er, nebst der Umdichtung des Poccel’schen Liedes (S. 154), seinen „vermischten Aufsätzen und kleinen Schriften. Kiel 1853.“ als ihm besonders wert beigegeben.

Es sind die Lieder:

„Gott woll uns hoch beglücken“ ─ Königsgesang. In den „Gesängen. 1828.“
Im Nass., Rig., Rev. G. u. Holst. G.-Entw.
oder, nach der Fassung im Leipz. G.: „Es woll uns Gott beglücken.“

„Großer Gott, mein Vater“ ─ Gottesnähe. Im christosoph. G. 1819. Im Anh. G.

„Mein Engel weiche nicht“ ─ Siehe! ich will meinen Engel senden. Im christosoph. G. 1819.
Im Osnabr.- Gym. G.

Nun danket alle Gott dies ist ein Tag zum Danken
Lobgesang. In den „Gesängen. 1828.“

Darüber sagt Harms in seiner Selbstbiographie:

»Auf die Abfassung dieses Gesangs hat mich der sel. Pastor Friederici in Prentz gebracht mit diesen Worten zur Zeit, da ich an der Sammlung (im J. 1828) arbeitete: „So sorge denn dafür, daß wir ein reines Danklied empfangen; alle unsere Gesänge enthalten mehr Bitte, als Dank, damit wir doch einmal vor Gott als zufrieden gestellte, als zur Zeit nichts begehrende Menschen erscheinen.“ Hierauf verfaßte ich diesen Gesang: „Nun danket alle Gott.“ Jedes Wort von diesen vieren hat einen Vers gegeben. Von diesem Gesang wünschte ich das besonders, er möchte vor andern bekannt und gebräuchlich werden.«

Weiter gingen noch von seinen Liedern in Kirchen-G.G. über:

„Dennoch ist ein schönes Wort“ ─ Dennoch Gott zum Troste. Psalm 73, 1.
Erstmals im christosoph. G. 1819. (3 Str.). Die Anspielung darauf in seinem Hirtenbrief 1849 (S. 153). Im Amer. Luth. G. mit Voranstellung einer neuern Str.:
„Dennoch bleib ich stets an dir.“

*) Quellen:

Geschichte des des Kirchenlieds und Kirchengesangs der christlichen, insbesondere der deutschen evangelischen Kirche. Von Eduard Emil Koch, Dekan, ordentlichem Mitglied der historisch-theologischen Gesellschaft zu Leipzig. Nach dem Tode des Verfassers herausgegeben von Adolf Wilhelm Koch, Professor am Kantonsgymnasium in Schaffhausen. Erster Haupttheil. Die Dichter und Sänger. Siebenter Band, Seiten 148-156. Dritte umgearbeitete, durchaus vermehrte Auflage. Stuttgart. Druck und Verlag der Chr. Belser’schen Buchhandlung. 1872 [Digitalisat]

Dr. Claus Harms, gewesenen Predigers in Kiel, Lebensbeschreibung, verfaßt von ihm selber. Ein Exempelbuch für Jung und Alt. Mit einem Bildniß des Verfassers (nach einem Gemälde von Hansen in Kiel, 1821 in Kupfer gestochen von Bollinger in Berlin). Akademische Buchhandlung, Kiel 1851. [Digitalisat]

Theod. Robbe, Assessor: Charakterschilderung von Harms, in Rheinwalds Repertorium für die theor . Literatur. 1840. S. 54ff. vgl. 1849. S. 173–249.

Dr. Dorner, (damals) Prof. in Kiel, Blätter der Erinnerung an das Jubiläum von Claus Harms. Kiel, 1842.

Begräbnißfeier des theuren Gottesmannes Dr. Claus Harms. Oberconsistorialraths, Probsten und Pastors emerit. an der Nicolaikirche zu Kiel, R. v. D. u. D.M.,
mit der Trauerrede von Probst Balemann und der Gedächtnißpredigt von Pastor Hasselmann. Kiel, Schwers’sche Buchhandlung. 1855. [Digitalisat]

M. Baumgarten, Doctor und Professor der Theologie in Rostock: Denkmal für Claus Harms. C. A. Schwetschke und Sohn (M. Bruhn.), Braunschweig 1855. [Digitalisat]

Dr. Pelt, Superint. in Chemnitz, in Herzogs Real-Encycl. Bd. V. 1856. S. 567 — 574.

Dr. K. Schneider: Der evang. Prediger, Priester und  Pastor Cl . Harms, ein Lebensbild, in der Sonntagsbibliothek. Bd. 8., Heft 4 u. 5. 1857. –

Claus Harms, der evangelische Prediger, Priester und Pastor. Ein Lebensbild, gezeichnet von Dr. K. Schneider, evangelischem Pfarrer in Schroda. Bielefeld. Verlag von Velhagen und Klasing. 1861. – [Digitalisat]

Dr. Fr. Lübker: Lebensbilder aus dem letztverflossenen Jahrhundert deutscher Wissenschaft und Literatur. Hamb[urg], im r[auhen] H[aus]. 1862. S. 113-173.

Weblinks und Verweise

Seite „Claus Harms„. In: Wikipedia (DE)

Harms, Claus: Der Christen Glauben und Leben in 28 nachgelassenen Predigten. Agentur des Rauhen Hauses, Hamburg 1869 [Digitalisat].

Harms, Claus: 95 Thesen zum Reformationsjubiläum 1817 (Aus: Dr. Claus Harms‘, gewesenen Predigers in Kiel Lebensbeschreibung, verfasset von ihm selber. Mit den 95 Thesen des Verfassers, Gotha 1888, S. 257-268; externer Link zu evangelischer-glaube.de)

Predigten

Predigt am elften Sonntag nach Trinitatis, 1847

„Zwei Ort’, o Mensch, hast du vor dir“, hieß es im alten Gesangbuch. In neuern Zeiten hat man den Teufel totgeschlagen und die Hölle zugedämmt.

(Claus Harms)

Eingestellt am  1. April 2022 – Letzte Überarbeitung am 15. Mai 2022