Karl (auch Carl) Bernhard Garve, Pfarrer der Brüdergemeine, * 24.1.1763 Jeinsen bei Hannover, † 21.6.1841 Herrnhut.
Genealogie
Vorfahren: Bauern in Lauenstein u. Burgdorf;
Vater: → Phil. Henning († 1789): Amtmann, Gutspächter (d. Min. Gerlach Adolf v. Münchhausen) in Lauenstein, Freund der Herrnhuter, denen er auf dem Gut Absteigequartier u. Versammlungsmittelpunkt bot;
Mutter: Kath. Eleornore Schulze (1733–1817), Kaufmanns–Tochter aus Burgdorf;
⚭ 1) 1794 Margarete Dor. Hoozema († 1799), 2) 1802 Marie Joh. Liedemann († 1826), 3) 1827 Anna Maria Christiana verw. Zäslein geb. Liliendahl aus Neudietendorf;
3 S aus 1) (jung †), 4 S (2 jung †), 1 T aus 2), u. a. Leopold u. Adolf, beide Prediger der Brüdergemeine;
Ur-E.: → Bernhard Becker († 1894), ev. Theol. (s. NDB I)
Biographie
Auf den Herrnhuter Schulen in Zeist und Niesky wurde Garve erzogen. 1789-97 lehrte er als Dozent für Enzyklopädie, Logik, Universal- und Kirchengeschichte am Herrnhuter theologischen Seminar in Barby, und übte als Vertreter einer zwischen Pietismus und Aufklärung stehenden Neologie im Sinne F. H. Jacobis großen Einfluß auf die Herrnhuter Jugend aus. Sein bedeutendster Schüler war J. F. Fries. Da G.s Lehre seiner Behörde zu „kantianisch“ war, wurde er abgesetzt.
Er wurde Archivar in Zeist, 1799 Prediger in Amsterdam, 1801 in Ebersdorf, 1809 in Norden, 1810 in Berlin. Den zweiten Höhepunkt seines Lebens bildete sein Verkehr mit Schleiermacher, der ihm wohl einen Ruf an die Berliner Universität verschaffte. G. wollte jedoch Herrnhuter bleiben und lehnte daher ab. 1816-36 war er dann Prediger in Neusalz/Oder [heute Nowa Sól, Kreisstadt des Powiat Nowosolski in Polen]. –
Garve gehört neben Schleiermacher, Fries und Albertini zu den bedeutendsten Herrnhutern seiner Zeit. Am bekanntesten wurde er durch seine Lieder, zum Beispiel „Licht, das in die Welt gekommen“. Diese sind von einer Verhaltenheit des Gefühls gekennzeichnet, die sich aus seiner niederdeutschen Stammesart erklärt. Auf sein Lehrgedicht „Themis“ wurde ihm der Lehrstuhl in Leipzig für deutsche Literatur angetragen. Er lehnte aber auch hier ab.
Literatur
ADB VIII;
E. R. Meyer, Schleiermachers u. Brinkmanns Gang durch d. Brüdergemeine, 1905, S. 108ff. (W);
Zs. f. Brüdergesch. 6, 1912, S. 17ff.;
W. S. Reichel, Albertini u. G. zwei Brüdersänger, in: Jb. d. Brüdergemeine 29, 1929, S. 137;
G. Meyer, Pietismus u. Herrnhutertum in Niedersachsen, in: Niedersächs. Jahrbuch f. Landesgeschichte. 24, 1952, S. 97ff.;
ders., Der südostdeutsche. u. niedersächs. Mensch, 1952;
RGG²;
Goedeke X, S. 632f.
Autor/in: Gerhard Meyer
Quelle: Meyer, Gerhard, Eintrag „Garve, Karl Bernhard“ in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 78 [Online-Version]
Bildnachweis: Einfahrt zu Schloß Zeist – Lothar Spurzem, CC BY-SA 2.0 DE, via Wikimedia Commons
Weitere Quellen und Verweise
Seite „Carl Bernhard Garve„ bei Wikipedia (DE)
Römer: „Garve, Karl Bernhard“. In: Allgemeine Deutsche Biographie 8 (1878), S. 392-394 [Online-Version]
Friedrich Wilhelm Bautz: Garve, Karl Bernhard. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Bautz, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 179.
[Archivfassung des Eintrags vom 16.10.1998, im Web Archive]
Lieder
303 von Garve verfaßte oder bearbeitete geistliche Lieder sind zusammengestellt in dem Werk:
Karl Bernhard Garve: Christliche Gesänge. Görlitz, bei C.G. Zobel, 1825. [Digitalisat]
63 Lieder von Garve wurden von Albert Knapp in seinem Gesangbuch Evangelischer Liederschatz für Kirche und Haus veröffentlicht. In das Berliner Gesangbuch wurden 36 Stücke aufgenommen.
Die Himmel tönen Gottes Preis (Wenn Erd und Weltkreis untergeht)
Licht, das in die Welt gekommen
Liebe, du ans Kreuz für uns erhöhte
Wie groß, wie herrlich ist mein Glück