Offenbarung 17, 1+2

Und es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen hatten, redete mit mir und sprach zu mir: Komm, ich will dir zeigen das Urteil der großen Hure*, die da an vielen Wassern sitzt; mit welcher gehurt haben die Könige auf Erden; und die da wohnen auf Erden, sind trunken geworden von dem Wein ihrer Hurerei [πορνείαςporneias]. (Offenbarung 17, 1+2)

Um die im Völkermeer thronende, die Menschheit bezaubernde und die Völker zum Abfall von Gott bewegende Macht zu sehen, wird Johannes durch einen der Gerichtsengel in die Wüste geführt. Es ist, als wollte der Herr uns noch einmal wie in einer Fotografie die Züge im Bilde der Menschheit zeigen, die – wie graue Haare Boten des Todes – Anzeichen des Untergangs sind, dem sie entgegenreift. Aus ihren Zügen und ihrem Schicksal soll Johannes das Gericht Gottes über eine Menschheit ablesen, die dem Herrn ihr Herz raubte und statt dessen geil und lüstern dem Imperialismus und der Pseudokirche verfiel und zugleich ihrerseits die Mächtigen und die Völker zum Machtwahn berauschte und verführte.

(Hellmuth Frey: Das Ziel aller Dinge)


Nachdem Johannes geschaut hat, wie die sieben Schalen voll des Zornes Gottes über der Menschheit ausgegossen wurden, wird er selber noch einmal unmittelbar in das Offenbarungsgeschehen einbezogen (vgl. 10, 8ff; 11, 1). Einer der sieben Engel tritt an ihn heran und zeigt ihm Gottes Gericht über die antichristlichen Mächte. Dazu führt der Engel Johannes in eine Wüste. Zu seiner Überraschung sieht er dort das Tier mit 7 Köpfen und 10 Hörnern und einem gotteslästerlichen Namen, das vorher aus dem Meer aufgetaucht war (13, 1). Es war ein Bild für die vom Satan inspirierte (13, 2) antichristliche Staatsmacht, die mit äußerster Grausamkeit die Gemeinde Jesu zu vernichten sucht (13, 7). Das Tier, der Antichrist, hatte ein zweites Tier, das wie ein Lamm aussah, aber wie der Satan redete – ein Bild für die antichristliche Kirche – mit dämonischer Macht ausgerüstet. Dafür unterstützte dies zweite Tier den antichristlichen Staat (13, 11 -12).

Jetzt sieht Johannes, wie das erste Tier eine Prostituierte, eine Hure trägt (17, 3). Das Bild der Hure tritt an die Stelle des Bildes vom „Tier wie ein Lamm“. Er sieht, dass diese Frau, gekleidet wie eine Luxusdirne, in ihrer Hand einen goldenen Becher „voller Unreinheit“ trägt. Er weiß, dass Hurerei in den prophetischen Schriften des Alten Testaments ein Bild für Götzendienst ist, für den Abfall des Volkes Gottes vom lebendigen Gott (Jeremia 3, 6-8; 7, 17-20; Hesekiel 16, 15-34; Hosea 1, 2; 4, 12f; 9, 1).

Die Frau trägt an ihrer Stirn den geheimnisvollen Namen: „Die große Babylon“. Dieser Name war Johannes schon in dem Gerichtswort des zweiten Engels begegnet, der im Flug über die Erde seine Botschaft ausgerufen hatte (14, 8). Zu seiner Überraschung sieht Johannes, dass „die große Babylon“ sich am Blut der Märtyrer der Gemeinde Jesu berauscht, das durch die antichristliche Staatsmacht vergossen wird (vgl. 16, 6). Der Engel bemerkt die Verwunderung des Johannes und erklärt ihm das geheimnisvolle Geschehen.

(Fritz Laubach: Gottes Weg in eine neue Welt)


*) Metaphorische Bedeutung des hier verwendeten griechischen Wortes πόρνης, pornēs: eine Götzendienerin; so wird „Babylon“ bzw. die Isebel bezeichnet, der Ursprung und Hauptsitz der Götzenverehrung: Offenbarung 17, 1.2, 5, 15; Offenbarung 19, 2 [vgl. Ref. 2].

Referenzen

[1] Wilhelm Pape, bearbeitet von Max Sengebusch: Handwörterbuch der griechischen Sprache. Griechisch-deutsches Handwörterbuch. Band 1: Α–Κ, Band 2: Λ–Ω, Faksim. 684. 3. Auflage, 6. Abdruck, Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914. Stichwort „πόρνη

[2] Strong’s Concordance: Strongs Greek 4204 porné –  4203 porneuó – 4202 porneia
Bibelstellen: Luther 1912 (bibeltext.com)