1. Petrus 5, 6-8

So demütiget euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, daß er euch erhöhe zu seiner Zeit. Alle eure Sorge werfet auf ihn, denn er sorget für euch. Seid nüchtern und wachet, denn euer Widersacher, der Teufel, gehet umher wie ein brüllender Löwe und suchet, welchen er verschlinge. (1. Petri 5, 6-8)

„Seid nüchtern und wachet“, so fährt der Apostel fort, „denn euer Widersacher, der Teufel, gehet umher wie ein brüllender Löwe und suchet, welchen er verschlinge. Dem widerstehet fest im Glauben.“

So lange ein Mensch noch in der eigenen Gerechtigkeit steht, so lange kann er gar nicht auf die rechte Art nüchtern sein und wachen, denn er ist ja noch im Traume und noch gar nicht recht zu sich selber gekommen, und wenn er sich anstrengt so ist’s ein elendes, jämmerliches, mühevolles Leben. Was aber den Teufel anbetrifft, so ist es gewiß, daß der Satan seine Hauptbollwerke in einer solchen Seele hat, denn sie ist gefangen, sie ist gefällt. Satan ist seines Sieges gewiß, noch ehe er seine Reizungen und Lockungen angefangen hat. Ein selbstgerechter Sünder hat ja keinen völligen Glauben, wie kann er widerstehen? Er steht ja nicht auf dem Grund der Versöhnung, kann nicht überwinden durch des Lammes Blut, kann sich, wenn ihm der Teufel zusetzt, nicht verkriechen in seinen Erbarmer, er ist ja noch in halbem Einverständnis mit ihm,noch halb oder ganz in seinem Reiche.

Ein armer, gebeugter Sünder aber kann wohl überwinden, denn er sucht ja seine Kraft nicht in sich selber, sondern er verläßt sich lauterlich auf die Kraft Gottes, und die, welche auf Gott harren, werden nicht zu Schanden, zu Schanden aber müssen werden die losen Verächter (Psalm 25, 3). Ein armer Sünder macht nicht viele Umstände mit dem Teufel, wenn er von ihm angefochten wird; er schlägt sich nicht lange mit ihm herum, was nichts als Uebermut und Vermessenheit ist, sondern er hat sich schon so an seinen Erbarmer gewöhnt, daß er nichts mehr ohne denselben tun kann. Er nimmt den Satan mit an sein gewöhnliches Plätzchen: er nimmt ihn mit zum Kreuz auf Golgatha; er hält allen seinen Anläufen und Anfechtungen das vor, was dort für alle armen Sünder geschehen ist, und da flieht der Satan.

Denn das Kreuz Christi ist ihm ein Dorn im Auge das kann er nicht aushalten. Und sollte er auch fragen: Was hast du für ein Recht an dieses Opfer, das ge geschehen ist? du darfst dich desselben nicht getrösten; und wollte ihm den letzten Anker seiner Hoffnung wegdisputieren, so weiß ein armer Sünder keine Ursache, warum er sollte an Christum ein Recht haben als die, daß er ein armer Sünder und Christus ein Heiland für die Sünder ist.

Weil die Worte Wahrheit sind,
Daß man nichts bei Gott gewinnt,
Nichts durch des Gesetzes Werke,
Nichts durch eig’ne Kraft und Stärke,
Nichts durch Einsicht und Verstand,
Nichts durch eine milde Hand,
Nichts durch eig’nes Heiligsein,
Wenn’s gleich nicht nur Augenschein,
Sondern treu gemeinet wäre.
Auch nicht durch die reine Lehre,
Daß kein Tugendbild die Gnad‘
Näher als der Sünder hat.
So ist dies der leicht’ste Rat,
Es bestärkt ihn auch die Tat:
Man fällt Jesu zu den Füßen,
Und sagt nichts von Tun noch Büßen,
Sondern spricht zum Menschensohn:
Bin ich etwa nicht dein Lohn?
Hast du etwa mich allein
Nicht erkauft, um dein zu sein?
Da dir deine Müh‘ und Fronen
Ein ganz unzählbar Heer soll lohnen:
Würd’st du doch auch meiner so,
Und ich wieder dein recht froh!

Quelle:

Ludwig Hofacker † Pfarrer in Rielingshausen: Erbauungs- und Gebetbuch für alle Tage, nebst einem Anhang von besonderen Gebeten – Aus den hinterlassenen Handschriften und aus den Predigten des sel. Verfassers. Herausgegeben von G. Klett, Pfarrer in Barmen. Dritter Abdruck, Stuttgart 1879. Druck und Verlag von J. F. Steinkopf. [Digitalisat bei Google Buchsuche und externer Download bei Deutsche Digitale Bibliothek]

Querverweise

Doch weil wir wissen, daß der Mensch durch des Gesetzes Werke nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesum Christum, so glauben wir auch an Christum Jesum, auf daß wir gerecht werden durch den Glauben an Christum und nicht durch des Gesetzes Werke; denn durch des Gesetzeswerke wird kein Fleisch gerecht. (Galater 2, 16)


Eingestellt am 4. November 2023