Wir selbst, die wir haben des Geistes Erstlinge, sehnen uns auch bei uns selbst nach der Kindschaft, und warten auf unsers Leibes Erlösung.
Römer 8, 23
Es gibt Erstlinge des Geistes, die den Gläubigen von Zeit zu Zeit zu ihrem Troste und Anmutigung mitgeteilt werden. Es gibt Zeiten, wo gleichsam Himmelslust die Seelen anweht, die alle Nebel verscheucht, die sie in vollen Zügen einatmet, und sich in allen ihren Geisteskräften gehoben und belebt fühlt, wieder jung wird wie ein Adler, dem sein Gefieder wieder gewachsen ist, daß er sich hoch empor schwingt. Es gibt Stunden, wo etwas von dem himmlischen Lobgetön das Herz durchbebt, und es zu einer erhabenen Andacht und Anbetung hinreißt. Dies sind außerordentliche und seltene Dinge, die sich dennoch bei einigen Seelen ereignen, und wie sie durch außerordentlich tiefe Wasser der Anstrengung und Trübsal müssen, wo sie mit Jeremias ausrufen: „Nun bin ich gar dahin,“ so werden sie auch auf eine außerordentliche Weise erfreut. Sie sind wohl dermaßen überschüttet worden, daß sie ohnmächtig hinsanken, und der Braut im Hohenliede nachsagten: „Ich bin krank vor Liebe.“ Den Bischof Palafox überwältigte der Gedanke: Mein Gott ist in der Krippe! so, daß er in eine tiefe und lange Ohnmacht fiel, und die nämliche Wirkung brachte ein Eindruck von der Liebenswürdigkeit des Gekreuzigten bei einem Prediger in Amsterdam hervor, der mit der Austeilung des heiligen Abendmahls beschäftigt, über den Gedanken: Mein Gott am Kreuze! beinahe seinen Geist aufgegeben hätte.
Ich bin zufrieden,
Daß ich die Stadt geseh’n,
Und ohn‘ Ermüden
Will ich ihr näher geh’n,
Und ihre hellen gold’nen Gassen
Lebenslang nicht aus den Augen lassen.
Darum allein auf dich,
Herr Christ, verlaß ich mich.
Andacht aus: Tägliches Manna für Pilger durch die Wüste. Schatzkästlein aus Gottfried Daniel Krummachers Predigten, Seite 20. Neu herausgegeben von J. Haarbeck, Pastor in Elberfeld, im November 1899 (Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins, Neukirchen, Kreis Mörs)
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