Wenn er mich töten wollte, sollte ich nicht auf ihn hoffen?.
Hiob 13, 15 (nach dem Grundtext.)
Das ist gewiss eine bewundernswürdige Rede, wir mögen Sie als die Sprache der Ergebung betrachten, oder als die des Vertrauens.
Wenn der große Dulder sagt: „Wenn er mich töten wollte,“ so drückt er damit eine Übergebung ohne allen Vorbehalt aus in alles, was der Herr weiter über ihn zu verfügen für gut finden möchte. Und dies kann nur derjenige für etwas leichtes achten, der’s nicht begreift. Armer Hiob, möchte man sagen, du redest wohl. Aber wo willst du die Kraft hernehmen, wenn es zur wirklichen Ausübung kommen sollte?
Doch er setzt hinzu: Sollte ich nicht auf ihn hoffen? Er fragt: was sollte mich
bewegen, meine Hoffnung auf ihn fahren zu lassen? Die Größe, die Heftigkeit, die Dauer meiner Leiden? Sie nötigen mich ja um so mehr dazu, da sie mir jegliche sonstige Stütze wegreißen. Sollte es meine Sünde tun? Ach, er wolle ja nicht Acht haben auf meine Sünde! (Kap. 14, 6). Habe ich gesündigt, was soll ich dir thun, o du Menschenhüter? (Kap, 7, 20.) Aber nötigt sie mich nicht, um so mehr auf seine Barmherzigkeit zu hoffen, je weniger ich
an Verdienst habe, und mich um so fester an den zu klammern, der mir zur Gerechtigkeit gemacht ist, je weniger ich eine eigene in mir entdecke?
Soll meine Armut mich dazu bewegen, die mich für seinen Reichtum nur um so bedürftiger macht, und mich nötigt, seine königliche Mildthätigkeit so viel dringender in Anspruch in nehmen? Oder meine Krankheit? Nötigt sie mich nicht um so mehr, zu dem Arzt zu flüchten, der mich einladet zu kommen, je tödlicher und unheilbarer sie ist? Soll’s mein Unglaube thun? Aber wer soll mich glauben lehren, wenn er’s nicht thut? Oder meine Ohnmacht und weites Elend, da ich ihn eben deswegen um so mehr bedarf?
Nein, ich hoffe, ich hoffe auf ihn. Worauf soll ich’s sonst?
So dringt er um so mehr auf den Herrn los, je mehr ihn davon zurück scheuchen will.
Darum allein auf dich,
Herr Christ, verlaß ich mich.
Andacht aus: Tägliches Manna für Pilger durch die Wüste. Schatzkästlein aus Gottfried Daniel Krummachers Predigten, Seite 16. Neu herausgegeben von J. Haarbeck, Pastor in Elberfeld, im November 1899 (Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins, Neukirchen, Kreis Mörs)
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