Was ich im stillen Kämmerlein (Zeller)

Was ich im stillen Kämmerlein
In meines Herzens Noth gesungen,
Ich sang es mir, mir ganz allein;
Doch ist es weiter noch gedrungen,
Und was mir Gott im Leid bescheert,
Ich konnt und durft es nicht verschweigen:
Was ist es auch, was uns gehört? –
Von dem Empfangnen mußt ich zeugen.

Tönt doch von Aller Lippen ja
Dieselbe Lust, dieselbe Klage,
Und was dem Einen heut geschah,
Den Andern triffts am andern Tage;
Giebt es da eine süßre Pflicht
Als Gottes Gabe mitzutheilen?
Die Wahrheit nur und kein Gedicht
Kann unsre tiefsten Wunden heilen.

(Albert Zeller)

Quelle:

Lieder des Leids. Von Albert Zeller. Fünfte, stark vermehrte Auflage. Druck und Verlag von Georg Reimer, Berlin 1865 [Digitalisat]