Jesaja 48, 8

Denn du hörtest es nicht und wußtest es auch nicht, und dein Ohr war dazumal nicht geöffnet; ich aber wußte wohl, daß du verachten würdest und von Mutterleib an ein Übertreter genannt bist. (Jesaja 48, 8 LUT 1912)

Es ist schmerzlich, wenn man bedenkt, daß diese Anklage im gewissen Sinne den Gläubigen muß zur Last gelegt werden, die allerdings nur zu oft geistlich unempfindlich sind. Wir mögen wohl über uns trauern, daß wir die Stimme Gottes nicht vernehmen, wie wir sollten, „denn du hörtest es nicht“. Es kommen in unserm Gemüt zarte Regungen des Heiligen Geistes zum Vorschein, die von uns nicht beachtet werden; die himmlische Liebe und der göttliche Wille flüstern uns Worte zu, die unser abgestumpftes Gemüt ebensowenig wahrnimmt. Ach, wir sind unwissend aus selbstverschuldeter Gleichgültigkeit: „du wußtest es auch nicht“.

Es gibt Verhältnisse, in die wir uns hätten einen Einblick verschaffen sollen, Übelstände, die unbemerkt um sich gegriffen haben. Liebliche Anlagen kommen um, wie Blüten im Frost, weil wir sie nicht pflegen; göttliche Gnadenblicke entgehen uns, weil wir die Fenster unsrer Seele vermauern. Aber „wir haben es nicht gewußt“. Wenn wir daran denken, werden wir in die tiefste Selbstbeschämung eingetaucht. Wie müssen wir die Gnade Gottes bewundernd anstaunen, wenn wir aus dem göttlichen Wort all diese Torheit und Unwissenheit von unsrer Seite kennen lernen, die Gott zum voraus erkannt hat, während Er trotz dieser Voraussicht so gnädig an uns handelte! O, betet die wunderbare, unumschränkte Gnade an, die uns trotz alledem erwählt und vorgezogen hat. Staunt über den Preis, der für uns dargelegt ward, als Christus wußte, was aus uns werden würde! Er, der am Kreuze schmachtete, sah unsern Unglauben, unsre Verirrungen, unsre Herzenskälte, unsre Gleichgültigkeit und Sorglosigkeit, unsre Trägheit zum Gebet zum voraus; und dennoch sprach Er: „Ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige in Israel, dein Heiland. Weil du so wert bist vor meinen Augen geachtet, mußt du auch herrlich sein, und ich habe dich lieb; darum gebe ich Menschen an deine Statt und Völker für deine Seele!“ (Jes. 43, 4).

O göttliche Sühne, wie wunderbar hell strahlst du, wenn wir daran denken, wie wir so schwarz und häßlich sind! O, Heiliger Geist, gib uns von nun an Ohren zu hören und ein verständiges Herz! Und gib uns Müden Kraft, und Stärke genug uns Unvermögenden, Deinen Willen zu tun!

(Charles Haddon Spurgeon)

Quelle: Glaubensstimme – Die Archive der Väter

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Der Prophet Jesaja

Eingestellt am 23. September 2022