Römer 7, 1b

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem HERRN Jesus Christus! (Römer 7, 1b)

Die beiden Wörter „Gnade“ und „Friede“ enthalten das ganze christliche Leben. Gnade – die Vergebung der Sünden; Friede – ein fröhliches, ruhiges Gewissen. Der Friede enthält in seiner ausgedehnteren Bedeutung auch all das Gute, das herzliche Geborgensein und die ganze Glückseligkeit, die dieses gute Verhältnis zu Gott mit sich bringt. Der Apostel erklärt, daß wir uns nicht nur der gegenwärtigen Gnade rühmen, in der wir stehen, sondern auch der Hoffnung der Herrlichkeit, die Gott geben wird. Nicht aber das allein, sondern wir rühmen uns auch der Trübsale, weil wir wissen, daß selbst die Trübsal uns zu allerlei Gutem dienen muß.

Ja, er sagt schließlich: „Wir rühmen uns auch Gottes“, daß Er jetzt unser Vater ist. Wir müssen dann unbedingt alles Gute haben, denn „ist Gott für uns, wer mag wider uns sein?“ Bedenke! „Gott, der auch Seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern Ihn für uns alle dahingegeben hat, wie sollte Er uns mit Ihm nicht alles schenken?“ – Soviel liegt in dem Wort Friede, und dieses Gnadenwerk an einem Menschen hat Gott getan, indem Er dessen geistliche Sinne geöffnet hat, so daß er sieht, was es heißen will, daß der Herr des Himmels und der Erde sein Freund ist. Alle seine ihm noch anklebenden Sünden können dieses Verhältnis nicht im geringsten erschüttern. Gewiß muß das ein hoher, ein seliger Friede sein! Ohne den Willen meines liebevollen und allmächtigen Vaters soll kein Haar von meinem Haupte umkommen. Es gibt kein Übel, das Er nicht heilen kann, sobald es Ihm gefällt, und Er kann mir jetzt unmöglich etwas Böses widerfahren lassen, das mir nicht durchaus notwendig ist. Welch ein hoher und seliger Friede! Welch herrliche Wahrheit!

Dieser Friede heißt mit Recht „Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus“, wie der Apostel hier sagt. Dies müssen wir so verstehen, daß dieser Friede nicht nur eine Gabe ist, die Gott allein gibt, sondern daß der Friede auch in Gott selbst, in Seiner Freundschaft und Seiner Macht bestehen muß. Beachte dies wohl! Er sagt nicht: Fried .von der Welt – denn „in der Welt habt ihr Angst“, spricht Christus, „die Welt haßt euch.“ Er sagt nicht: Friede von dem Fleisch – denn das Fleisch „streitet wider den Geist“, sagt er. Er sagt nicht: Friede von dem Teufel – denn „euer Widersacher, der Teufel, hat einen großen Zorn“, sagt Johannes. – Ja, er sagt nicht: Friede durch gute Umstände, Friede durch gute Freunde, Friede durch einen guten Ruf, durch eine gute Gesundheit usw. – denn alles das ist ein unbeständiger Friede; sondern er sagt: „Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus“. Das heißt, er wünscht uns einen göttlichen und himmlischen Frieden. Jesus sagt: „Meinen Frieden gebe Ich euch. Nicht gebe Ich euch, wie die Welt gibt“.

Der Friede der Welt besteht darin, daß nur das äußere, uns beunruhigende Übel entfernt wird. Wenn z. B. ein Feind vor einer Stadt liegt, dann ist daselbst Unfriede, aber wieder Friede, wenn der Feind fort ist. So ist es auch Unfriede, wenn dich Armut oder Krankheit bedrückt; wenn aber diese Übel entfernt sind, dann hast du wieder Frieden. Ferner, wenn böse Zungen dich mit Lügen und Schmähungen angreifen, dann hast du Unfrieden; wenn jedoch diese Schmähungen aufhören, dann hast du wieder Frieden. So ist der Friede der Welt.

Der Friede Gottes aber besteht im folgenden: Obwohl alle diese äußeren Übel noch anhalten und dich anfechten, hast du dennoch deinen Herzensfrieden nur darin, daß Gott dein Freund ist. Er ist allmächtig, Er erhört deine Gebete, zählt deine Tränen und kann augenblicklich, wenn Er will, den Sturm stillen und wieder Ruhe geben. Auch während dein Fleisch noch voller Sünden ist und der Teufel dich mit Versuchungen oder Gewissensanklagen anficht, weißt du, daß Christus mit Seiner Gerechtigkeit und Seiner Gnade viel größer als alles dieses und dein mächtiger Fürsprecher bei Gott, dem Vater, ist. Obwohl noch alles Böse in der Welt, Krankheit, Armut, böse Zungen usw. dich plagen können, weißt du dennoch, daß Gott und Seine Freundschaft tausendfach größer sind als alles dieses, und daß Er bald kommen und dich aus diesem Jammertal zu sich in den Himmel nehmen wird, wo du auf ewig von allem Bösen befreit, geborgen und selig bei Gott und Seinen Heiligen sein wirst. Das ist der Friede Gottes!

Da dieser Friede aber von der Gnade im Herzen abhängt, so kann er sowohl vermehrt als auch vermindert werden. Und da unser ganzes Christentum von der Gnade und dem Frieden im Herzen abhängt, welch wichtige Gegenstände sind diese dann doch, nicht nur des Wunsches, sondern auch der fleißigen Pflege! Das Mittel aber, durch das die Gnade und der Friede vermehrt werden, ist einzig und allein „die Erkenntnis Gottes und unseres Herrn Jesus Christus“. Je mehr wir Gott und unseren Herrn Jesus Christus erkennen, um so mehr Gnade und Friede ist im Herzen. Möchte darum jeder Christ fleißig diese teuren Schätze in seinem Herzen unterhalten! Ja, möchte Gott uns Seine Gnade dazu geben!

Friede, ach Friede, ach göttlicher Friede!
Vom Vater durch Christum im Heiligen Geist,
Welcher der Sünder Herz, Sinn und Gemüte
In Christo zum ewigen Leben aufschleußt!
Den sollen die gläubigen Seelen erlangen,
Die sonst nichts wissen, als Jesu anhangen.

(Carl Olof Rosenius)

Eingestellt am 29. Mai 2023