Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist. Wohl dem, der auf ihn trauet! (Psalm 34, 9)
Der Herr ist freundlich! Hundertstimmig tönt dies Wort durch unsere ganze Bibel. Wir hören es so oft, daß wir es fast überhören. Doch nehmt es heute recht zu Ohren und faßt es ins Herz, ihr alle, denen seine Gnadensonne leuchtet! Schmeckt seine Freundlichkeit! Bewegt sie in dankbarem Gemüt und kostet ihre Süßigkeit! – Und seht seine Freundlichkeit, wie sie sich in der Vergangenheit geoffenbart hat, wie sie als eine leuchtende Spur durch euer ganzes Leben sich hindurchzieht!
Aber es gibt etwas noch Köstlicheres, noch Stichhaltigeres als solch seliges Schmecken und Sehen. Es ist das V e r t r a u e n. Der Psalmist, der ein reiches, überwallendes Gefühlsleben kannte, sagt nicht: Wohl dem, der schmeckt und sieht, wie freundlich der Herr ist, sondern: W o h l d e m, der auf ihn t r a u t. –
Auf den Herrn trauen, auch wenn sich seine Freundlichkeit scheinbar verhüllt; wissen, daß seine Güte waltet, auch wenn Not und Gefahr auf die Seele drückt; im Glauben festhalten, daß auch der bittere Kelch des Leidens nur heilsame Arznei enthält, das gibt der Seele Kraft und bewahrt das Herz im Frieden.
Wohl dem, der im Leben und im Tod auf den Allmächtigen Gott vertraut!
Wenn ich auch gar nichts fühle
Von Deiner Macht,
Du bringst mich doch zum Ziele,
Auch durch die Nacht.
Quelle: CLV Andachten – Psalmen – Psalm 34
Liedvers: Julie Katharina von Hausmann (1826-1901) „So nimm denn meine Hände„
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Irgendwo in einer düsteren Kellerwohnung sitzt ein junger Mann. Fröstelnd zieht er die Decke über die Schultern. Man sieht es ihm an, daß er schwer lungenkrank ist. Er ist tief versunken in ein Buch. Es ist die Beschreibung einer Reise durch die französische Schweiz. Er sieht im Geiste die Bergriesen, fühlt die herrliche Höhensonne, atmet die klare Bergluft.
Seufzend läßt er das Buch sinken. Es macht ihn ja nicht gesund, wenn er von all dem nur liest und hört. Er müßte es selbst schmecken und sehen, er müßte dort sein. Dann könnte er genesen. So meint es auch David, wenn er uns auffordert:
„Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist!“
Der Psalmdichter David hat sicher eine Menge Leute gekannt, die über den Herrn viel gehört hatten. Sie kannten Seine Wunder und Seine Taten. Und doch waren sie arme, elende Leute, die „in Finsternis und Schatten des Todes“ saßen. Denn nicht das Wissen vom Herrn macht uns selig. Nicht Gedanken an den Herrn oder religiöse Ahnungen können uns helfen. Nein, nur der Herr selbst. Und der Weg zu Ihm ist offen. Er ist nahe!
„Schmecket und sehet!“ – Das ist derb gesprochen. Das klingt fast, als sollten wir verspottet sein, weil wir in so viel Dunkelheit, Not und Sünde sitzen, wo draußen die helle Sonne Jesus ist.
„Schmecket und sehet!“ – Das will allen Verzagten und Zweifelnden Mut machen, doch dem Worte des Heilandes zu glauben: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken!“
Amen.
Übersicht: Psalm 34