Matthäus 24, 51

… und wird ihn zerscheitern und wird ihm den Lohn geben mit den Heuchlern: da wird sein Heulen und Zähneklappen. (Matth. 24, 51)

In diesem Kapitel weissaget Christus, unser Heiland, als der wahre große Prophet, welchen Moses verkündiget, von lauter zukünftigen Dingen.

Um dasselbe recht zu verstehen, muß man Acht haben auf die Gelegenheit und Veranlassung, so Ihm dazu von den Jüngern gegeben worden. Da sie Ihm nämlich des Tempels Gebäu gewiesen und darauf von Ihm gehöret hatten, daß von solchem nicht ein Stein auf dem andern bleiben sollte, der nicht zerbrochen wurde, sprachen sie ferner zu Ihm: „Sage uns, wann wird das geschehen? und welches wird das Zeichen sein Deiner Zukunft und der Welt Ende?“ So muß denn notwendig die Antwort unsers Jesu dahin gedeutet werden, daß man darinnen die Prophezeiungen, welche das Gericht über die Juden und den Untergang der Stadt Jerusalem, wie auch des Tempels Zerstörung betreffen, von denen wohl zu unterscheiden wisse, welche auf den jüngsten Tag und das Ende der ganzen Welt gehen.

Es stellet aber der HErr Jesus beides, diejenige Zeit, welche vor der Zerstörung der Stadt Jerusalem, und die, so vor dem jüngsten Tag hergehen werde, als eine gar betrübte, elende und jämmerliche Zeit vor, da es zwar an mancherlei Zeichen und Vorboten im Himmel und auf Erden nicht mangeln, der wenigste Teil aber der Menschen sich daran kehren – und sein Leben bessern werde.

Nachdem Er nämlich überhaupt gemeldet, wie nach Seiner Himmelfahrt der Satan im geistlichen und weltlichen Stand rumoren, auch sonst viel Krieg, Empörung, Pestilenz, teure Zeit, Erdbeben und andere Not auf einander folgen, mithin wenig Friede und Ruhe unter den Menschen sich finden werde, weil die Ungerechtigkeit mehr und mehr überhandnehme, und die Liebe in vielen erkalte ─ was denn auch leider am Tage ist, und die Historien von der Apostel Zeiten bis auf uns genugsam bekräftigen ─ so kommt Er in dem folgenden auf die gräuliche Verwüstung, welche dem jüdischen Land und Volk nach Daniels Weissagung bevorstand.

Einerseits nun ist alle die große Trübsal nicht lange nach Christi Hingang zum Vater den Juden wirklich begegnet, da Gott in Seinem Zorn, weil sie das Sündenmaß vollgemacht ─ und sich an dem HErrn Messias vergriffen haben, sie heimgesucht ─ und viele tausend jämmerlich hat umkommen, die übrigen aber in die ganze Welt zerstreuen lassen, darinnen sie allbereits über anderthalb tausend Jahre ohne Tempel, Opfer und Heiligtum leben, so daß wir Christen an ihrem Exempel uns spiegeln ─ und den Ernst Gottes, der sie ihrer Sünde wegen gestraft, zu unserer Prüfung und Besserung anschauen sollen.

Andererseits aber erkennet man daraus billig die Güte unsers Seligmachers, wenn Er solches alles zwar verkündiget, aber zugleich Mittel und Wege Seinen Jüngern weiset, wie sie ihres Orts, im jüdischen Land, dem Unglück entgehen ─ und mit Leib und Seele erhalten werden könnten, nämlich, wenn sie bei Zeiten die Flucht nehmen ─ und mit vergeblichen Hoffnungen der falschen Propheten sich nicht betrügen lassen würden.

Wenn dann Christus ferner auf die Beschreibung des Endes der Welt kommt ─ und die schrecklichen Zeichen namhaft macht, deren Er auch anderswo Meldung tut ─ mit dem bedenklichen Ausspruch: „Himmel und Erde werden vergehen, aber Meine Worte vergehen nicht“, ─ so sollte man meinen, es könnte nicht fehlen, die Menschen müßten Seinem Worte auch Glauben schenken ─ und sich zu solchem Ende der Welt, welches bei unsern Zeiten immer mehr und mehr herbeinahet, gefaßt und fertig halten, wie es Christen und Jüngern des HErrn zustehet.

Allein ─ da ist’s erstens erschrecklich, wenn man bedenket, was Christus von den gottlosen Leuten anführet, die in den Tagen Noahs und Lots gelebt, nämlich, daß sie der Anzeige von der künftig einbrechenden Sündflut ─ und dem Feuer vom Himmel nicht eher geglaubet haben, bis sie demselben nimmer haben entweichen mögen ─ und darinnen zu Grunde gegangen sind.

Hernach aber ist’s noch entsetzlicher, daß unsere heutige Welt ebenso verhärtet und verstockt sich bezeiget, ihr nichts sagen und wehren ─ noch den Geist Gottes durch Christi Wort und treue Lehrer sich strafen lasset, vielmehr in gewohnter Sicherheit fortfähret.
Doch ─ eben daran können wir merken, daß die Zukunft des Menschensohns zum Gericht nicht ferne sei. Und weil denn der Tag und die Stunde unseres Todes, die uns gewiß bevorstehen, wenn wir gleich den jüngsten Tag nicht erleben sollten, uns verborgen bleiben, so sollen wir an Jesu treuherzige Vermahnung gedenken, auch wachen und bereit sein, damit wir, wenn Er, unser HErr, als der Hausvater kommen ─ und Seine Knechte zur Rechnung fordern wird (was ja bald und schnell erfolgen kann) ─ bereit erfunden und von Ihm in Gnaden angesehen werden mögen. Das gebe Gott – um Jesu willen! Amen.

(Veit Dietrich)

Quelle: Glaubensstimme ─ Die Archive der Väter

Eingestellt am 23. Januar 2022