Römer 8, 2

Denn das Gesetz des Geistes, der da lebendig macht in Christo Jesu, hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. (Römer 8, 2)

Wer zum lebendigen Glauben gekommen ist, gehört mit seinem Leben der in Römer 8 entfalteten Gnade an. Er hat nun zunächst nichts anderes zu tun, als Vers für Vers auf das Kapitel zu hören und seinen Inhalt zu Herzen zu nehmen, das heißt zu glauben. –

Es gilt, das Wort Gottes innerlich zu bewegen und seinen Inhalt zu Herzen zu nehmen. Nur so wird der gläubige Mensch dieser testamentarischen Werturkunde seines Lebens dankbar inne. Sie gehört seinem Leben in ihrem ganzen Umfang, auch wenn er ohne jedes Erlebnis und ohne entsprechende Gefühle bliebe. Die Gültigkeit des Wortes Gottes wird von keiner Erfahrung beeinflußt. Es geht hier um den Glauben an das objektive Handeln Gottes in Jesus Christus, dessen Ergebnisse Römer 8 vor uns ausbreitet. Weder der Schweiß unseres Angesichts noch das Tun unserer Hände, noch unsere Erfahrungen und Gefühle haben hier entscheidend mitzureden.

Wir sollten es uns deutlich sagen lassen, daß Erfahrungen nicht geeignet sind,  den Glauben zu führen. Der Glaube  m a c h t  Erfahrungen, aber er  l e b t  nicht von Erfahrungen. Er lebt „von einem jeglichen Wort, das aus dem Munde Gottes kommt“.

(Fritz Hubmer)

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Das neue Leben der Freiheit.

Der Apostel nennt die Sünde in uns ein Gesetz, d.h. eine gebietende Macht. Ihr muß der Heilige Geist als eine andere Macht gegenübertreten. Auch ihn nennt er ein Gesetz. Er bringt reine, heilige Triebe ins Herz. Unser Wille wird nämlich bestimmt durch Triebe. Solange wir den Heiligem Geist nicht haben, geben die Selbstsuchtstriebe den Ausschlag. Der Heilige Geist aber gibt die Liebe zu Gott ins Herz und entthront das eigene Ich. Er setzt Christus auf den Thron. Geist und Fleisch sind völlig widereinander. Aber gottlob halten sie nicht einander die Waage, so daß wir ewig in Zwiespalt und Zerrissenheit bleiben müßten. Wenn uns der Heilige Geist regiert, erleben wir, was der Apostel sagt: „Der Geist ist wider das Fleisch, damit wir nicht tun, was wir wollen“, also nicht das, was aus unserem Eigenwillen entspringt, sondern was Gott will (Galater 5, 17). Der Heilige Geist bringt ein neues Leben mit sich. Solange dieses noch fehlt, helfen alle eigenen Anstrengungen nichts. Man kann dem alten Menschen ein frommes Aussehen geben, aber in Wirklichkeit bleibt er böse. Es gibt also nur elendes Flick- und Stückwerk, wenn es nicht zu einem neuen Leben in Christus kommt. Durch die Lebensmacht des Geistes gelangen wir zur Freiheit eines Gotteskindes. Der alte Mensch fühlt sich frei, wenn er sich ausleben kann, ist aber in Wahrheit ein elender Sklave. Ein Gotteskind ist frei, weil es den Herrn Jesus auslebt. Da ist nichts Gezwungenes. Da bindet nicht das strenge Joch der Pflicht, sondern das sanfte Joch der Liebe. Wo Liebe ist, da ist Freiheit. Dieses neue Leben muß uns geschenkt werden. Das Gesetz kann nicht lebendig machen.

Wenn wir im Glauben an den Heiland Geistesleben erlangen, hat die Macht der Sünde und des Todes verspielt. Gott hat die Sünde im Fleisch verdammt. Er hat ihr das Urteil gesprochen. Sie kann uns nicht mehr verdammen oder über uns herrschen, wenn wir uns im Glauben mit dem Herrn Jesus zusammenschließen. – Zur Geistesfreiheit gehört auch, daß wir frei werden von menschlicher Beeinflussung. Unsere gottgegebene Eigenart kommt durch den Heiligen Geist zur reinen Entfaltung. Von Natur tragen wir alle einen Stempel von unten. Die Zeit, in der wir leben, Erziehung und Umgebung drücken uns ihren Stempel auf. Auch in unserem Christentum erhalten wir leicht ein bestimmtes menschliches Gepräge. Man lässt sich stempeln und wird abgestempelt, nicht nur in der „Kirche“, sondern auch in der „Gemeinschaft“. Dies gibt ein Gepräge der Unfreiheit. Durch die Wiedergeburt bekommen wir anstelle der falschen und verkehrten Ausprägung eine neue, heilige Prägung. Trachtet danach, daß die göttliche Prägung rein und voll zum Ausdruck kommt! Ahmt nach, was rein und heilig ist, aber äfft andere nicht nach! Laßt den Geist zur ungehemmten Entfaltung in euch kommen! Dann seid ihr im schönsten Sinne frei.

(Dr. Carl Eichhorn)

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Gesetz kann wohl zeigen, was richtig ist, aber nicht helfen. Gesetz macht nur deutlich, wo wir versagen. Gesetz ist immer ein »Gesetz der Sünde«: es zeigt die Sünde und stößt immer tiefer in sie hinein. Es ist zugleich ein »Gesetz des Todes«, weil es unsere Todessituation vor Gott klar macht und unser Leben immer tiefer in eine Todessituation
verwandelt. Der Weg zur Hölle ist in der Tat mit guten Vorsätzen gepflastert. Das edelste und klarste Gesetz in unserem Gewissen kann uns nicht retten. Wir sind außerstande, es zu verwirklichen. Je klarer das Gesetz, desto größer die Qual. Auch das Gesetz, das Gott selbst gab, und das in den zehn Geboten seinen Mittelpunkt hat, ist ein Gesetz, das nur
Sünde und Tod feststellt und erzeugt. Es gibt kein Gesetz, das dem Menschen aus seiner Todessituation heraushelfen und Leben erzeugen könnte.

Darum bedeutet es den großen Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte, daß mit Jesus ein neues Gesetz ganz anderer Art kam, dem nicht nur klare Worte zur Verfügung stehen, sondern der Geist des Lebens, das in Jesus Christus ist. Dieses Leben war in Jesus, als er über die Erde ging. In ihm war die Todessituation der Menschheit zum ersten Mal durchbrochen. Alles in ihm war Leben. Es war das Leben, das sonst nur in Gott lebt. Darum ging eine solche Macht und Kraft von Jesus aus. Darum wurde er der Magnet, der Tausende zog. Wer zu ihm kam, fand in ihm wirklich das Leben. So ist es erst recht, seit Jesus der auferstandene Herr ist, dem Gott alle Gewalt im Himmel und auf Erden übertragen hat. Die ganze Fülle des Lebens Gottes steht ihm zur Verfügung.

Der Geist Gottes, über den Jesus unbeschränkt gebietet, ist die lebendige Brücke, über die Jesus sein Leben zu uns leitet. Der Geist des Lebens, das in Jesus Christus ist, ist die
neue schöpferische Kraft, die die neue Schöpfung gestaltet, an der Jesus im Auftrag Gottes arbeitet. Diese neue Schöpfung, die in Jesus ihren Schöpfer und ihr Haupt hat, steht unter diesem lebendigen Gesetz, das nicht Sünde und Tod erzeugt, sondern Leben bringt und  aufbaut. Das erfährt jeder, der sich Jesus öffnet und zu eigen gibt.

(Erich Schnepel)

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Überall, wohin Paulus blickt, sieht er ein wirksames, unser Leben bestimmendes Gesetz. Auch in unserem Sündigen waltet ein Gesetz, eine von Gott zugeordnete Notwendigkeit, an die wir gebunden sind. Ebenso ist es ein von Gott uns auferlegtes Gesetz, dass wir sterben. Auch in dem, was unsere Vernunft von uns verlangt, ist ein Gesetz wirksam, das uns Gottes guten Willen zeigt. Wie steht es mit dem Geist? Auch er ist eins mit einem Gesetz, mit einer gültigen, wirksamen Ordnung, durch die der feste Wille Gottes mit einer unbedingten Geltung zur Erfüllung kommt. Der Geist trägt nicht Willkür in mich hinein und bedeutet nicht die freie Bewegung meiner Fantasie, durch die ich mir Ziele erfinde, als wäre mir durch den Geist die Vollmacht erteilt, mein Leben nach meinen Plänen zu ordnen. Der Geist macht Gottes Willen in mir wirksam; denn er trägt Gottes Wirken in mein inwendiges Leben hinein. Er macht mich darum von Launen und Zufall, von schwankendem Wechsel und grundlosem Belieben gänzlich frei. Der Weg, den er mich führt, leitet mich in Stetigkeit und Sicherheit zu Gottes Ziel, und dieses Ziel ist das Leben. Wie kommt dieses Gesetz zu mir? Wo erfasst es mich? In Christus, sagt Paulus. In Christus sein heißt im Gesetz des geistes sein und in Christus handeln heißt im Gesetz handeln. Damit ist der Ausgang meines Lebens gesichert und dem inneren Zwiespalt, der mich entzweit, die Entscheidung gegeben. Ohne den Geist steht meine Vernunft neben dem vom Körper mir gegebenen Trieb und meine Zustimmung zum göttlichen Gebot wird wertlos durch mein Unvermögen, es zu tun. Nun aber, da ich unter das Gesetz des Geistes gestellt bin, tritt eine Kraft in mich hinein, die stärker ist als der sündliche Wille; denn dieser ist der meine, der Geist aber ist Gottes. Führt mich das Sündigen in den Tod, so führt mich der Geist in das Leben und das Leben überwindet den Tod. Das Gesetz der Sünde und des Todes vergeht vor dem Gesetz des Geistes, und durch dieses Gesetz wird mir die Freiheit beschert. Indem ich sündigen und sterben muss, wird meine Unfreiheit sichtbar. Hier wurde über mich verfügt. Bei all dem dagegen, was der Geist mir gibt, bewege ich mich frei. Ich bin selbst der Glaubende und selbst der Liebende. Nun bin ich der Wollende und Handelnde, weil Gott mich bewegt.
Alles, was in mir frei ist, ist Deine Gabe, o heiliger Geist, alles, was ich mit ganzem Willen begehre, ohne dass mich meine Sündlichkeit und Sterblichkeit hindern kann. Daran erkenne ich deine schaffende Gnade, die in uns, die Gebundenen, die Sehnsucht nach der Freiheit legt und uns auch erfahren lässt, dass Du unsere Fesseln sprengst. Amen.

(Adolf Schlatter)


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Eingestellt am 24. Februar 2025