Pastor Peter Rosenberg (1871-1919)

P a s t o r  P e t e r  R o s e n b e r g
g e b o r e n  i n  A l t – P e b a l g   2 8.  J u n i   1 8 7 1
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Nachdem Rosenberg die lettische Volksschule besucht hatte, bezog er das Rigasche deutsche Stadtgymnasium. Er wurde nach Beendigung des Studiums Pastor in Roop. Hier erlebte er die Revolution 1905/6.

Auf einem Meeting trat er den revolutionären Agitatoren mit solcher Kraft entgegen, daß dieselben vor den sie bedrohenden Gemeindegliedern fliehen mußten. Zur vollen Entfaltung kam seine Kraft, als er Pastor an der lettischen Martinsgemeinde zu Riga wurde, einer der Hauptmasse nach aus Industriearbeitern bestehenden Vorstadtgemeinde. Rosenberg, der bis dahin auf dem Lande gelebt, war entsetzt über die sozialen Schäden, die ihm hier in der großen Industriestadt entgegentraten. Er erkannte
den Alkoholismus als eine der Quellen vieler Übel und begann eine rege Abstinenzarbeit. Mit dieser Abwehrarbeit ging der Ausbau der Gemeinde Hand in Hand. Er gewann dazu Persönlichkeiten, die sich in den Dienst der Gemeindearbeit stellten.
Als der Weltkrieg ausbrach, setzte er seine ganze Kraft ein, um das Kriegselend zu lindern. Er sorgte für die lettischen Flüchtlinge, verschaffte sich aus Petersburg von der Regierung große Geldsummen für diesen Zweck, was ihm als Letten leicht gelang. Er errichtete ein Lazarett für hier Verwundeten, das die Gemeinde erhielt, nutzte seine guten Beziehungen aus, um Nachrichten von Kriegsgefangenen zu vermitteln.

Die deutsche Okkupationszeit hat er als Last empfunden. Als die Prediger-Synode 1918 Kaiser Wilhelm in Anlaß der Befreiung des Landes ein Danktelegramm schicken wollte, erhob Rosenberg dagegen Protest, ihn binde der Eid an den russischen Kaiser.

Schwer litt er unter dem gottlosen Regiment der Bolschewiken. Er gehörte zu denen, die durch das Vertrauen der Pastorenschaft dazu erwählt wurden, mit den Bolschewiken über die Regelung der Kirchenbenutzung zu verhandeln; eine Aufgabe, die mit persönlichen Gefahren verbunden war. Rosenberg konnte in diesen Verhandlungen nichts
Wesentliches erlangen. Nachdem ein Versuch, ihn zu verhaften, mißlungen war, wurde er am 2. April 1919 gegriffen. Er sang vor seiner Fortführung mit den Seinen „Jesu geh voran“ und betete unter anderem auch: „Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.“

Im Gefängnis konnte der sprachkundige Mann den Mitgefangenen in deutscher, lettischer und russischer Sprache dienen. Am 20. Mai sollte er nach Wenden vor das Tribunal gebracht werden, als er zum Bahnhof eskortiert wurde, war der Zug schon abgegangen. Als er am 22. Mai wieder zur Bahn gebracht wurde, gingen die Züge nicht mehr, denn die Landeswehr hatte inzwischen Riga befreit. So ging er frei heim. Er fand sein Pastorat verschlossen, von niemand bewohnt. Die Pastorin war, durch das Schwere, das sie erlebt hatte, zusammengebrochen und in eine Nervenheilanstalt gebracht worden und seine
Kinder, für die niemand sorgte, hatte man zu Verwandten aufs Land geschickt. Durch eine zerbrochene Fensterscheibe gelangte Rosenberg in sein leeres ausgeraubtes Pastorat. Sein erster Gang war, seine Frau zu suchen, er fand sie, die Freude machte sie gesund, glücklich zogen sie beide zusammen wieder in ihr Pastorat ein. Doch ihr Glück währte
nicht lange.

Rosenberg hatte sich im Gefängnis mit Flecktyphus infiziert. Er erkrankte; er hatte einen langen Todeskampf zu bestehen, bis sein starkes Herz von der Fieberglut stille gemacht wurde. Am 10. Juni starb er. Vor seiner Verhaftung hat er seiner Frau gesagt: „Wenn auch mein Haupt fallen sollte, sei überzeugt, daß das andern den Glauben stärken wird.“

Sein Sterben ist vielen in der Gemeinde zum Segen geworden. (64)

Quelle: Oskar Schabert, Pastor zu St. Gertrud in Riga: Baltisches Märtyrerbuch, Furche-Verlag. Berlin 1926. S. 180-182 [Digitalisat, pdf]