Lukas 12, 2

Es ist aber nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird. (Lukas 12, 2)

Es geht ein Zug von Offenbarung durch alles Geschehen. Als ob auf die Dauer keine Täuschung oder Heuchelei vorhält: schließlich kommt der eigentliche wahre Grund und das innerste Wesen doch an den Tag. Das geht mit Persönlichkeiten der Weltgeschichte und mit Irrtümern der Kinder Gottes so.

Jesus hat also mit diesem Wort ein Naturgesetz in der Geisteswelt ausgesprochen, das sich schon längst vor dem Jüngsten Tag im Kleinen oder Großen durchsetzt. Uns soll es immer wieder vor die Mahnung stellen: Bringe dein Geheimnis mit deinem Offenbaren in Einklang! Nur keine dunkle Stelle, vor deren Aufdeckung in der Öffentlichkeit du dich zu fürchten brauchtest. Verleumden kann man dich, verdrehen können sie aus dem Zusammenhang gerissene Sätze – aber sieh nur scharf zu, daß alles stimmt mit deiner Überzeugung. Dann kann auf die Dauer kein Klatsch haften, keine übelwollende Nachrede dir bei denen schaden, die dich wirklich gut kennen.

Nimm aber denselben Maßstab der Öffentlichkeit für das, was du im vertrauten Kreise sagst oder im innersten Herzen denkst. Vor Gott werden sogar unsere Gedankenwege und Verirrungen, die niemals laut wurden, offenbar. Sieh zu, daß nichts an dir zu verraten sei.

Herr, du erforschest und kennest mich! Hilf mir, daß ich von aller auch noch so geheimen Unlauterkeit inwendig loskomme und frei und offen, ganz ohne Verstellung leben könne im Lichte deiner Wahrheit. Amen.

(Samuel Keller)