Der HERR ist ein eifriger Gott und ein Rächer, ja, ein Rächer ist der HERR und zornig; der HERR ist ein Rächer wider seine Widersacher, und der es seinen Feinden nicht vergessen wird. (Nahum 1, 2)
Der Herr ist sehr eifersüchtig auf deine Liebe, du liebe, gläubige Seele. Hat er dich erwählt? Dann kann er es nicht ertragen, daß du einen anderen Ihm vorziehst. Hat er dich mit seinem eigenen Blut erkauft? Dann kann er es nicht leiden, wenn du meinst, du seist dein eigen, ober du gehörst dieser Welt an. Er hat dich mit einer solchen Liebe geliebt, daß er nicht ohne dich im Himmel bleiben wollte; lieber wollte er sterben, als daß du umkommen solltest, und es ist ihm unerträglich, daß sich etwas zwischen ihn und deines Herzens Liebe dränge.
Er ist sehr eifersüchtig auf dein Vertrauen. Er duldet es nicht, daß du dich auf einen fleischernen Arm verläßt. Er duldet es nicht, daß du dir löcherige Brunnen gräbst, während dir der überströmende Born lebendigen Wassers umsonst fließt. Wenn wir uns auf ihn lehnen, ist es seine Freude, wenn wir aber unsere Anhänglichkeit und Abhängigkeit auf einen anderen übertragen, wenn wir uns auf unsere eigene Weisheit verlassen oder auf die Weisheit eines Freundes oder, was das Allerschlimmste ist, wenn wir auf unsere eigenen Werke unser Vertrauen setzen, dann hat er Mißfallen an uns und züchtigt uns, damit er uns wieder zu sich ziehe.
Er ist auch sehr eifersüchtig auf unsere Gesellschaft. Mit niemandem sollen wir so fleißig Umgang haben wie mit unserem Herrn Jesus. Nur in Ihm allein bleiben, das ist treue Liebe; aber mit der Welt uns abgeben, im fleischlichen Trost genügende Linderung unseres Elends finden, Seiner unsichtbaren Gemeinschaft sogar den Umgang mit unseren Mitchristen vorziehen, das ist eine Beleidigung für unseren eifersüchtigen Herrn. Er möchte allein, daß wir in Ihm bleiben, und Seine beständige Gemeinschaft genießen; und manche Heimsuchung, die Er uns sendet, hat nur den Zweck, unsere Herzen von der Kreatur zu entwöhnen und sie um so inniger an Ihn zu fesseln. Dieser Eifer, der uns in Christi Nähe zurückhalten möchte, ist auch ein Trost für uns, denn wenn er uns so sehr liebt, daß Ihm unsere Liebe nicht gleichgültig ist, so können wir versichert sein, daß Er nicht duldet, daß uns etwas schade, und daß Er uns beschützen wird gegen alle unsere Feinde.
Ach, daß wir doch heute die Gnade empfingen, unsere Herzen in unbefleckter und heiliger Reinheit zu bewahren für unseren Geliebten, und mit geheiligter Hingebung an Ihn die Augen allen Verführungen der Welt zu verschließen!
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Jahve als Rachegott! Wie oft hat der Unglaube darüber gelästert! Deshalb gilt es, sich auf den biblischen Sinn des in Rache eifernden Gottes zu besinnen. Rache ist in der biblischen Sprache das gleiche wie Gericht. Wir müssen uns bei Gottes Rache völlig frei machen vom
Gedanken wilder Rachgier. Diese nimmt oft ungezügelt und in Triebhaftigkeit den Menschen in Besitz. „Rächet euch nicht selbst“, mahnt der Apostel und beruft sich auf Gottes Wort: „Die Rache ist mein, ich will vergelten“ (Röm. 12, 19; 5. Mose 32, 35). Die in weniger kultivierten Völkern herrschende Blutrache entspringt einem gesunden Rechtsempfinden, ist aber freilich ein kümmerlicher Ersatz für eine fehlende geordnete Rechtsprechung. Nur durch die Wildheit menschlichen Zornes wird sie beschmutzt. Gottes Rache aber ist das gerechte Gericht. Der Heilige verträgt das Unheilige nicht. Er überwindet alle Rebellion gegen seinen heiligen Willen. Er vernichtet das Böse, denn dieses trägt den Tod in sich. Es ist Gottes Güte, daß er der Bosheit widerstrebt. Daß dabei im Alten Testament der Boshafte um seiner Bosheit willen vernichtet wird, ist ein Zeichen der Vorläufigkeit des Alten Bundes. Erst im Neuen Testament bricht Gottes Heil so hindurch, daß wohl die Bosheit gerichtet wird, der Böse aber, der Schuldiggewordcne, gerettet wird. Denn ihm steht der Weg zum Gekreuzigten offen. Erst das Kreuz dessen, der die Sünde der Welt trug, gibt den Sünder, dessen Sünde gerächt ist, frei.
„Jahve ist ein eifernder Gott“ — so hatte Israel schon am Sinai grundlegend zu hören bekommen (2. Mose 20, 5). Der Eifer Jahves ist in seine Heiligkeit eingeschlossen. „Gott ist eifrig, sofern er seine göttliche Würde heilig gehalten haben will und sie gegen Verletzungen mit strenger Energie aufrechterhält“ (Joh. Tob. Beck, a. a. O. S. 14). Jahves Eifer ist ein Teil seiner Treue, der Treue gegen sich selbst wie gegen seine Verheißungen. Weil Gott sich selbst nicht untreu werden kann, fließt aus seinem Eifer der Zorn gegen alle
Widersprecher und Zuwiderhandelnde.
Quelle:
Jakob Kroeker/Hans Brandenburg: Das lebendige Wort. Eine Einführung in die göttlichen Gedankengänge und Lebensprinzipien des Alten Testaments in 15 Bänden.
Band 10: Die kleinen Propheten, Teil 1/2 – Joel, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zephanja (Seite 124; Digitalisat als pdf-, epub- oder Word-Datei, jeweils externe Links zu Sermon Online)
Siehe auch: Beck, Joh. Tobias: Erklärung der Propheten Nahum und Zephanja, nebst einem prophetischen Totalbild der Zukunft. Herausgegeben von H. Gutscher und Julius Lindenmeyer. C. Bertelsmann, Gütersloh 1899.
Übersicht: Der Prophet Nahum – Nahum 1, 3