Wer sich mein und meiner Worte schämet unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, des wird sich auch des Menschen Sohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln. (Marc. 8, 38)
Sein und Seiner Worte sich schämen, das ist eine schlimme Sache. Sich verschlüpfen, wenn man die Jünger JEsu zählt, damit man nicht mitgezählt werde, – ja, das ist schlimm. Wir müssen uns darein schicken, für das auch angesehen zu werden, was wir sind. Die Heimlichkeit taugt nicht in’s Himmelreich. Es kann wohl verhältnißmäßige Vorsicht angewendet werden nach dem Wort des HErrn: „Seid klug, wie die Schlangen“, die aus Klugheit, wenn Jemand unversehens kommt, im Gras sich verstecken, ferner: „Hütet euch vor den Menschen“. Aber es gibt eine Grenze der Vorsicht und der Bewahrung seiner selbst, über welche hinaus man nicht gehen darf. Namentlich wenn man dich geflissentlich sucht, oder wenn ein Bekenntnis deiner Stellung zum HErrn von Freunden oder Feinden erwartet werden kann, darfst du nicht weiter dich verstecken, wenn du nicht willst vom HErrn als ein Verleugner angesehen sein, oder als Einer, der überhaupt vom Heiland nichts will. Auch sollte es mit dir so weit kommen, daß du endlich weißt, auch von selbst vorzutreten, dich als einen Bekenner JEsu zu zeigen. Zuletzt muß es frei offen heraus, oder deine Sache ist nicht viel. Bleibst du immer, dich deines Heilands schämend, im Versteck, so verbirgt Sich der HErr einmal auch vor dir, daß Er, wenn du frägst: „HErr, wo bist Du?“ Sich nicht vor dir sehen läßt. Dann geht große Not an, wenn Er zurückweicht, und sagt: „Ich kenne den nicht; denn er hat ja auch Mich nicht gekannt!“ Dann magst du zusehen, wie es weiter gehe an Seinem Tag; denn für viele geht so der einzige Rettungsweg verloren. Darum wollen wir munter und frei Seinen Namen bekennen, uns darstellen als Anhänger des HErrn JEsu, und nicht nur mit Worten Solches bezeigen, sondern vornehmlich damit, daß man in allem Seine Art an uns sieht. Die macht uns nicht so viele Feinde, als man oft meint; sie macht uns auch Freunde, wo wir’s nicht vermuteten. Bloße Worte, ohne die Art JEsu, die erzeugen am Meisten Feindschaft. Wenn aber die Geduld, die Freundlichkeit, die Sanftmut, die Demut, die Barmherzigkeit JEsu mit dabei ist, so geht’s immer noch erträglich, und kommt man nur vor eigentlichen Satansmenschen in’s Gedränge. Ja, wir wollen als Seine Jünger ausharren in Leid und Freud‘, mögen wir beisammen sein, oder überall hin zerstreut. Wollen wir vereinigt mit einander Ihm dienen und zu Ihm beten, daß wir einmal auch mit einander können Freude haben, wenn Seine Liebe an Seinem Tage, da Er, wie unser Spruch sagt, „kommen wird in der Herrlichkeit Seines Vaters mit den heiligen Engeln“, von allen Himmelsgegenden her die verstreuten Schäflein sammelt.
Mel.: „Ich habe nun den Grundˮ
Bei diesem Grunde will ich bleiben,
So lange mich die Erde trägt;
Das will ich denken, tun und treiben,
So lange sich ein Glied bewegt
So sing‘ ich ewig hoch erfreut:
O Abgrund der Barmherzigkeit!
Liedvers: Johann Andreas Rothe (1688-1758) „Ich habe nun den Grund gefundenˮ
Quellenangaben:
Sammlung von Morgen=Andachten nach Losungen und Lehrtexten der Brüdergemeine, gehalten (in den Jahren 1862 und 1863) zu Bad Boll von Pfarrer Blumhardt. Für Freunde herausgegeben. Zweite, wenig veränderte Ausgabe. Zu haben in Bad Boll, 1873. [Seite 147ff.; Digitalisat – Eintrag bei Wikisource]
Gluabensstimme – Die Archive der Väter: Markus, Kapitel 8
Siehe auch die Betrachtungen zum Vers von C.H. Spurgeon und bei Markus 8, 34-36.38