Hebräer 4, 12

Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer denn kein zweischneidig Schwert, und dringt durch, bis daß es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne [Beurteiler der Gedanken und Gesinnungen ELB] des Herzens. (Hebr. 4, 12 LUT)

Man kann das Wort im Zusammenhang des ganzen Spruches auch anders auslegen; mir kam nur soeben in den Sinn, was es auch bedeuten könnte: die Scheidung zwischen seelischem und geistlichem Leben. Dazu ist allerdings das kräftige Wort Gottes auch die beste Waffe. Es macht uns in seiner schneidenden Schärfe den Unterschied klar, der zwischen dem bloß psychischen Untergrund unseres Innenlebens und dem neuen Wesen besteht, was der Heilige Geist bewirkt hat. Auch beim natürlichen Menschen gibt’s im Gemüt eine Resonanz des Wortes Gottes; mancher wird erschüttert und zu Tränen gerührt. Die Scheiben klirren, wenn ein schwerer Wagen dröhnend vorüberfährt. Aber klirrende Scheiben gehören nicht zum Wagen! Das kann alles Fleisch sein – Nerven, und diese werden ja nie bekehrt. Geist ist dagegen die höhere Form des Innenlebens, wo der Geist Gottes zur Wirksamkeit kommen will. Da müssen seine Wirkungen im Willen und Gewissen offenbar werden. Starke Impulse zu neuem Werden und Wachsen müssen sich durchsetzen. Entschlüsse, die nicht aus dem Fleisch stammen, sondern von oben her sich spürbar machen: Selbstverleugnung, Durchkreuzung des Ichlebens, Ansätze der Ewigkeit im Alltagsleben.

Wir kennen das, Herr Jesu, aber wir möchten klagen: der Geist ist schwach gegenüber dem mächtigen Fleisch. Dringe du durch mit der Neuregelung aller Verhältnisse und regiere du in uns. Segne dazu dein Wort in uns. Amen.

(Samuel Keller)


Quellen:

Andacht: Glaubensstimme – Christliche Texte aus 2000 Jahren
Portrait: Keller, Samuel, Pfarrer in Düsseldorf; aus Bestand: AEKR Bibliothek BK3005

Eingestellt am 9. August 2021 – Letzte Überarbeitung am 25. November 2023