Johannes 6, 29

Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Das ist Gottes Werk, daß ihr an den glaubt, den er gesandt hat. (Joh. 6, 29)

Es ist auf den Glauben ausgesetzt. Wer es glaubt, daß Jesus Christus, der eingeborne Sohn Gottes von Ewigkeit, als ein armer Mensch gelebt habe und daß er für die Sünden der Welt am Kreuz gestorben sei; wer dies glaubt, nicht wie man eine Zeitungsnachricht glaubt, wobei das Herz meistens unberührt bleibt, – wer dies glaubt, nicht weil er es auswendig weiß von seiner Jugend an, sondern weil ihm dies die allerwichtigste, die allerunentbehrlichste Geschichte ist; wer es mit völliger Zustimmung seines Herzens ergreifen und in den Grund seines Gemüts kann sinken lassen, daß dies eine wahre Geschichte sei; mit andern Worten: Wem diese Geschichte offenbar wird durch den heiligen Geist, daß er nicht mehr so gleichgültig darüber hinwegsehen kann, sondern sie in der Tiefe seines Herzens bewegt und Nahrung daraus zieht, – der hat in solchem Glauben Vergebung seiner Sünden. Im Herzen muß es sich offenbaren, daß Jesus Christus, Gottes Lamm, wahrhaftig starb am Kreuzesstamm; wem dies klar ist im Herzen, der glaubt an den Sohn Gottes und hat in solchem Glauben Vergebung der Sünden.

Aber eben dieser Glaube wächst nicht auf unserm Grund und Boden; er will erbeten sein; er ist eine Gabe des Vaters, von dem alle gute und vollkommene Gabe kommt, ein Geschenk und eine Wirkung des Geistes, der Jesum verklärt. Wir können diese große Geschichte wissen; wir können die Wahrheiten, die darin liegen, in eine schlußmäßige Form bringen; wir können darüber vernünfteln und daran uns ärgern, wir können darüber stutzen und fluchen, – dies alles kann die Natur: aber wahrhaftig glauben an das Kreuz des Sohnes Gottes, das können wir nicht aus uns selbst; das ist eine Schöpfung des neugebärenden Geistes Jesu Christi selber. Und weil wir hierin so gar unmächtig und schwach sind, so tut es not, sich aufs Bitten zu legen und sich um nichts so sehr zu bekümmern, als daß in unseren armen Herzen der Glaube möchte gewirkt werden, weil wir ohne ihn arm, elend, blind, gnadenlos bleiben in Zeit und Ewigkeit.

Heilger Geist im Himmelsthrone,
gleicher Gott von Ewigkeit,
mit dem Vater und dem Sohne,
der Betrübten Trost und Freud‘!
Der du in mir angezünd’t,
so viel ich von Glauben find‘:
Über mir in Gnaden walte,
ferner deine Gab‘ erhalte!

Amen.

(Ludwig Hofacker)

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Die Welt / wenn sie will fromm und selig sein / schreiet aus der Vernunft / ohne Gottes Wort / gute Werk‘ / gute Werk‘ / Und erdichtet selbst ihr‘ gute Werk‘ / Gottes und Heiligen Dienst / Ablass / Orden / Regeln / damit sie g’nug tue für die Sünde / Gottes Gnade erwerbe / und das ewige Leben verdiene.

Richtet also an / nicht gute Werk‘ oder Gottesdienste / sondern eitel Abgötterei. Denn solchen Werkheiligen sagt Christus nicht alleine / Frustra colunt me 1) etc. Sondern auch / Discedite a me omnes, qui operamini iniquitatem, Id est, vos idolatrae, non Dei cultores, ut finxistis etc.

Aber an diese Gotteswerk‘ / oder gute Werk‘ will niemand / da wir glauben sollen an den Sohn Gottes / welchen der Vater uns gesandt und gegeben hat. Niemand will an den Mann / der da heisset Jesus Christus / durch welchen alles geschaffen ist / durch welch’s Blut der verlor’ne Mensch erlöset ist / ohne welchen keine Seligkeit ist / ohne welchen kein gut Werk für Gott ist.

Darumb, da die Kapernaiten2) / wie die ganze Welt / sprechen / Was sollen wir tun / dass wir Gottes Werk wirken? Antwort’t Jesus / Das ist Gottes Werk / dass ihr an Den glaubet / den Er gesandt hat.

Da weiset euch hin mein Vater mit dem Evangelio / da weiset euch hin die ganze heilige Schrift / Da kriegt ihr den heiligen Geist / da werdet ihr Kinder Gottes / gute Bäume / dass ihr könnet gute Früchte bringen / das ist / Gottes gehorsame Kinder werden / zu tun gute Werk / die Gott in seinen zehn Geboten uns befohlen hat / Ohne das wird nichts draus.

(Johannes Bugenhagen)

1) Aber vergeblich dienen sie mir, dieweil sie lehren solche Lehren, die nichts denn Menschengebote sind. (Matth. 15, 9)
2) Einwohner von Kapernaum

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Du sagst: »Wie kann es sein, daß so viele Sprüche und Verheißungen in der Bibel stehen, daß alle, die fromm sind und gute Werke tun, Lohn empfangen werden, wenn etwa gesagt wird, daß wir geben sollen und uns dann vergolten werden wird«? Hierauf antworte ich: »Es kommt einzig darauf an, daß man weiß, was es vor Gott bedeutet, fromm zu sein und gute Werke zu tun. Und darüber habe ich schon genügend gesprochen. Gewiß heißt es nicht, du könntest ankommen und sagen: ›Herr, dies und das habe ich getan, schreibe es an und belohne mich‹, sondern das sind wirklich fromme und gute Werke, daß du von Herzen sprichst: ›Herr, ich nehme all Deine Güter, Wohltaten und Gnaden als ein Sünder und verzweifelter Mensch an. Wo ich auch gehe und stehe – wenn Du nach Verdienst an mir handeltest –, habe ich ewige Strafe und das höllische Feuer verdient. Darum will ich weder auf meine Sünde noch auf meine Verdienste sehen, sondern allein auf Dein heiliges Wort und ernstes Gebot. Du gebietest und vermahnst, daß niemand jemals ein Werk vor Dich bringen kann, um etwas zu verdienen, sondern daß wir allein aus väterlicher Güte und Gnade Vergebung der Sünden und allerlei Gaben empfangen. O Gott, laß mich in diesem reinen und ungeheuchelten Glauben festbleiben.‹«

(Martin Luther)

Eingestellt am 22. April 2022 – Letzte Überarbeitung am 14. Juni 2022