Selig ist, wer sich nicht an mir ärgert!
Matth. 11, 6.
Ein abgestorb’ner Mensch, ob man ihm übel spricht,
Bleibt unbewegt. Warum? Die Toten hören nicht.
Gegen nichts zog der Herr so oft so ernstlich das Schwert, als gegen den Unglauben; und das mit gutem Grunde. Ist doch der Unglaube aller Sünden Quelle, des Satans Halseisen, der eherne Riegel vor der Himmelstür und die fürchterlichste Kette, womit der Mensch an das Reich der Finsternis geschmiedet ist. O, ein verabscheuungswürdiges Ding ist es um den Unglauben, von welcher Seite man ihn betrachten mag. Nur zerstören, untergraben, verfinstern kann er. Er löscht Sonne, Mond und Sterne aus. Er verschüttet die Lebensquellen. Er breitet nur Nacht und Tod um sich her, und gebiert nichts als Mißgestalt und Unheil. Die Welt wird ihm zu einem öden, fürchterlichen Raum, durch den keine Füße Gottes rauschen, wo keine Engel auf- und niedersteigen, keine lebendige Hand die Felder schmückt, die Vöglein speiset und die Begebenheiten ordnet, wo nur Maschine neben Maschine klappert; wo statt eines lebenden Odems ein totes Springfederwerk die Dinge in Bewegung setzt und kein unmittelbares Bekümmern der Liebe im Verborgenen waltet. Also in ein großes Totenhaus verwandelt er die Welt, und macht aus der Geschichte, diesem wundervollen Tatengewebe eines ewig waltenden Willens, ein planloses Zusammengewürfel von Zufälligkeiten, und aus dem Menschen, diesem Zögling eines allmächtigen Bildners, eine Kreatur, die keinen andern Regenten ihres Lebens habe, als das blinde Ohngefähr und sich selber; und aus dem Gebete einen Unsinn, eine nutzlose, überflüssige Ceremonie; aus der Bibel ein veraltetes Buch undenkbarer Märchen, aus der Kirche einen Schauplatz niedriger Leidenschaften; aus Christo einen Schwärmer oder Betrüger, und aus dem Himmel einen lächerlichen Traum und ein Hirngespinst. O wie arm und trostlos macht den Menschen der Unglaube! Wie verwüstet und leert er die Welt, die sichtbare und die unsichtbare, aus! Ach, ohne Glauben hat der Mensch keinen lebendigen Gott, keine Verheißung und keine Erfüllung, keinen Zusammenhang mit dem Geisterreich, keinen Christus und keine Erlösung! Darum selig ist, wer sich nicht an Christo ärgert; selig, wer glauben kann! Denn der Glaube erfaßt die Verheißung, und in der Verheißung die Allmacht Gottes, und hat nun Alles und kann nun Alles. Wohl dem Orte, der solcher Leute viele in sich birgt, das ist ihm besser, als wäre ein eherner Wall und eine Felsenmauer um ihn her gezogen! Gib mir denn Glauben, Herr: dann habe ich einen hoffnungsvollen Advent und eine gesegnete Weihnacht!
O Jesu, nimm Dich meiner an,
Führ stets mich auf des Glaubens Bahn,
Dich innig zu umfassen.
Du hast mich Dir erkauft mit Blut,
So will ich Dich, mein höchstes Gut,
Nie aus dem Herzen lassen.
Kleiner, reiner
Muß ich werden noch auf Erden,
Bis ich droben
Dich kann ohne Sünde loben.
Quelle: Morgenklänge aus Gottes Wort. Ein Erbauungsbuch auf alle Tage im Jahr. Von D. Friedrich Arndt, Prediger an der Parochialkirche zu Berlin. Erster Theil. Dreizehnte Auflage. J.C. Hinrich’sche Buchhandlung, Leipzig 1871. [Digitalisat]