1) Wie schön ist unsers Königs Braut,
Wenn man sie nur von ferne schaut;
Wie wird sie nicht so herrlich sein,
So bald sie völlig bricht herein?
Triumph! wir sehen dich, wir singen dir,
Wohl dem, der dich empfängt, du Himmels-Zier!
2) Sie ist schön ihrem Mann geschmückt,
Der ihr den Glanz entgegenschickt.
In solchem Zierrat fährt die Stadt
Herab, wenn sie die Zahl voll hat;
So wird der Himmel samt der Erd‘ verneut,
Die Kreatur von ihrer Last befreit.
3) Ich sehe schon im Geist zuvor,
Wie Gottes Hütte steigt empor:
Hier wohnt Gott selbst den menschen bei,
Sagt, ob dies Gottes Stadt nicht sei,
Der sein Jerusalem mit Lust bewohnt,
Und seinen Bürgern nur mit Liebe lohnt?
4) Hier gilt kein Weinen, kläglich tun,
Nun muß Geschrei und Schmerzen ruhn:
Was noch zur alten Welt gehört,
Ist ganz in Grund verstört, verkehrt.
Der auf dem Throne sitzt, verkündigt frei:
Seht, Lieben, wie mein Geist macht alles neu!
5) Die Braut des Lamms wird vor der Zeit
Hie’zu verwandelt und verneut:
Und so besitzt sie Gottes Ruhm,
Und bleibt des Königs Eigentum;
O güld’ner Stern, wie blitzt dein heller Strahl!
Wer weiß der auserwählten Bürger Zahl?
6) Die alte Sonne scheint da nicht,
Hie glänzet viel ein ander‘ Licht
Weil Gottes größte Herrlichkeit,
Des Lammes Leuchte, sie erfreut.
Drum geht der Heiden Fuß im Licht umher,
Hier mehrt der Kön’ge Ruhm des Königs Ehr.
7) Sie ist von purem Gold gebaut,
Und was man auf den Gassen schaut,
Ist als ein hell durchscheinend Glas,
Als sie der güld’ne Rohrstab maß.
Ihr Tempel ist der Herr und auch das Lamm,
Die Braut hat Tempels g’nug am Bräutigam.
8) Ich grüße dich, du güld’ne Stadt,
Die Tor von lauter Perlen hat!
Führ deine Mauern hoch hervor,
Sie heben deine Pracht empor.
Ich schau dich wohl, denn dich deckt keine Nacht.
O! daß ich schon längst wär‘ dahin gebracht!
9) Wie funkelt da der Gründe Schein!
Ein jeder ist ein Edelstein:
Wie blitzt der Engel hoher Glanz!
Er überstrahlt die Tore ganz.
Da kömmt kein Götzenknecht, kein Hurer ein,
Obschon die Tore stets eröffnet sein.
10) Wie freuet sich mein ganzer Sinn,
Daß ich schon eingeschrieben bin
In der verlobten Glieder Zahl,
Durch meines holden Königs Wahl!
Wie gerne mach ich mich mit nichts gemein,
Weil ich ein reines Glied der Braut will sein!
11) Drum überwind’t mein Glaube weit
Im Geist die alte Nichtigkeit,
Er wartet auf die neue Stadt,
Die lauter neue Sachen hat.
Im Blut des Lamms ererb‘ ich alles mit:
Das ist der Sieg, darum ich sehnlich bitt‘.
12) Ach! wund’re sich nur niemand nicht,
Daß ich nichts anders mehr verricht‘;
Die Braut kann doch sonst nirgends ruh’n,
Sie hat mit ihrem Schmuck zu tun.
Wer seinen Hochzeit-Tag schon vor sich sieht,
Der ist um andern Tand nicht mehr bemüht.
13) Wenn ich nun vollends umgekehrt,
Und klein als wie ein Kindlein werd,
So ist Jerusalem nun mein;
Denn solche Bürger müssen’s sein.
Da fahr ich dann zugleich mit ihr herab,
Und was ich sonst dabei für Ehre hab‘.
14) Nun ist das Alte völlig hin,
Das Neu‘ ist da, nach Geistes Sinn,
Willkommen, allerliebstes Lamm!
Komm ja fein bald, mein Bräutigam,
Triumph! Triumph! Triumph! Viktoria,
Und ewig ewiges Hallelujah!
Liedtext: Gottfried Arnold (1666-1714)
Lied Nr. 85, aus: Christliches Hausbüchlein. Von † Pfarrer Gottlob Baumann in Kemnat. Eine Sammlung meist alter, bewährter Gebete und Lieder, besonders über die Heilsordnung, 15. Auflage, Seite 123-125. Verlag der Evangelischen Gesellschaft, Färberstraße 2, Stuttgart 1910.
Wie schön ist unsers Königs Braut: Erstmals veröffentlicht 1698, Nr. 139 (Ehmann’s ed. 1856, p. 72, Knapp, 1845, S. 217), in 14 Strophen zu 6 Zeilen. Enthalten als Nr. 584 in Freylinghausens Geist-reiches Gesang-Buch, 1704/1706. Die Übersetzungen beginnen mit Strophe 10: „Wie freuet sich mein ganzer Sinn“ (1) – „I’m glad, yea, sinner — likely bold“, als Nr. 548 in Teil I. des Mährischen Gesangbuchs 1754. (2) – „How doth my needy soul rejoice“, als Nr. 882 im Mährischen Gesangbuch 1789. Im Jahr 1801 geändert in „How greatly doth my soul rejoice“ (1849, Nr. 1230).