Akasha-Chronik bezeichnet in Teilen der Esoterik, vor allem in der modernen oder anglo-indischen Theosophie und in der Anthroposophie, die deterministische Vorstellung von einem übersinnlichen „Buch des Lebens“ *, das in immaterieller Form ein allumfassendes Weltgedächtnis enthalten soll.
*) Diese Vorstellung hat mit dem in der Heiligen Schrift genannten Buch des Lebens nichts zu tun (Offb. 20, 15, Philipper 4, 3 und andere Stellen)
Es existieren auch ältere Vorstellungen eines solchen „Weltgedächtnisses“ (so im Neuplatonismus, in der christlichen Überlieferung [2] und in der vor-modernen Esoterik); der Begriff „Akasha-Chronik“ (engl. akashic records) ist in dieser Form jedoch modern-theosophischen Ursprungs. Im deutschen Sprachraum wurde er vor allem durch Rudolf Steiner (1861-1925) geläufig. Esoteriker und Okkultisten wie Steiner nahmen für sich in Anspruch, in der Akasha-Chronik „lesen“ zu können.
Etymologie
Der Begriff Akasha (Sanskrit: आकाश ākāśa, auch akascha, akasa und akaça; Pāḷi: ākāsa) steht für „Himmel“, „Raum“ oder „Äther“; in der hinduistischen Philosophie und im Ayurveda bezeichnet Akasha (‚Äther‘) neben Prithivi (‚Erde‘), Vata (‚Luft‘), Agni (‚Feuer‘) und Ap (‚Wasser‘) eines der fünf Elemente (vgl. Vaisheshika). Im Buddhismus findet sich ākāsa als Bezeichnung für den begrenzten Raum (ākāsa-dhātu) oder unbegrenzten Raum (ajatākāsa) [3, 4].
Begriffsgeschichte
Die Vorstellung eines Weltgedächtnisses hat in Europa eine lange Tradition und findet sich etwa bei Plotin (ca. 205–270), Marsilio Ficino (1433–1499) und Paracelsus (1493–1541) sowie in Ansätzen auch bei Agrippa von Nettesheim (1486–1535), Éliphas Lévi (1810–1875) und Eduard von Hartmann (1842–1906). Laut dem Indologen und Religionswissenschaftler Helmuth von Glasenapp ist sie originär abendländischen Ursprungs und – ungeachtet der Verwendung des Sanskrit-Wortes akasha – dem traditionellen indischen Denken fremd [5].
Helena Petrovna Blavatsky (1831–1891), Okkultistin und Begründerin der modernen Theosophie, sprach im ersten Band ihres 1877 erschienenen Werks Isis Unveiled („Isis entschleiert“) von „metaphysischen Tafeln“, „Daguerreotypen, auf dem Astrallicht gedruckt“, in die Aufzeichnungen „von allem was war, ist oder je sein wird“ eingeprägt seien und die „dem Auge des Sehers und Propheten als ein lebendes Bild hingestellt“ würden [6].
Die Verwendung der Bezeichnung „Akasha-Chronik“ (akashic records) ist erstmals nachgewiesen bei dem Theosophen Charles W. Leadbeater (1847–1934) in seiner 1899 publizierten Schrift Clairvoyance [7]. Unter anderen Bezeichnungen (etwa „Astralprojektionen“ oder „Astralvisionen“ waren Zugriffe auf ein imaginiertes Weltgedächtnis seit dem späten 19. Jahrhundert in der Theosophischen Gesellschaft und in ihrem Umfeld (Hermetic Order of the Golden Dawn) ein beliebter Gegenstand esoterischer Lehren [8].
Anthroposophie
Rudolf Steiner (1861–1925), damals Leiter der deutschen Sektion der Theosophischen Gesellschaft Adyar, verwendete den Begriff hauptsächlich in der zwischen 1904 und 1908 erschienenen Aufsatzserie Aus der Akasha-Chronik. Die damit verbundene Vorstellung, vergangene Ereignisse übersinnlich wahrnehmen zu können, blieb auch später wesentlich für sein Denken, etwa als „nach rückwärts gerichtete[r] hellseherische[r] Blick“ [9]. Das Berichten einiger faktischer Details betrachtete er als eine ergänzende Art dessen, was sich aus der „Akasha-Chronik-Forschung“ ergeben habe [10]. Vorrangig ging es ihm nicht um „äußere tatsächliche Geschichte“, sondern um das „Übersinnliche“ selbst [11].
Quelle:
Seite „Akasha-Chronik“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. Mai 2023, 19:41 UTC. (Abgerufen: 2. Juli 2023, 19:31 UTC)
Literatur
Empirische sowie biblisch-theologische Kritik der Akasha-Chronik:
Gassmann. Dr. Lothar: Artikel „Akasha/Akasha-Chronik„, in: Handbuch Orientierung, online-Ausgabe.
Gassmann, Dr. Lothar: Kleines Anthroposophie-Handbuch – Weleda, Demeter, Waldorfschulen, Esoterik, Eurythmie… – im Licht des christlichen Glaubens und der Bibel.