Prediger 12, 14

Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei gut oder böse. (Prediger 12, 14)

Der Prediger Salomonis ermahnt in diesem letzten Kapitel die Jugend zur frühen Gottesfurcht; denn sie sei die Zeit der Frische und der Kraft, welche empfänglicher mache für Gemeinschaft mit Gott und fähiger, Wechsel und Verlust des Zeitlichen würdig zu tragen. Er schildert die Beschwerden des Alters nach Erfahrung. Zuerst seine trübe Stimmung: der Lebenshimmel ist trübe und mit Wolken bedeckt (V. 2). Dann die Schwachheit der Hände und Füße; Kopf und Arme zittern, die Füße können die Last des Körpers kaum mehr tragen (V. 3); ─ den Mangel der Zähne: die Müller stehen müßig; ─ die Dunkelheit der Augen: die Gesichter werden finster durch die Augenlider; ─ die eingefallenen Lippen: die Türen nach der Gasse werden geschlossen (V. 4); – die schwere Aussprache: die Stimme wird leise; ─ die Schlaflosigkeit: Greise erwachen schon mit dem leisen Morgengesang der Vögel; ─ die Harthörigkeit: es erfreuen sie nicht mehr die Sängerinnen; ─ den Schwindel: sie scheuen sich vor den Anhöhen und fürchten sich vor jedem Wege (V. 5); ─ die weißen Haare, wie beim verblühenden Mandelbaum; ─ den krummen Rücken, wie bei der Heuschrecke, die im Frühlinge über breite Meere fliegt, aber im Herbste, wenn sie alt, fett und schwer geworden, hineinstürzt; ─ und die Verdrossenheit zu allen Dingen: es verliert sich endlich alle Lust und Begierde. Denn der Mensch geht in sein ewiges Haus, seinen Tod kündigen die an, die ihn auf den Straßen beklagen. Es hören endlich alle Lebensbedingungen, besonders das Atemholen, auf, wie beim Ziehbrunnen, wenn Rad, Eimer und Strick nicht mehr in gutem Stande sind (V. 6). Denn der Staub muß wieder zur Erde werden: wie demütigend! – aber der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat: wie tröstend und aufrichtend! (V. 7). –

Das Buch schließt mit der Nachweisung der Erfahrung und Weisheit seines Verfassers, daß seine Worte wahr und gefällig, auf Eingeben des h. Geistes geschrieben, Spieße, d.h. Leiter und Führer auf dem Lebenswege, wie Stachel, die das Zugtier leiten, und Nägel, die im Herzen haften, seien, und daß sie die Hauptsache des ganzen Lebens lehren, die Gottesfurcht innerlich und das Halten der Gebote äußerlich. Mögen sie auch uns das sein immer und ewiglich!

Amen.

(Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

Es ist aber nichts verborgen, das nicht offenbar werde, noch heimlich, das man nicht wissen werde. (Lukas 12, 2)

Und wie den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, darnach aber das Gericht; (Hebräer 4, 13)

Quelle: Glaubensstimme – Die Archive der Väter


Eingestellt am 17. Oktober 2021 – Letzte Überarbeitung am 5. Januar 2024