Oskar Brüsewitz (1929-1976)

Oskar Brüsewitz (* 30. Mai 1929 in Willkischken, Memelland; † 22. August 1976 in Halle an der Saale) war ein evangelischer Pfarrer, der mit seiner öffentlichen Selbstverbrennung im August 1976 in Zeitz mittelbar Einfluß auf die Kirche und spätere Opposition in der DDR genommen hat.

Leben und Tod

Oskar Brüsewitz wurde als drittes Kind einer armen Handwerkerfamilie nahe der Memel geboren. Nach der Volksschule begann er 1943 eine kaufmännische Lehre, die er 1944 wegen der Kriegsereignisse abbrechen mußte. Nach seiner Flucht in den Westen wurde er als Fünfzehnjähriger in Warschau der Wehrmacht eingegliedert. Ein Versuch zu desertieren schlug fehl. Gegen Ende des Krieges kam er in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Herbst 1945 in die Sowjetische Besatzungszone entlassen wurde.

Von 1945 bis 1947 absolvierte er beim Schuhmachermeister Max (Maximilian) Ogertschnig in der Töpfergasse 35 in Colditz eine Lehre als Schuhmacher mit anschließender Gesellenprüfung in Burgstädt bei Chemnitz, wo er mit seiner Mutter lebte, und siedelte nach der Gesellenprüfung nach Melle bei Osnabrück über. Hier eröffnete er eine Schuhmacherwerkstatt und legte 1951 die Schuhmachermeisterprüfung ab. Im selben Jahr heiratete Brüsewitz und zog nach Hildesheim, 1952 wurde Tochter Renate geboren. Die Ehe wurde bereits 1954 geschieden [1].

Gedenktafel in Markkleeberg

1954 zog Brüsewitz unter dem Eindruck des Scheiterns seiner Ehe fluchtartig nach Weißenfels in die DDR und bekehrte sich dort durch den Einfluß seiner Gastfamilie zum Christentum. Kurz darauf bewarb er sich an der Predigerschule Wittenberg, mußte aber wegen einer schweren psychosomatischen Erkrankung die Ausbildung abbrechen. Nach einer Kur ging Brüsewitz nach Leipzig. Hier lernte er Christa Rohland kennen. Nachdem er in Markkleeberg eine Schuhmacherwerkstatt eröffnet hatte [2], heirateten sie Ende 1955. Im folgenden Jahr wurde ihr Sohn Matthias geboren, der 1969 krankheitsbedingt verstarb. 1958 kam ihre Tochter Esther auf die Welt; sie ist heute Pfarrvikarin in Döschnitz [3, 4]. In Leipzig nahm Brüsewitz rege am Gemeindeleben teil.

Nach erneuter Krankheit zog die Familie 1960 nach Weißensee (Thüringen), wo Tochter Dorothea geboren wurde und Brüsewitz weiter als selbstständiger Schuhmacher und – nach der Überführung des Geschäfts in die PGH Schuhmacher mit Sitz in Sömmerda – als Zweigstellenleiter arbeitete. Auch in Weißensee nahm Brüsewitz aktiv am Gemeindeleben teil, beteiligte sich an der Jugendarbeit und organisierte die Evangelisationsarbeit im Kirchenkreis Sömmerda. Besonders seine ungewöhnlichen Werbeaktionen für die Evangelisationen verursachten Konflikte, nicht nur mit Staatsvertretern, sondern auch mit Mitgliedern des Gemeindekirchenrates, dem auch er angehörte.

Von 1964 bis 1969 besuchte er die Predigerschule in Erfurt. 1970 in Wernigerode ordiniert, wurde Brüsewitz anschließend evangelisch-lutherischer Pfarrer in Rippicha im Kreis Zeitz. Seine Jugendarbeit und symbolische Protestaktionen zogen sowohl positive Resonanz als auch rigide staatliche Repression nach sich. Zum Beispiel konterte der streitbare Pfarrer den SED-Slogan „Ohne Gott und Sonnenschein fahren wir die Ernte ein“ mit der auf einem Plakat aufgemalten Aussage „Ohne Regen, ohne Gott geht die ganze Welt bankrott“.[5] Die Anbringung eines Kreuzes aus Leuchtstoffröhren an seiner Kirche machte ihn einerseits beliebt und führte zu beispiellosem Kirchenbesuch in seiner Gemeinde, beschwor aber andererseits zunehmend Konflikte mit staatlichen Stellen. Zudem lehnten ihn einige der Amtsbrüder wegen seiner unkonventionellen Methoden ab. 1976 legte die Kirchenleitung Brüsewitz nahe, einem Pfarrstellenwechsel zuzustimmen [6] bzw. eine Übersiedlung in den Westen nahe [7].

Am 18. August 1976 stellte er vor der Michaeliskirche in Zeitz zwei Plakate auf das Dach seines Autos, auf denen er den Kommunismus anklagte:

„Funkspruch an alle – Funkspruch an alle – Wir klagen den Kommunismus an wegen Unterdrückung der Kirchen in Schulen an Kindern und Jugendlichen“

„Funkspruch an alle – Funkspruch an alle – Die Kirche in der DDR klagt den Kommunismus an! Wegen Unterdrückung der Kirchen in Schulen an Kindern und Jugendlichen“ [8]

Anschließend übergoß er sich mit Benzin und zündete sich an. Die Aktion dauerte nur kurz; die Plakate wurden rasch von Staatssicherheitsmitarbeitern weggerissen und der schwer verletzte Brüsewitz anschließend abtransportiert. Am 22. August 1976 erlag er den Verbrennungen im Bezirkskrankenhaus Halle-Dölau, ohne daß ihn seine Familie besuchen durfte. Dem Chefarzt sagte er noch vor seinem Tod, daß seine Tat eine „politische Aktion“ gewesen sei [9].

In seinem Abschiedsbrief betonte Brüsewitz, nicht Selbstmord begangen, sondern als berufener Zeuge einen Sendungsauftrag erfüllt zu haben. Er klagte über den „scheinbaren tiefen Frieden, der auch in die Christenheit eingedrungen“ sei, während „zwischen Licht und Finsternis ein mächtiger Krieg“ tobe. Er betonte auch, daß seine Vergangenheit des Ruhmes nicht wert“ sei – vermutlich eine Anspielung auf seine Scheidung und seinen fluchtartigen Wegzug von seiner ersten Frau und von seiner Tochter Renate [10].

Am 26. August 1976 wurde Oskar Brüsewitz in Rippicha beerdigt, sein Grab befindet sich hinter der Kirche Rippicha auf dem Friedhof. Trotz unterbliebener Veröffentlichung des Termins der Beisetzung erschienen rund 400 Personen aus allen Teilen der DDR. Die Trauerfeier für Oskar Brüsewitz stand unter scharfer Beobachtung. Die Zufahrtswege nach Rippicha wurden an diesem Tag von der Volkspolizei und zivilen Kräften der DDR-Staatssicherheit überwacht. Kritische Auslandsberichterstattung sollte vermieden werden. Dennoch fanden sich an diesem Tag Pressevertreter aus dem Westen in Rippicha ein. Unter den Teilnehmern waren neben der Familie u. a. zahlreiche evangelische und katholische Pfarrer, Manfred Stolpe und Probst Friedrich Wilhelm Bäumer, der auch die letzten Worte* [11] für Oskar Brüsewitz sprach [12].

*) Der Wortlaut der Predigt ist abgedruckt bei Müller-Enbergs, Helmut: Das Zusammenspiel von Staatssicherheit und SED nach der Selbstverbrennung des Pfarrers Oskar Brüsewitz aus Rippicha am 18. August 1976. Berlin 1993 (Text online im Web Archive)

Reaktionen auf Brüsewitz’ Selbstverbrennung

Michaeliskirche in Zeitz mit Gedenksäule

Staatliche Stellen versuchten zunächst mit allen Mitteln, die Geschehnisse in Zeitz zu verschweigen. Als jedoch am 20. August 1976 Rundfunk und Fernsehen der Bundesrepublik Deutschland über die Selbstverbrennung berichteten, erschien einen Tag später auch in den Zeitungen der DDR eine Mitteilung über die Selbstverbrennung. Sie stellte Brüsewitz’ Signal als Tat eines Psychopathen dar. Das Neue Deutschland brachte am 31. August 1976 unter dem Titel Du sollst nicht falsch Zeugnis reden einen verleumderischen Bericht mit der Behauptung, die Selbstverbrennung sei die Tat eines krankhaft veranlagten Menschen, der „nicht alle fünf Sinne beisammen“ habe. Ähnliches war im Zentralorgan der DDR-CDU Neue Zeit zu lesen [13]. Die Stasi beobachtete die Reaktionen auf die Selbstverbrennung genau und sollte dabei helfen, unliebsame Äußerungen zu unterbinden [14].

Die Kirchenleitung der DDR erarbeitete ein „Wort an die Gemeinden“, das am 22. August 1976 in vielen Gottesdiensten verlesen wurde und zur Fürbitte aufrief. Es distanzierte sich von den diffamierenden Darstellungen in den DDR-Medien, jedoch auch von Versuchen, „das Geschehen in Zeitz zur Propaganda gegen die Deutsche Demokratische Republik zu benutzen“ [15].

Gedenktafel an Oskar Brüsewitz vor der Michaeliskirche in Zeitz

Zugleich löste Brüsewitz’ Tat eine DDR-weite Solidarisierung aus. Nicht allein für die evangelische Kirche in der DDR führte sie zu einer neuen Standortbestimmung. Der Liedermacher Wolf Biermann trat am 11. September 1976 nach elf Jahren Berufsverbot in der Prenzlauer Nikolaikirche auf und bezeichnete Brüsewitz’ Selbsttötung als „Republikflucht in den Tod“ [16]. „35 junge Marxisten“, darunter die Liedermacherin Bettina Wegner und der Schriftsteller Klaus Schlesinger, wandten sich in einem Protestschreiben an das ZK der SED und sprachen sich gegen die verunglimpfende Beschimpfung von Brüsewitz in den Medien aus [17]. Der Konflikt, der sich anfangs zwischen Kirchen und Regierungsvertretern abgespielt hatte, wurde zum Kulminationspunkt in der Opposition: Marxisten und Kirchen gelangten zu einem Schulterschluß. Als zwei Monate später Wolf Biermann ausgebürgert wurde, sah sich die DDR-Regierung einer breiten Opposition gegenüber, die zu einer der Wurzeln der Wende 1989 wurde. Der damalige Oberkirchenrat Stolpe verkannte damals, was er 2006 so formulierte: „Oskar Brüsewitz war ein Vorbote des Systemwechsels“ [18].

Zum 30. Todestag 2006 entschuldigte sich das Neue Deutschland förmlich für den damaligen Artikel, der „in einem der zahlreichen Büros des Zentralkomitees der Partei“ entstanden sei und den es als „üble Verleumdung“ bezeichnete [19]. Darüber hinaus veröffentlichte es eine Auswahl aus kritischen Leserbriefen von DDR-Bürgern, die 1976 zu Tausenden bei der Zeitung eingegangen, aber nicht veröffentlicht worden waren [20].

Die Protestaktion des Oskar Brüsewitz wird auch als das „Fanal von Zeitz“ bezeichnet.

Literatur

Film

  • Der Störenfried – Ermittlungen zu Oskar Brüsewitz, 1992, Buch und Regie Thomas Frickel

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Renate Brüsewitz-Fecht: Das Kreuz und die Flamme. Halle 2009, ISBN 978-3-86634-697-0 (autobiographisch).
  2. Heute erinnert eine von der Stadt angebrachte Tafel am Gebäude Städtelner Straße 3 an den „unbequemen“ Pfarrer.
  3. Gedenken an Selbstverbrennung von Pfarrer Brüsewitz. In: idea.de. 19. August 2021, abgerufen am 4. September 2021.
  4. Pfarrbereich Döschnitz – Einrichtungen/Gemeinden
  5. Daniel Hauser: Märtyrer der DDR Oskar Brüsewitz. In: Domradio. 30. Mai 2016, archiviert vom Original am 14. August 2016; abgerufen am 6. September 2021.
  6. Kathrin Mileta: Leben und Wirken von Oskar Brüsewitz. (pdf; 170 kB) In: stiftung-aufarbeitung.de. 7. Juli 2006, S. 12, archiviert vom Original am 28. November 2010; abgerufen am 21. August 2016.
  7. Kirche: „Ich opfere mich“. In: Der Spiegel. 12/1993, 21. März 1993, S. 94–101, abgerufen am 6. September 2021.
    Bericht zum demonstrativen Suicid-Versuch in Verbindung mit staatsfeindlichen Handlungen am 18.08.76 in Zeitz. 18. August 1976, abgerufen am 6. September 2021 (wiedergegeben in der Stasi-Mediathek).
  8. Matthias Judt (Hrsg.): DDR-Geschichte in Dokumenten: Beschlüsse, Berichte, interne Materialien und Alltagszeugnisse. Ch. Links Verlag, Berlin, 1997, ISBN 3-86153-142-9, S. 411.
  9. Fotos vom Ort der Selbstverbrennung von Pfarrer Brüsewitz. Abgerufen am 6. September 2021 (wiedergegeben in der Stasi-Mediathek).
    Lageskizze zum Suicidversuch des Pfarrers Brüsewitz Oskar am 18.08.76 im Stadtzentrum Zeitz. Abgerufen am 6. September 2021 (wiedergegeben in der Stasi-Mediathek).
    Bericht zur Selbstverbrennung von Pfarrer Oskar Brüsewitz in Zeitz. Abgerufen am 6. September 2021 (wiedergegeben in der Stasi-Mediathek).
  10. Oskar Brüsewitz: An die Schwestern u. Brüder des Kirchenkreises Zeitz. Abgerufen am 6. September 2021 (Abschiedsbrief; wiedergegeben in der Stasi-Mediathek).
  11. Trauerpredigt von Propst Friedrich Wilhelm Bäumer. (pdf; 48 kB) 26. August 1976, abgerufen am 6. September 2021 (wiedergegeben auf ekmd.de).
  12. Kathrin Mileta: Leben und Wirken von Oskar Brüsewitz. (pdf; 170 kB) In: stiftung-aufarbeitung.de. 7. Juli 2006, S. 15, archiviert vom Original am 28. November 2010; abgerufen am 21. August 2016.
    Anlagekarten zum Bericht über die Beisetzung des Pfarrers Brüsewitz. Abgerufen am 6. September 2021 (Fotos der Beisetzung; wiedergegeben in der Stasi-Mediathek).
    Bericht zum demonstrativen Suicid-Versuch in Verbindung mit staatsfeindlichen Handlungen am 18.08.76 in Zeitz. 18. August 1976, S. 5–8, abgerufen am 6. September 2021 (Biografie; wiedergegeben in der Stasi-Mediathek).
  13. Sylvia Conradt: Signal aus Zeitz – Vor 30 Jahren beging der Pfarrer Oskar Brüsewitz Selbstmord. In: Deutschlandfunk-Sendung „Kalenderblatt“. 16. August 2006, abgerufen am 6. Oktober 2021.
  14. Bericht zur Selbstverbrennung von Pfarrer Oskar Brüsewitz in Zeitz. (pdf; 4,5 MB) In: stasi-mediathek.de. Abgerufen am 6. Oktober 2021 (interne Informationen der Stasi über die Selbstverbrennung von Oskar Brüsewitz, die staatlichen und oppositionellen Reaktionen und Maßnahmen zur Unterbindung von Kritik an der DDR).
  15. Harald Schultze: Das Signal von Zeitz. S. 169.
  16. Dokument 55: Wolf Biermann in der Nikolaikirche Prenzlau, 11. September 1976. In: Harald Schultze u. a. (Hrsg.): Das Signal von Zeitz. S. 264–267. Wolf Biermanns Bericht von dem Konzert wurde von seiner Mutter in Hamburg an den „Spiegel“ weitergeleitet.
  17. Dokument 56: 35 junge Marxisten an Erich Honecker, 14. September 1976. In: Harald Schultze u. a. (Hrsg.): Das Signal von Zeitz. S. 268–270.
  18. Gernot Facius: Der Fall Oskar Brüsewitz. In: Die Welt. 18. August 2006, abgerufen am 4. September 2021.
  19. Karlen Vesper: DDR- und ND-Geschichte: „Er hat uns alle überrascht …“ In: Neues Deutschland. 12. August 2006, S. 24, abgerufen am 6. Oktober 2021 (Interview mit Dieter Ziebarth, einem Freund Brüsewitz’, der der Familie die Nachricht von der Verbrennung überbracht hatte).
  20. Warum dieser Hass? Reaktionen auf einen Artikel im ND. In: Neues Deutschland, 12. August 2006, S. 24.
Quelle: Seite Oskar Brüsewitz, in Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 10. Juli 2021, 19:50 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Oskar_Br%C3%BCsewitz&oldid=235560058 (Abgerufen: 27. Juli 2021, 12:12 UTC)
Bildquellen:
Kirche Rippicha: Ghostwriter123, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Gedenktafel in Markkleeburg: Leppus, CC0, via Wikimedia Commons
Michaeliskirche in Zeitz mit Gedenksäule: I, Michael Sander, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Gedenktafel an Oskar Brüsewitz vor der Michaeliskirche in Zeitz: Dr. Benedikt Vallendar, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Weblinks und Verweise

Allein gegen die DDR: Die Selbstverbrennung von Pfarrer Oskar Brüsewitz. Von Carsten Dippel, Deutschlandfunk (vom 25.08.2018)

Die Angst vor dem toten Landpfarrer. In: Horch und Guck, Heft 19 (2/96), S. 1-32

Ich werde dann gehen…: Erinnerungen an Oskar Brüsewitz. Robert-Havemann-Gesellschaft e.V.; Hrsg. von Karsten Krampitz. Evang. Verl.-Anst., Leipzig, 2006

Richter, Alexander: Der Fall Brüsewitz – Lebensstationen 1929-1964. Erste Auflage, Originalausgabe. Taschenbuchverlag firstminute. ISBN: 978-3-932805-78-3

Matthies, Helmut: Der Krieg zwischen Wahrheit und Lüge. Artikel in IDEA, online-Ausgabe vom 18. August 2023 (47. Jahrestag der Selbstverbrennung von Pfarrer Oskar Brüsewitz)

Trauerpredigt für Oskar Brüsewitz, von Propst Friedrich Wilhelm Bäumer (26.08.1976, im Web Archive)

Predigttext: Offenbarung 1, 17.18

Jesus Christus spricht: „Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel der Hölle und des Todes.“

Auszug:

Liebe trauernde Angehörige, liebe Trauergemeinde!
Für uns alle, die wir uns heute hier zusammengefunden haben, bekommt dieses Wort aus dem letzten Buch der Bibel eine unerhörte Bedeutung. Es stellt uns mit all den Gedanken, die uns bewegen, seitdem wir von der Tat unsers Bruders erfahren haben, vor den einen hin, der sagen kann: Ich bin der Erste und der Letzte! Es stellt uns vor ihn hin mit dem Gewicht eines Zeugnisses, das weder von den Jahrhunderten Menschheitsgeschichte noch von den Augenblicken einer einzigen Menschenerfahrung angetastet werden durfte. Das Unerhörte daran ist, daß all unser Leben und Sterben nicht mehr irgendwoher kommt und irgendwohin geht, sondern daß es immer schon einen hinter sich hat, der um die Herkunft weiß und einen vor sich hat, der das Ziel kennt, den einen, lebendigen Herrn. So sind wir heute unter dem Eindruck dieses erschütternden, unfaßlichen Lebensendes unseres Bruders dennoch nicht hinausgeworfen in eine bodenlose Ausweglosigkeit und in eine grenzenlose Sinnlosigkeit, aufgerissen durch den Widerstreit unserer Empfindungen. Aber wir sind allerdings ganz auf Ihn geworfen, der in seinem Wort zu uns spricht und der hinter unserer bodenlosen Ausweglosigkeit und grenzenlosen Sinnlosigkeit die Spur erkennen kann, die zum Ziel führt. Ich weiß, daß unser Bruder für Ihn leben wollte. Darum müssen wir mit Ihm rechnen und müssen uns Ihm stellen, wenn wir heute unserem Bruder den letzten Dienst zu tun haben.

Eingestellt am 27. Juli 2021 – Letzte Überarbeitung am 18. August 2023