Standfest im Sog der Zeit (Johannes Pflaum)

Petrus warnt vor der Gefahr der Verführung in der Endzeit und zeigt, wie wir ihr widerstehen können:

1. Wir bleiben standfest, indem wir uns nach der Wiederkunft des Herrn ausstrecken.
2. Wir bleiben standfest, indem wir uns für Gott absondern.
3. Wir bleiben standfest durch die Langmut Gottes, die uns hält.
4. Wir bleiben standfest, indem wir in der Gnade und Erkenntnis Jesu Christi
wachsen.

– Eine Darlegung über 2. Petrus 3, 1-18.

Die Eigernordwand im Berner Oberland ist weltbekannt. Sie gehört zu den schwierigsten Bergwänden der Alpen. Bis heute haben dort über 70 Bergsteiger ihr Leben gelassen. Aufgrund der zahlreichen Tragödien wurde sie auch als Mordwand bezeichnet.

Am 21. Juli 1967 kam es zur Tragödie mit der bisher höchsten Opferzahl am Eiger. Damals war die Kletternationalmannschaft der DDR mit einer Viererseilschaft in die Wand eingestiegen. Kurz zuvor hatten die Männer trotz schlechter Verhältnisse die Matterhorn-
Nordwand erfolgreich durchklettert. Durch die Fernrohre wurde das Können der jungen Sachsen in der Eigerwand bewundert. Natürlich wollte das Politbüro der SED eine erfolgreiche Durchsteigung ideologisch ausschlachten. Und dann kam es zur Tragödie.

Die vier Kletterer wurden ein letztes Mal gesichtet und stürzten kurz darauf tödlich ab. Die Absturzursache konnte nie geklärt werden. Wahrscheinlich wurde das Unglück durch einen Steinschlag ausgelöst. Laut einem Bericht war die Viererseilschaft nicht zusätzlich
gesichert. So geschah es wohl, daß nach dem Sturz des ersten einer nach dem anderen durch das Verbindungsseil mit in die Tiefe gerissen wurde.

In seinem zweiten Brief spricht Petrus von den letztzeitlichen Entwicklungen vor der Wiederkunft Jesu. Er zeigt in den Kapiteln 2 und 3 auf, welche Verführung sich damit zu entfalten beginnt und wie am Ende alle moralischen Dämme brechen. Paulus spricht in 2. Thessalonicher 2 von dem Abfall, von der großen Los-von-Gott-Bewegung. Ein weiteres Zeichen dieser letztzeitlichen Entwicklungen ist auch die Verschiebung der Wiederkunft Jesu auf den Sankt-Nimmerleinstag. Davon spricht wiederum Petrus.

Unabhängig davon, an welcher Stelle wir die Entrückung in der Abfolge der
letztzeitlichen Ereignisse einordnen, macht Petrus deutlich, daß diese Entwicklungen
bis in die Gemeinde Jesu hinein reichen. Denken wir noch einmal an die Nordwand-Tragödie. Nachdem der erste der Seilschaft abstürzte, wurde innerhalb weniger Sekunden ein Kletterer nach dem anderen aus seinem Stand mit in die Tiefe gerissen. Genau
davor warnt uns Petrus.

Albrecht übersetzt: «Ihr nun, meine Lieben, seid vorher gewarnt worden! So gebt denn Acht, daß ihr nicht durch die Verführung der ruchlosen Menschen mit fortgerissen werdet und aus eurem festen Glaubensstand fallet!» (2. Petr 3, 17).

Das ist eine ernste Warnung. Hüten wir uns auf der einen Seite vor dieser verkehrten Gnadenlehre, die das Erbarmen Gottes mit einem Freifahrschein für die Sünde verwechselt. Der Herr möge uns auch vor Selbstsicherheit bewahren, die meint, daß uns die Gefahr der Verführung nichts anhaben kann und daß wir mit unserer Frömmigkeit
und Theologie die Dinge schon im Griff haben. – So, wie diese vier Männer damals von ihrem eigenen Können überzeugt waren und auf eine notwendige Sicherung verzichteten.

Auf der anderen Seite sollen wir aber auch nicht vor Furcht erstarren. Leider gibt es Jesusnachfolger, die sich nur noch mit der Verführung und Finsternis in allen Facetten
beschäftigen. Da kollabiert das geistliche Leben irgendwann. Nachdem Petrus die Gefahren aufgezeigt hat, gibt er klare Anweisungen, wie wir standfest durch diese dunkle Zeit kommen können.

Standfest durch die Ausrichtung

In 2. Petrus 3, 7.10 erklärt der Apostel, daß diese erste Schöpfung am Tag des Gerichts vergehen wird. Daß es dabei nicht nur um theoretisches Kopfwissen geht, macht Vers 11 deutlich: «Da nun dies alles aufgelöst wird, wie sehr solltet solltet ihr euch auszeichnen durch heiligen Wandel und Gottesfurcht». Das Wissen um die Wiederkunft Jesu und das Ende dieser Schöpfung muß sich im Leben praktisch auswirken. Nur dann haben wir lebendigen Glauben. Nur so können wir standfest bleiben.

Die Erwartung der Wiederkunft Jesu und der kommenden Neuschöpfung soll sich in unserer praktischen Nachfolge niederschlagen. Petrus faßt in den Versen 12 und 13 mehrere Ereignisse zusammen. Er spricht vom Tag Gottes. An anderen Stellen ist vom Tag des Herrn die Rede. Dieser Tag umfaßt die Ereignisse von der Zeit der großen
Trübsal und der damit verbundenen Wiederkunft Jesu bis zum Endgericht, nach dem Tausendjährigen Reich, wenn der erste Himmel und die erste Erde im Gericht Gottes untergehen. Dieses Endgericht steht in den Versen 11 und 12 zunächst im Vordergrund.

Alles, was wir auf dieser Erde haben, wird eines Tages aufgelöst werden. Kein Gebäude, kein Gebirge, kein Meer, auch keine verwüstete Erde, nichts wird von alldem übrig bleiben. Es geht aber nicht bloß darum, daß wir das wissen. Petrus sagt, daß wir das Kommen des Tages Gottes erwarten sollen. Es gibt ja unterschiedliche Formen von «Erwarten». Hier geht es um das aktive, freudige Erwarten dessen, was kommt. Eine Erwartung, die Auswirkungen hat. Als Kind freute ich mich im Herbst immer auf die Adventszeit und Weihnachten. Unsere Eltern verbanden einen schönen äußeren Rahmen mit gutem Inhalt. Dann wollten die Wochen vor Weihnachten immer nur so langsam
rumgehen. Auch der bekannte Trick, am Adventskalender zwei Fensterchen zu öffnen, ließ die Zeit nicht schneller laufen. Zudem überlegte man sich, was man selbst zu Weihnachten bekommen würde und was man den Eltern schenken könnte. Zunächst waren das noch selbst gebastelte Sachen. In Vorfreude und Erwartung von Weihnachten war ich als Kind manchmal schon Wochen vorher mit meinen Geschenken fertig.

Die Adventssonntage wurden gezählt, bis es am 24. Dezember endlich soweit war. Je näher der Tag kam, umso größer wurde die Vorfreude, und anderes war unwichtig. So sollen wir das Kommen des Tages Gottes erwarten. Unser praktisches Leben heute soll auf diesen Tag hin ausgerichtet sein, damit wir uns freuen, wenn der Herr kommt, und wir nicht auf dem bekannten falschen Fuß erwischt werden.

Warren Wiersbe schrieb dazu: «Das Ziel prophetischer Wahrheit ist nicht Spekulation, sondern Motivation. Daher beendet Petrus seinen Brief mit der Art der praktischen Anweisung, die wir alle beachten müssen. Es ist schade, wenn Menschen von einer prophetischen Konferenz zur nächsten rennen, ihre Notizbücher füllen, in ihren Bibeln
Texte markieren, Diagramme malen und dennoch nicht zur Ehre Gottes leben.»

Diesen Tag erwarten heißt, daß wir unser Leben auf den Herrn ausrichten. Wir können den Tag sogar beschleunigen oder ihm entgegeneilen. Im Grundtext steht ein Wort, dessen Sinn wir uns gut merken können: speudõ. Denken wir an Speed = Geschwindigkeit. Wir sollen also Geschwindigkeit aufnehmen. Was heißt das praktisch?

Wir sind auf diesen Tag ausgerichtet und lassen uns weder von einer Weltverbesserungseuphorie noch von der Weltuntergangsstimmung mitreißen. Unser Herr kommt – das ist das große Licht am Ende des Tunnels. Es kann noch eng und beklemmend werden, aber wir gehen ihm entgegen. Zu diesem Entgegeneilen gehört auch das Anliegen der Mission und Evangelisation. Wir kapseln uns nicht auf einer frommen
Wohlfühlinsel ab, sondern haben das Anliegen, daß Menschen errettet werden, bevor es zu spät ist. Und wir beten um die Wiederkunft Jesu. Das klingt auch in 2. Petrus 3, 13 an:

«Wir erwarten nach der Verheißung neue Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt.»

In Jesaja 65, 17 wird auch der neue Himmel und die neue Erde erwähnt, doch dann wird das messianische Königreich auf Erden beschrieben. Das Tausendjährige Reich ist wie ein
Bindeglied zur Neuschöpfung aus Offenbarung 21 und 22. Das heißt: Nach seiner Wiederkunft wird Jesus zunächst auf dieser Erde in Gerechtigkeit richten und herrschen.

Wenn wir erkennen, wie die Finsternis und das Böse am Ende ausreifen, dann soll uns das auch dazu bringen, um die Wiederkunft Jesu zu beten, damit nach aller Finsternis der
Menschheitsgeschichte sein heller Tag und sein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit hereinbrechen. In 2. Petrus 2, 7 ist von dem Gerechten Lot die Rede, dessen Seele durch den zügellosen Lebenswandel in Sodom und Gomorra Tag und Nacht gequält wurde.

Normalerweise sehen wir den geistlichen Seiltänzer Lot nicht unbedingt als großes Glaubensvorbild. Ich fürchte aber, daß er uns diesbezüglich voraus ist. Wir wissen zwar um die ganzen moralischen Dammbrüche, aber uns geht es ja noch so gut. Leiden wir wirklich, wenn wir an die Abtreibungspraxis denken oder an die alles zerstörende
Kraft sexualethischer Auflösungserscheinungen?

Denken wir an den Krieg in der Ukraine und an solche Grauen in anderen Ländern. Oder an das regelrechte Zerbröseln der geistlichen Substanz in der westlichen Christenheit. Das alles soll uns dazu bringen, um die Wiederkunft Jesu zu beten und seinen Tag herbeizusehnen. Er wird Gerechtigkeit schaffen und die Sünde richten. In der Neuschöpfung gibt es keine Sünde mehr, sondern nur noch göttliche Gerechtigkeit.

Standfest durch Absonderung

Zum Begriff der Absonderung möchte ich auf zwei Gefahren hinweisen. Die einen heulen schon auf, wenn sie das Wort nur hören. Für sie ist es wichtig, dazuzugehören, für das christlich-soziale Engagement anerkannt zu werden und als ein wertvoller Bestandteil der
Gesellschaft zu gelten. So möchten einige möglichst gesellschaftsrelevant auftreten und alles am Evangelium glattbügeln, damit sich niemand mehr daran stoßen kann.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch eine falsche Absonderung. Da kristallisiert sich dann ein frommer Individualismus heraus. Keine bibelgebundene Gemeinde entspricht
mehr den eigenen Vorstellungen und Erwartungen. Stattdessen ist man nur noch mit den eigenen Erkenntnissen beschäftigt und meint, sich durch das Internet mit frommen Delikatessen vollständig ernähren zu können. In Sprüche 18, 1 lesen wir: «Wer sich absondert, der sucht, was ihn gelüstet, und wehrt sich gegen alles, was heilsam
ist.»

Diese eigenwillige Absonderung ist hier nicht gemeint. Petrus schreibt, daß wir uns angesichts des kommenden Gerichts durch einen heiligen Wandel und durch Gottesfurcht auszeichnen sollen. Heiliger Wandel bedeutet, abgesondert für den lebendigen Gott
zu leben. Ihm gehören wir. Es geht um seinen Willen und um seine Ehre. Das ist untrennbar mit der Gottesfurcht verbunden.

Den Herrn zu fürchten, heißt, daß er vor und über allem steht. Wir fürchten ihn mehr als die Menschen und den Mainstream, der uns umgibt. Und wir weigern uns, sein Wort in eine religiöse Gummimasse umzufunktionieren, die sich beliebig im Kontext des gesellschaftlichen Umfelds dehnen oder zusammendrücken läßt. 2. Petrus 3, 17 spricht ja von der Verführung der Frevler und der Gefahr, dadurch selbst aus dem festen Stand gerissen zu werden. Die Revidierte Elberfelder übersetzt mit «Irrwahn» und die revidierte Menge 2020 mit «Verirrung». Der Begriff im Grundtext (pláne) meint nicht ein zufälliges oder unschuldiges Verirren, sondern eine bewußte Irreführung. Wir finden ihn auch am Ende von Römer 1, 27 im Zusammenhang mit der gleichgeschlechtlichen Sexualität.

Alles, was uns der 2. Petrusbrief als Verführung aufzeigt, ist vom Ursprung her eine bewußte Irreführung, die wir in ihrem Sog nicht unterschätzen dürfen. Dazu gehört die Dekonstruktion einer bibelgebundenen Ethik und auch der Bibel selbst als die ewig gültige, fehler- und irrtumslose Offenbarung Gottes.

Die Alternative dazu ist ein heiliger Wandel in Gottesfurcht. Es geht darum, vor dem Herrn zu stehen und unser Denken und Handeln von seinem Wort bestimmen zu lassen. Sünde gab es zu jeder Zeit, auch ein heimliches Liebäugeln mit derselben. Der Unterschied zu heute ist aber, daß die Selbstsucht des Menschen – und damit verbunden die Begierden – als höchstes Ideal dargestellt werden. Um das zu rechtfertigen, werden in manchen christlichen Kreisen auch Bibelstellen aus ihrem Zusammenhang gerissen oder umgedeutet. 2. Petrus 3, 15 spricht davon, wie die Bibel zum eigenen Verderben verdreht
wird. Der Ausdruck ist sehr deutlich. Es geht um ein Verderben im Sinn der Verlorenheit.

Eine kleine Anmerkung: Petrus bezeichnet die Briefe des Paulus hier mit demselben Begriff, der auch für das Alte Testament verwendet wird. Damit macht er deutlich, daß die Schriften des Paulus genauso göttliche Autorität haben. Es besteht auch die Gefahr, daß wir durch Menschen mitgerissen werden.

Eltern können unter den Wegen ihrer Kinder furchtbar leiden. Wir sollen unsere Kinder lieben, egal, wie weit sie sich von Gott entfernt haben. Das gilt in Bezug auf alle Menschen, unabhängig davon, wie sie leben. Uns hat der Herr auch geliebt, obwohl wir verlorene Sünder waren. Die Gefahr ist aber groß, dass sich aus einer falsch verstandenen Barmherzigkeit heraus unsere Maßstäbe zu verschieben beginnen – Ob das die eigenen Kinder sind oder andere Menschen, die einem nahestehen.

Plötzlich beginnt man Dinge zu rechtfertigen, die klar im Widerspruch zu Gottes Wort stehen. Schließlich ist die Gefahr, mitgerissen zu werden, groß, weil wir bis zur Vollendung noch unser Fleisch haben, das auf alles Sündige anspringt.

Der ganze Hochmut des Lebens, der uns heute umspült, ist Wasser auf die Mühlen unseres sündigen Wesens. Da müssen wir uns immer wieder neu und bewußt daran erinnern: «Ich gehöre Jesus. Es geht um seine Ehre und um seinen Willen, ihm soll mein Leben gehören und ihm bin ich einmal Rechenschaft schuldig.» Das war auch für Paulus eine wichtige Motivation. Zum einen spricht er in 2. Korinther 5 von der Liebe Gottes als Triebfeder seines Dienstes. Zum anderen weiß er aber auch, daß der Herr zu fürchten ist.

«Furcht des Herrn» – da zucken wir doch zusammen. Dieses Zusammenzucken
haben wir auch nötig, damit wir nicht aus unserem festen Stand gerissen werden. Um die eingangs angeführte Geschichte aufzugreifen: Möglicherweise lag dieser Absturztragödie
Selbstsicherheit und mangelnde Furcht vor den Gefahren zugrunde. Es gibt auch ein heilsames Erschrecken vor unserem Herrn. In Hebräer 12, 9 lesen wir, wie wir unsere Väter mit ihrer notwendigen Erziehung gescheut haben. Wie viel mehr sollen wir uns da
dem Herrn, als Vater der Geister, unterordnen.

Petrus spricht die Jesusnachfolger in 2. Petrus 3, 14 als Geliebte an. Welch eine Wärme und Fürsorge sprechen aus diesen Worten! Dann fordert er dazu auf, angesichts des kommenden Gerichts und der Wiederkunft Jesu eifrig bemüht zu sein – das heißt: sich
richtig anzustrengen, alles dafür zu geben –, um «unbefleckt und tadellos vor
ihm erfunden» zu werden «in Frieden». Petrus sagt nicht: sündlos. Das sind wir erst in der Vollendung. Vielmehr heißt es: unbefleckt und tadellos. Unser Bestreben konzentrieren wir darauf, abgesondert für den lebendigen Gott zu leben. Unser Bekenntnis soll mit der praktischen Lebensführung übereinstimmen. Eine kleine Anmerkung dazu: Unter bestimmten Bedingungen können Livestreams eine Hilfe sein. Für mich sind sie ein krummer rostiger Notnagel, weil sie die reale Gemeinschaft der Jesusnachfolge nicht ersetzen können. In diesem Zusammenhang bin ich schon
verwundert, welche Lobeshymnen während der Coronabeschränkungen auf Livestream-Gottesdienste und das Internet angestimmt wurden. Es scheint auch vergessen zu sein, wie viele Jesusnachfolger große Probleme mit den pornographischen Inhalten und anderem Müll im Internet haben. Bei allem dankbaren Gebrauch der Livestreams und des Internets muß es uns ein Anliegen sein, wie wir uns gegenseitig in einem unbefleckten
Wandel eine Hilfe sein können. Wir sollen alles daransetzen, tadellos und unbefleckt in Frieden vor Christus erfunden zu werden. «In Frieden»: Es geht um den Frieden Gottes, den wir haben, wenn wir seinen Willen tun. Die Verführung, von der Petrus spricht, nämlich der angebliche Freifahrschein für ein sündiges Leben durch eine falsch verstandene Gnadenlehre, kann keinen Frieden geben. Das Gewissen kann abgestumpft oder betäubt werden, doch das dürfen wir nie mit dem Frieden Gottes verwechseln.

Judas spricht in seinem Brief von ähnlichen Entwicklungen. Und in Bezug auf die Verführer und Verführten schreibt er: «Das sind Unzufriedene, die mit ihrem Geschick hadern und dabei nach ihren Lüsten wandeln; und ihr Mund redet übertriebene Worte, wenn sie aus Eigennutz ins Angesicht schmeicheln» (Jud. 1, 16).

Lassen wir uns nicht täuschen. Menschen, die nach ihren eigenen Lüsten wandeln, kennen diesen Frieden nicht, von dem unser Text spricht. Ihn gibt es nur durch ein Leben zur Ehre Gottes, das sich nach seinem Willen und seinem Wort ausrichtet. – Auch wenn wir
noch bis zur Vollendung die tägliche Reinigung und Vergebung nötig haben. Wir können dieses Prinzip aber auch auf den Frieden unter den Jesusnachfolgern anwenden. Es ist das eine, klaren Kurs zu behalten und nicht etwa wichtige Bibel- und Lehrfragen aufzuweichen. Da kann dann auch notwendigerweise eine Trennung geboten sein. Es ist aber das andere, wenn es ständig zu neuen Verwerfungen unter Glaubensgeschwistern kommt, weil man die eigene Meinung und Erkenntnis zum Schibolet erhebt. Welche Spur
der Verwüstung hat hier auch die Coronathematik durch die Gemeinden gezogen.

Es ist absolut nicht das Anliegen des Petrus, daß wir beim Kommen des Herrn als Diplomaten oder Windfahnen angetroffen werden. Ein heiliger Wandel ist immer mit festen geistlichen Grundsätzen und Überzeugungen verbunden. Aber wie schön ist es, wenn wir in Frieden erfunden werden. – Solche, die, wo nur möglich, den Frieden
unter Glaubensgeschwistern gefördert haben und nicht als unnötige Spaltpilze erfunden werden.

Standfest durch die Langmut Gottes

In 2. Petrus 3, 15 fordert uns der Apostel auf, die Langmut unseres Herrn für unsere Errettung anzusehen. Was meint er damit? In Vers 9 erklärt er, daß der Herr langmütig ist und noch nicht richtend eingreift, damit Menschen errettet werden.

Das soll auch uns immer vor Augen stehen: Wir leben abgesondert für den Herrn, lassen uns von all den Entwicklungen nicht mitreißen, behalten aber in allem ein Anliegen für die Menschen, damit sie gerettet werden und Jesus erkennen. Der Herr ist langmütig – allerdings geht es in Vers 15 nicht um Errettung im Sinn der Bekehrung. Wir sollen ja die Langmut des Herrn für unsere Errettung ansehen. Petrus schreibt an die, die denselben kostbaren Glauben haben. Sie sind schon errettet. Benedikt Peters legt es so aus, daß die Langmut für die Geliebten Gottes geradezu Errettung ist. Er schreibt dazu:

«Wir wollen daraus das allgemeine Prinzip lernen: Wenn Gott uns unsere Erwartungen nicht sofort erfüllt und wir noch ausharren müssen, bis die Verheissung eintrifft, dann ist das uns zum Heil. Es ist zu unserem Segen, wenn Gott uns nicht sofort gibt, was wir ersehnen, selbst wenn das Ersehnte etwas Gutes ist.»

Er führt dann Beispiele aus dem Hebräerbrief an, die zeigen, wie Heilige ausgeharrt haben. Es ist die Langmut des Herrn, die uns befähigt, zu unserer Errettung – im Sinn der Vollendung – auszuhalten und auszuharren. Das läßt sich auch auf die Standfestigkeit
anwenden. Wir benötigen seine Langmut, damit wir nicht von den ganzen Entwicklungen mitgerissen werden, sondern aushalten. Es entspricht ja genau seinem Plan und Willen, daß er uns mitten in eine solche Zeit hineingestellt hat.

Dieses Wort kann aber auch im Sinn von Gottes Langmut mit seinen Erretteten verstanden werden. Er ist langmütig, bis die Vollzahl aus den Nationen eingegangen ist, bis alle errettet sind, die noch zur Gemeinde Jesu dazukommen sollen. Benedikt Peters sieht es auch auf die Erretteten bezogen, die noch nicht die volle Gewißheit haben. – Der Herr ist langmütig, bis auch sie zur vollen Gewißheit gekommen sind. In diesem Sinn können wir die Langmut auch auf die Geduld unseres Herrn mit uns selbst anwenden. Es geht um einen festen Stand. Wie oft hat der Herr in seiner Geduld und Langmut gewartet, bis wir selbst gewisse Dinge erkannten. Wie oft hat er uns davor bewahrt oder wieder zurückgeholt, als wir in der Gefahr standen, einen falschen Weg einzuschlagen. Wenn ich auf all die Jahre der Nachfolge zurückblicke, wird mir die Langmut meines Herrn im eigenen Leben immer größer.

Auf der einen Seite fordert uns Petrus ganz klar zu einem heiligen, abgesonderten
Leben für den Herrn auf. Auf der anderen Seite geht es aber auch um die bewahrende Langmut unseres Herrn, damit wir nicht den festen Stand verlieren, sondern gerettet werden.

Standfest durch die Gnade und Erkenntnis Jesu Christi

In 2. Petrus 3, 17 ist von der Verführung und dem Frevel die Rede, das heißt: von den Dingen, die sich direkt gegen Gott und seinen Willen richten. Petrus ruft uns auf, daß wir auf der Hut sein sollen, davon nicht mitgerissen zu werden, sondern standfest zu bleiben.
Bildlich gesprochen soll es uns nicht wie diesen vier Kletterern gehen, von denen einer nach dem anderen in den Abgrund gerissen wurde. Dazu zeigt der Apostel uns im letzten Vers die geistliche Alternative auf, die uns standfest macht. Zugleich ist es der letzte Vers
dieses Briefes, der so viel von Gefahren und Verführung spricht.

Wir sollen in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus wachsen. Es gibt keinen Stillstand im geistlichen Leben, sonst wird es gefährlich. Das fortlaufende geistliche Wachstum läßt uns fest werden. Und der Aufruf, in der Gnade
unseres Herrn und Retters Jesus Christus zu wachsen, macht uns abhängig von ihm.

Es geht um die Erkenntnis, daß wir mit unserem ganzen Leben auf ihn und seine Gnade angewiesen sind. Petrus ruft uns in diesem Abschnitt zu einem heiligen Wandel und zur Gottesfurcht auf. Wir sollen eifrig bemüht sein, unbefleckt, tadellos und in Frieden vor
ihm erfunden zu werden. Das könnte aber wieder zu dieser fatalen Selbsteinschätzung
führen, daß wir es mit unserer Treue und Hingabe schon im Griff haben. – So, wie Petrus vor seiner Verleugnung von der eigenen Nachfolge überzeugt war. Doch dieser Apostel, der jenen schmerzhaften, aber heilsamen Schiffbruch erlitten hatte, schreibt uns, daß wir in der Gnade unseres Herrn und Retters Jesus Christus wachsen sollen.

Es ist seine Gnade, die wir benötigen, um standfest zu sein. Es ist die Kraft seiner Gnade, die uns zu einem heiligen und gottesfürchtigen Wandel befähigt. Seine Gnade ist dieses felsenfeste Sicherungsseil, das uns hält, damit wir nicht von der Verführung und dem Frevel mitgerissen werden.

Am Anfang der Nachfolge ist man ja noch oft von der eigenen Hingabe und Frömmigkeit überzeugt – so wie Petrus vor der Verleugnung. Aber dann wird  es einem immer deutlicher, daß es die Gnade unseres Herrn ist, die uns hält, korrigiert und immer wieder abfängt. Es ist allein seine Gnade, die uns bewahrt und am Ende in sein himmlisches Reich hineinrettet. So wie es John Newton in seinem Lied «Amazing Grace» von der
unglaublichen Gnade gedichtet hat. Die wörtliche Übersetzung der dritten Strophe lautet:

«Durch viele Gefahren, Mühen und Fallstricke
bin ich nun schon gekommen;
es ist Gnade, die mich sicher hierhergebracht hat,
und Gnade wird mich heimführen.»

Deshalb macht die Erkenntnis, daß wir alles einzig und allein der Gnade Gottes verdanken, nicht gleichgültig, sondern abhängig. Sorgen machen mir dagegen die, die auf ihre eigene Hingabe und ihr eigenes Wollen setzen, so wie diese vier Kletterer in der Nordwand.

Auch die Verführer und Irrlehrer sprechen von der Gnade, aber sie kennen sie nicht. Bei ihnen ist sie nur eine Entschuldigung für das Ausleben sündiger Begierden. Die Erkenntnis und Kraft der Gnade Gottes befähigt uns dagegen zu einem heiligen und gottesfürchtigen Leben. Das zeigt sich darin, daß die Gnade für einen im Lauf der
Nachfolge immer mehr an Bedeutung gewinnt. Es geht um die Gnade unseres Retters Jesus Christus. Dadurch hat er uns aus der Finsternis errettet und wird er uns erretten, und zwar in dem Sinn, dass er uns darin bewahrt, einen festen Stand zu behalten. Wir sollen wachsen in der Erkenntnis seiner selbst, unseres Herrn und Retters.

Es gibt Jesusnachfolger, die meinen, schon alles über ihren Herrn zu wissen. Wenn man von ihm spricht, bekommen sie nicht leuchtende Augen, sondern stieren gelangweilt vor sich hin. Stattdessen meinen solche Menschen, mit irgendwelchen theologischen Verästelungen oder sogenannten höheren Erkenntnissen weiterzukommen. Das alles läßt aber weder geistlich wachsen noch standfest werden im Sog der Zeit.

Fest werden wir, wenn wir Jesus immer mehr erkennen und er für uns an Bedeutung gewinnt. Das ist untrennbar mit einem Leben im Wort Gottes verbunden. Wir können nicht zwischen Jesus und seinem Wort trennen, wie das heute teilweise auch schon im evangelikalen Bereich getan wird. Er begegnet uns durch sein Wort, er offenbart sich
dort. Und das Ganze ist dann verbunden mit dem Gebet und der Lebensgemeinschaft
mit ihm. Wir benötigen heute so sehr Jesusnachfolger, die den Herrn und Retter aus seinem Wort kennen, die die Stimme des guten Hirten von allen anderen Stimmen unterscheiden können. Jesus mehr und mehr zu erkennen, läßt uns standfest werden,
weil dann anderes an Bedeutung verliert.

Dort muß der Schwerpunkt der Nachfolge liegen. Es gehört auch dazu, daß wir Verirrungen erkennen und benennen können. Aber standfest werden wir nicht, wenn wir im Internet oder sonstwo nach sämtlichen Hintergründen und Zusammenhängen des Bösen suchen und uns in alle möglichen und unmöglichen Themen hineinstürzen. Natürlich benötigen wir auch eine Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist und den aktuellen Entwicklungen; was uns aber fest werden lässt, ist ein ein Wachsen in der Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus: in dem, wer er ist und was uns in ihm alles geschenkt ist, so wie es in dem bekannten Lied heisst:

«Wir haben Glück, das leuchtend
und unbeschreiblich ist, wir haben alles,
alles, in dir Herr Jesus Christ.»

Laßt uns deshalb darauf achten, daß die Hauptsache unsere Hauptsache bleibt oder wieder neu zur Hauptsache wird: in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus zu wachsen. Auch in der Herrlichkeit werden wir ihn anbeten,
über ihn staunen und ihm dienen.

Petrus schließt seinen Brief mit einem Lobpreis ab: «Ihm sei die Ehre schon jetzt, als auch bis zum Tag der Ewigkeit!» (2. Petr. 3, 18). Es geht um Jesus, den Herrn und Retter. Das ist der große Unterschied zu den Verführern und zum Sog des Frevels. Bei ihnen geht es um den Menschen und seine sündigen Begierden. Alles dreht sich nur um einen selbst. Dem Herrn schon heute und in alle Ewigkeit die Ehre zu geben, läßt uns standfest werden und bleiben. Dazu kann uns allein die Erkenntnis und Kraft seiner Gnade befähigen.

Fazit

Denken wir an die Tragödie der Viererseilschaft. Einer nach dem anderen wurde aus seinem Stand mit in die Tiefe gerissen. Petrus zeigt uns am Ende seines Briefes, wie wir in allen Entwicklungen standfest bleiben, um nicht mitgerissen zu werden.Es geht um die  Ausrichtung auf das Kommen des Herrn, das damit verbundene Gericht und die neuen Himmel und neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt. Standfest werden wir durch einen
Lebenswandel in Absonderung und Gottesfurcht. Es geht darum, zu seiner Ehre zu leben, verwurzelt in der Bibel, indem unser Denken und Handeln verändert wird. Standfest läßt uns dabei die Langmut Gottes werden und überlebensnotwendig ist’s, in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus zu wachsen.

(Johannes Pflaum)

Quelle:

Pflaum, Johannes: Standfest im Sog der Zeit, S. 7-14. In: Mitternachtsruf, Ausgabe Januar 2023 [pdf] © 2022 Missionswerk Mitternachtsruf, www.mnr.ch

Eingestellt am 28. Dezember 2022 – Letzte Überarbeitung am 29. Dezember 2022