Der HERR weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu erlösen, die Ungerechten aber zu behalten zum Tage des Gerichts, sie zu peinigen;
(2. Petrus 2, 9)
Der HErr Jesus ist selber auch im Stand Seiner Niedrigkeit versucht worden, weil Er aber eine reine Natur hatte, so konnte Er nie von Seiner eigenen Lust gereizt und gelockt werden, hingegen drangen die Versuchungen von außen her, und zwar oft mit der größten Heftigkeit auf Ihn zu: Er blieb aber dabei immer ein unschuldiges und unbeflecktes Lamm. Je heiliger eine Seele ist, desto mehr haßt sie die Sünde, und desto treuer und kräftiger widersteht sie allen Versuchungen. Auch die reizenden Bilder sind ihr eine Last; die schreckenden aber sieht sie ohne Furcht an. Übrigens aber ist das Versuchtwerden immer ein Leiden für sie. Paulus ruft zwar den Christen, die versucht werden, mutig zu, 1. Kor. 16, 13.: Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark, und Christus muntert sie Offenb. 2. und 3. durch sieben sehr herrliche Verheißungen zum Überwinden auf: doch ist es dabei immer erwünscht, wenn man aus der Versuchung gar erlöst, oder, ohne Schaden gelitten zu haben, davon befreit wird. Und wer ist, der dieses kann? Petrus sagt: Der HErr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu erlösen. Er weiß die rechte Weise, Mittel und Zeit dazu. Er erlöst aus vielen Versuchungen, alldieweil das irdische Leben noch währt, wenn Er den Menschen in andere Umstände versetzt, wie es dem David ergangen, da ihn Gott nach der Überschrift des achtzehnten Psalmen von der Hand seiner Feinde, und insonderheit von der Hand Sauls errettet hat, oder wenn Er die Seele innerlich mehr reinigt, daß eine oder die andere Versuchung aufhört oder doch schwächer wird, oder wenn Er den bösen Geistern befiehlt, eine Zeit lang von dem Menschen abzulassen. Doch wird der Mensch nie von allen Versuchungen erlöst, bis er in den Himmel aufgenommen wird, wo eine vollendete Seele nichts mehr in und um sich haben wird, das sie versuchen könnte. Wie wohl wird sich’s da nach der Arbeit ruhen! Wie wohl wird’s tun! Wer fragt, ob es nicht besser wäre, wenn gar keine Versuchungen bei den gefallenen Menschen entstünden, der fragt nicht weislich; denn dem gefallenen und mit der Sünde angesteckten Menschen wird Alles zur Versuchung. Das Paradies wäre ihm eine Versuchung, wenn er noch drinnen wäre: nun ist’s ihm eine Versuchung, daß er mühselig außer demselben leben muß. Überdies ist es Gottes Wohlgefallen, daß alle vernünftigen Geschöpfe Proben der Treue vor Ihm ablegen; weswegen Er bald nach der Schöpfung über die Engel und Menschen Versuchungen hat kommen lassen, und nun, da ein Erlöser gekommen ist, alle Gottesfürchtigen in den Versuchungen zeigen heißt, daß ihr Glaube an den Erlöser und ihre Liebe zu Ihm rechtschaffen sei. Hier müssen sie nach der Lehrart Jakobi aus den Werken gerechtfertigt werden wie Abraham, da er seinen Sohn Isaak schlachten wollte. Überdies gereichen denen, die Gott lieben, alle Dinge, auch die Versuchungen, zum Besten. Lasset uns also in den Versuchungen Treue beweisen und auf die Erlösung aus denselben warten.
=============================================
Die Gottseligen werden versucht und geprüft. Das ist kein wahrer Glaube, der nie auf die Probe gestellt ist. Aber die Gottseligen werden aus ihren Versuchungen erlöst, und das nicht durch Zufall, noch durch Mittelursachen, sondern durch den Herrn selber. Er übernimmt persönlich das Amt, diejenigen zu erlösen, die Ihm vertrauen. Gott liebt die Gottseligen oder Gottähnlichen, und Er weiß ganz genau, wo sie sind und wie es ihnen geht.
Zuweilen scheint ihr Weg ein Labyrinth, und sie können sich nicht vorstellen, wie sie drohender Gefahr entgehen werden. Was sie nicht wissen, weiß ihr Herr. Er weiß, wen Er zu erlösen hat und wann Er zu erlösen hat und wie Er zu erlösen hat. Er erlöst auf die Art, welche für den Gottseligen am wohltätigsten ist, für den Versucher am zermalmendsten und für Ihn selber am glorreichsten. Wir mögen das „Wie?“ dem Herrn überlassen und es zufrieden sein, uns darüber zu freuen, daß Er auf die eine oder andre Art die Seinen durch alle Gefahren, Leiden und Versuchungen dieses sterblichen Lebens hindurch zu seiner Rechten in der Herrlichkeit bringen wird.
Heute ist es nicht meine Sache, in meines Herrn Geheimnisse hinein zu spähen, sondern geduldig auf Seine Zeit zu harren und zu wissen, daß, ob ich auch nichts weiß, mein himmlischer Vater alles weiß.