9. Juli

Der Herr sei dir gnädig!
4. Mose 6, 25

Jehovah sei dir nur gnädig, so bist du geborgen. Will das „dir“, und will der Blick auf dich selbst dich entmutigen, siehe, so heißt es ja gnädig. Das schließt ja alles Verdienst und alle Würdigkeit aus, und ermutigt dich, ja dich, zum völligsten Glauben, um nichts, umsonst zu kaufen. Jehovah sei dir gnädig! O, Seele, zu welchem Ziele führt dich das! Die höchsten und innigsten Erquickungen, die du hier genießen magst, sind zwar des Geistes Erstlinge,
aber was muß die volle Ernte sein! Sind die Vorhöfe so schön, was muß der Tempel selber sein! Es gibt dafür keine menschliche Sprache, und als Paulus aus demselben zurückkam, konnte er keinen Bescheid darüber geben, weil er dazu unaussprechliche Worte bedurft hätte. Ist aus Tabor gut sein, wie gut muß es vollends da sein, wohin Moses und Elias doch bald zurückkehrten, mag auch ein Gethsemane, ein Golgatha, ein Grab, möchten auch Hiobs und Hemans Leiden dazwischen liegen! Jehovah sei dir gnädig! Höheres gibt’s nicht, denn es umfaßt Alles in Einem.

So sei uns denn gnädig, Herr, und laß es uns wissen, so genüget uns! Amen!

Ich hab‘ von ferne
Herr, deinen Thron erblickt,
Und hätt‘ so gerne
Mein Herz voraus geschickt,
Und hätte gerne mein müdes Leben,
Schöpfer der Geister, dir hingegeben.

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Der HERR lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig!

Segnen heißt verkünden, was Gott tut. Wird uns sein Werk gezeigt, so wird uns unser Heil gezeigt; denn was Gott tut, ist Heil. Das innerste, gewaltigste Anliegen bleibt, wenn wir zu Gott aufschauen, für uns alle dies: Wie steht es mit unserem persönlichen Verhältnis zu Gott? Ist sein Angesicht für uns hell? Leuchtet es uns an im Glanz seiner freundlichen, herrlichen Güte? Oder liegt für uns auf Gottes Antlitz Dunkles, das uns anzeigt, daß Gott gegen uns ist und uns widersteht? Erhebt er sein Angesicht zu uns dadurch, daß er seinen Blick auf uns richtet? Gibt er auf uns acht oder sind wir vor ihm nichts geachtet? Gilt der Psalmspruch von uns: der Herr kennt den Weg der Gerechten, oder müssen wir uns sagen, von Gott aus gesehen sei unser Weg in Nacht versenkt und unser Ort Finsternis? Kann man auf diese Frage antworten? Gibt es darüber Gewißheit, wie Gott zu uns steht? Weiß ich, daß sein Angesicht über mir leuchtet und er sein Angesicht zu mir hin wendet, so ist das Heilsgewißheit. Gibt es solche? Erfinden und erarbeiten kann man sie nicht. Hier können wir nur hören, was uns im Auftrag Gottes verkündigt ist. Nun hat schon der alttestamentliche Priester die Pflicht und Vollmacht erhalten, seinem Volk zu sagen: das Angesicht des Herrn leuchtet über euch. Warum? Ich bin der Herr dein Gott, sprach der Herr, ich habe dich zu meinem Volk gemacht. Darauf hat das Evangelium des alten Bundes das des neuen erzeugt und der Segen, der Israel zugeteilt ward, wird von Jesus zur Menschheit gebracht. Nun höre, zagendes Herz, von Jesus, wie Gott zu dir steht. Du kannst es auch nicht bloß hören, sondern kannst es auch sehen. Sieh auf sein Kreuz. Dort erhebt er sein Angesicht zu dir und dies so, daß es leuchtet.

Du machst, Herr, Gott, alle, die du mit deinem Dienst beschenkst, zu Verwaltern deines Segens. Hilf uns, daß wir in Wahrheit segnen können. Wie können wir Gewißheit hervorbringen, wenn wir sie selbst nicht haben, wie deine Gnade verkünden, wenn sie uns selbst verhüllt ist? Öffne unsere Augen und stärke unsere bebende Seele, damit wir segnen können, gleichwie wir gesegnet sind. Amen.

(Adolf Schlatter)