1. Thessalonicher 5, 7: Die geistliche Wachsamkeit – Die geistliche Trunkenheit

Lasset uns wachen und nüchtern sein. 7 Denn die da schlafen, die schlafen des Nachts, und die da trunken sind, die sind des Nachts trunken. (1. Thess. 5, 7)

Wir, sagt der Apostel, sind des Tages, wir sind keine Finsternismenschen. Darum ziemt es uns, wachend zu sein. Ist es einmal Tag geworden in deinem Leben, dann soll es mit dem Schlafen vorbei sein. Es tagt, wenn der Morgenstern, Jesus Christus, im Herzen aufgeht. Sobald sich das Glaubensauge für ihn öffnet, dann strömt in deine Seele Licht, das alle Kammern deines Innern durchleuchten möchte, bis jeder Rest von Finsternis geschwunden ist. Nun gilt es die Augen offen halten, zuerst und vor allem für Jesus. Zum Wachen gehört ein Doppeltes: einmal die Augen offen halten für die drohenden Gefahren und Versuchungen, dann aber auch stets den Blick auf den Herrn richten.

Von wachenden Christen gilt: „Meine Augen sehen stets auf den Herrn, er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen“ (Ps. 25, 15). Wachen heißt: Christus, den Herrn, sich gegenwärtig halten. „Wandle vor mir!“ – „Er ist mir vor Augen“, sagt David. Ein Einfaltsauge sieht ganz und ohne Schielen auf Jesus. „Was hast du in Paris gesehen?“ fragte man einen Jünger Jesu. „Ich habe nur Jesus gesehen“, war die Antwort. Wenn das Auge schläfrig wird, wird es trüb. Vor einem Schlaftrunkenen gaukelt alles hin und her. Zuletzt fallen die Augen zu. – Verlieren wir Jesus aus den Augen, so sind wir allen Gefahren preisgegeben. Nur in seinem Licht sehen wir auch unsre Feinde. Wir erblicken die herannahende Versuchung. Wir sind auf der Hut. Wir achten auf unsere Blößen, wo wir leicht verwundbar sind. Wir flüchten zu ihm, wenn der Feind uns zusetzt. Und in seinen Armen sind wir sicher. –

Die Gefahr des Einschlafens ist groß. Wir sind von Schläfern, auch oft von schläfrigen Christen umgeben. Der Schlafgeist steckt an. Die irdischen Interessen drängen sich leicht in den Vordergrund, die Reize der Welt bestechen uns; das wirkt einschläfernd auf das Glaubensauge. Man wird unbemerkt gleichgültiger. Der Herr Jesus steht nicht mehr so klar vor der Seele. Der Blick umflort und verschleiert sich. Nun bekommt der Feind mehr Macht, unversehens werden wir überrumpelt und zu Fall gebracht. – Erhalten wir uns doch in wachem Zustand! Üben wir uns, stets auf Jesus zu blicken und sein Licht in unser Inneres hereinzulassen! Verstecken wir uns nie vor seinem Auge! Weichen wir seinem Blick nie aus, auch wenn er strafend uns trifft! Laßt uns täglich den einschläfernden Mächten widerstehen! –

„Selig die Knechte und Mägde, die der Herr wachend findet, wenn er kommt!“

(Dr. Carl Eichhorn)

Drum, so laßt uns immerdar
wachen, flehen, beten,
weil die Angst, Not und Gefahr
immer näher treten;
denn die Zeit ist nicht weit,
da uns Gott wird richten
und die Welt vernichten.

(Liedvers: aus Mache dich, mein Geist bereit, von Johann Burchard Freystein)

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Die da trunken sind, die sind des Nachts trunken. (1. Thess. 5, 7b)

Solange der Mensch in der Nacht der Gottesferne sich befindet, lebt er dahin wie ein Trunkener. Es fehlt ihm die klare Anschauung der Dinge, das nüchterne Urteil. Die Lüste und Leidenschaften rauben die Besinnung und versetzen in einen Taumel. Man vergißt, wenn Zorn oder Begierde aufflammt, alle sittlichen Grundsätze und Gebote, man denkt nicht an die traurigen Folgen und an die schwere Verantwortung. Man läßt sich hinreißen und rennt in sein Verderben. Wenn’s zu spät ist, kommt es vielleicht zu schmerzlicher Ernüchterung. Ebenso bringen die Sorgen in einen Zustand der Benebelung. Sie treiben um und machen, daß der Mensch nicht mehr recht bei sich ist, wohl gar den Verstand verliert. Auch der Hochmut ist wie ein Dunst, der den Geist umfängt. Der Mensch ist von sich eingenommen und ganz voll, er schwärmt von seiner Größe, Tüchtigkeit und Vortrefflichkeit. Das Urteil über sich selbst ist ihm abhanden gekommen. Ein Schwindelgeist erfaßt ihn, Schmeichler steigern ihn vielleicht noch, daß er vollends den Boden unter den Füßen verliert und in Größenwahn verfällt. – Manchmal werden weite Kreise eines Volkes von einem Taumelgeist erfaßt. Schlagworte üben eine unheimliche Macht aus, wiewohl keine Vernunft dahintersteckt. Der Zeitgeist hält die Seelen in seinem Zauberbann.

Die Bibel lüftet den Schleier, sie zeigt uns den satanischen Ursprung solchen Rausches. Es sind Verstrickungen Satans (2. Tim. 2, 26). Dämonische Mächte bewirken eine Verblendung ganzer Massen. Sie trinken aus dem Taumelbecher des Zornes Gottes, der sie dahingibt in satanische Beeinflussung, daß sie Tag für Tag Irrtum für Wahrheit, das Verbrechen als Tugend preisen.

Nur ein Mittel gibt’s, aus diesem Zustand der geistlichen Trunkenheit herauszukommen: das Wort der Wahrheit. Wer ihm Gehör gibt, kommt zur Besinnung, wird nüchtern. Im Wort ist wirksam der Heilige Geist, und wo er Einfluß gewinnt, da kommt der Mensch zu sich, er wird klar und vernünftig, wie jener Besessene, als er zu Jesu Füßen saß (Lukas 8, 35). Zwar nennt die Welt die wahren Christen unnüchtern, schwärmerisch, überspannt und unvernünftig. Aber in Wahrheit macht der Weltgeist zu Toren und Schwärmern. Man erwartet alles von sich selbst. Man gibt sich leeren Hoffnungen hin. Man glaubt an einen Aufstieg, während es abwärtsgeht. Man erhofft einen Glückseligkeitszustand der Menschen durch Besserung der äußeren Verhältnisse ohne Sinnesänderung. Man meint, die Menschen seien nur darum schlecht, weil es ihnen schlecht ergehe. Unnüchternheit auf allen Seiten!

(Dr. Carl Eichhorn)


Eingestellt am 7. Mai 2020 – Letzte Überarbeitung am 27. Oktober 2023