Hebräer 4, 13

Und keine Kreatur ist vor ihm unsichtbar, es ist aber alles bloß und entdeckt vor seinen Augen. Von dem reden wir. (Hebräer 4, 13)

Ein schönes Lied singt:

Es ist noch eine Ruh’ vorhanden:
auf, müdes Herz, und werde licht!
Du seufzest hier in deinen Banden,
und deine Sonne scheinet nicht.
Sieh auf das Lamm, das dich mit Freuden
dort wird vor seinem Stuhle weiden,
wirf hin die Last und eil’ Ihm zu.
Bald ist der schwere Kampf vollendet,
bald, bald der saure Lauf geendet,
so gehst du ein zu deiner Ruh’.

Gottlob, daß eine solche Ruhe vorhanden ist dem Volke Gottes! Denn dies arme, zeitliche Leben ist voll Unruhe. Von einem Gedanken, von einem Wunsche geht es in den andern, und Friede ist ein selten Ding. Unruhe erfüllt die Völker: in dem Jagen nach neuen Ordnungen, nach neuen Künsten und Erfindungen kommen sie uns flugs wie Fieberkranke vor. Unruhe erfüllt den schwachen Leib; man kann fast sagen: es wird selten ein Gesunder gefunden. Unruhe ist um das Mein und Dein, Unruhe in den Familien, Unruhe um die Gegenwart, Unruhe um die Zukunft, Unruhe im Leben, und wenn’s an’s Sterben geht, erst die größte Unruhe. Ist denn keine Ruhe vorhanden? Ja, ja, aber nur dem Volke Gottes. Zum Volke Gottes gehören diejenigen, welche unter Christi Fahne, unter Christi Kreuz gestanden haben und täglich ihr Fleisch kreuzigen sammt den Lüsten und Begierden. Die haben schon hienieden mitten in der Unruhe Ruhe in dem Herrn, der ihre Schuld bezahlt hat mit seinem Blute und den Brand des Gewissens löscht mit seinem Verdienst und sie sprechen läßt: „Nun wir gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Friede mit Gott durch unsern Herrn Jesum Christum.“

Sie erhalten jenseits Ruhe bei dem Herrn, und ruhen dort von ihren Werken, gleichwie Gott von seinen. Droben ist Sabbath. Die Sünde ist ganz vorbei. Die Strafe ist aus. Die Zeit ist um, wo wir im Schweiß unseres Angesichts unser Brod essen mußten. Versuchung ist unmöglich. Der ewig verklärte Leib hat keinen Schmerz mehr, und die im Leib verklärte Seele hat keine Reue, keine Trauer um die Sünde mehr. Die Seligen ruhen in Gott. – O laßt uns Fleiß thun, einzukommen zu dieser Ruhe! Der Bote des Herrn steht vor der Thür. Er hat die Stunden gezählt, wann er uns abrufen soll.

Christum im Leben, Christum im Tode:
das allein giebt Ruhe in Zeit und Ewigkeit.
Herr, nimm mich auf in Dein Volk,
damit ich Ruhe in und bei Dir habe allezeit.

Amen.

(Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

Liedvers: Johann Siegmund Kunth (1700-1779), zu finden bei Christliche Gedichte und Lieder

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Eingestellt am 9. August 2021