Franz Heinrich Härter (1797-1874)

Franz Härter (* 1. August 1797 in Straßburg; † 5. August 1874 in Straßburg), mit vollem Namen Franz Heinrich Härter, auch unter seinem französischen Namen François-Henri Haerter bekannt, war ein elsässischer Pfarrer und Vorreiter gemeindediakonischer Konzepte.

Franz Heinrich Härter (1797-1874)
(François-Henri Haerter)

Franz Heinrich Härters Vater war Bäcker und Konditor und hieß Franz Härter. Seine Mutter hieß mit Geburtsnamen Luise Friederike Rhein. Die geschäftlichen Erfolge des Vaters waren mäßig. Dies führte dazu, daß der Sohn nach dem Tod seiner Mutter den Vater als Gehilfe unterstützen mußte. Dennoch konnte er das Gymnasium besuchen. Ursprünglich wollte er danach Ingenieurwissenschaften studieren.

Sein Vater beeinflußte ihn aber dahingehend, daß er von 1813 bis 1819 in seiner Heimatstadt Theologie studierte, um dadurch, was damals nicht ungewöhnlich war, seine Altersversorgung sicherzustellen. Das Studium war dort stark rationalistisch geprägt. Besonders beeinflußt wurde Franz Härter er wohl von Friedrich Karl Timotheus Emmerich (1786–1820), der ihn in alten Sprachen unterrichtete und zur Bibellektüre anhielt. Am selben Tag, an dem der Sohn das Examen ablegte, verstarb der Vater, der zuvor von seinem Sohn gepflegt worden war.

1817 gelang es nicht, das Straßburger Bürger-Hospital evangelisch zu besetzen und unter die Aufsicht evangelischer Christinnen zu stellen.

1820 war Franz Heinrich Härter selbst erkrankt und ging nach Bad Hub zur Kur. Das Bad wurde von der in Straßburg ansässigen Familie Kampmann geführt. Eine Tochter dieser Familie war Henriette Elise (1799–1828), die Härter während seiner Kur kennenlernte und sich mit ihr verlobte. Seinen Lebensunterhalt verdiente Härter, indem er in Straßburg Unterricht erteilte.

Im selben Jahr suchte der Straßburger Magistrat gemeinsam mit den Pfarrern zwei evangelische Frauen, welche einen Teil der Krankenpflege für den evangelischen Bevölkerungsteil übernehmen sollten. Da sich diese nicht fanden, wurde die Krankenpflege ausschließlich den römisch-katholischen Vinzentinerinnen übertragen. Härter diskutierte darüber mit seinem Seelsorger Kreiß. In diesen Ereignissen um das Bürger-Hospital in den Jahren 1817 und 1820 dürfte ein erster Auslöser liegen, der später zu Härters Gründung des Straßburger Diakonissenhauses führen sollte.

1821 bereiste Härter Nordfrankreich und Deutschland. Von Herbst 1821 bis Frühsommer 1822 war er in Halle (Saale). Dort studierte er unter anderem bei Julius August Ludwig Wegscheider (1771–1849), dessen Theologie ebenfalls rationalistisch orientiert war.

Aus dieser Zeit stammt das nachfolgende Glaubenszeugnis Härters:

„Zu Halle, wo ich einige Zeit studierte, enthüllte mir einer der bedeutendsten Männer ganz unverhohlen, daß die Absicht des wissenschaftlichen Strebens dahin gehe, das positive Christentum nach und nach zu beseitigen und an seine Stelle die natürliche Religion unterzuschieben. Dieser Mann war Julius August Ludwig Wegscheider. In einem Kolloquium, das 12 alte Studenten zählte, wurde die Frage aufgeworfen: ‚Sollte es nicht möglich sein, eine bessere Religion als die christliche zu erdenken?‘ Meine Kommilitonen, 11 an der Zahl, erklärten insgesamt, es sei nicht nur möglich, sondern nötig; denn das Christentum habe sich überlebt, und seine Dogmen seien wurmstichig geworden. Man müsse auf diese drei Worte ‚Gott, Tugend und Unsterblichkeit‘ eine Allerweltsreligion gründen. So schwach ich damals noch war, widerstand ich mit dem, was ich aus der Heiligen Schrift gelernt hatte, und bewies siegreich die Notwendigkeit des Glaubens an eine Offenbarung, die allein uns Gewißheit geben könne. Alle Gegner verstummten, selbst der Professor, und ich ging aus dem Kolloquium fort mit der Überzeugung, daß dem, der die Bibel als Gottes Wort glaube, darin das Schwert des Geistes, eine unüberwindliche Waffe, zu Gebote stehe.“

Im Sommer 1822 ging er dann zu Jean Paul (1763–1825) nach Bayreuth.

1823 wurde Franz Heinrich Härter ordiniert. Im selben Jahr verlegte der elsässische Zweig der Vinzentinerinnen seinen Hauptsitz von Zabern nach Straßburg. Von dort aus erschlossen die Vinzentinerinnen in den Folgejahren neue Arbeitsfelder und richteten neue Zweiganstalten im Elsaß, Südwestdeutschland und Österreich ein.

Pfarrstelle in Ittenheim

Im März 1823 erhielt Härter seine erste Pfarrstelle in Ittenheim. Im Spätsommer desselben Jahres heiratete er Elise Kampmann. Seine Frau hatte sich nach dem Tod ihrer Mutter an der Leitung des Bades beteiligt. Nun kümmerte sie sich um Haus und Garten und pflegte Franz Härters Großmutter. Sie kümmerte sich auch um andere Kranke in der Gemeinde ihres Mannes und erteilte jungen Mädchen und Frauen Handarbeitsunterricht. Franz Härter bemühte sich um eine Verbesserung der Schulen und erreichte, daß seine Gottesdienste reich frequentiert wurden, übernahm auch medizinische Aufgaben, bemühte sich um eine strengere, geistlichere Moral seiner Gemeinde und sorgte für schwache Gemeindemitglieder. Seine Form der Volkserziehung kombinierte Elemente von Aufklärung und Erweckungsbewegung. Sein Vorbild war dabei Johann Friedrich Oberlin (1740–1826), der im Steintal ebenso vorgegangen war, das von Härter auch mehrmals besucht wurde. Die pädagogischen Impulse, von denen Härter geprägt war, entstammten dem Rationalismus und beeinflußten auch die entstehende Erweckungsbewegung.

Am 4. April 1828 starb seine Frau an einer Infektion, was Härter sehr nahe ging. Sie hinterließ zwei Kinder, Sophie (1824–1869) und Gustav (1826–1903). Dieser Todesfall stürzte Härter in eine zehn Monate währende Krise und trug auch dazu bei, daß er sich mehr und mehr der Erweckungsbewegung zuwandte. In einer Leichenpredigt, die er für sich selbst verfaßte, bekannte er, er habe den Kern der evangelischen Lehre, nämlich die Versöhnung durch den Kreuzestod Christi, abgelehnt, da er dies als vernunftwidrig betrachtet hätte. Diese Haltung, zu der er auch andere verleitet hatte, bereute er nun und betrachtete sich nach der Überwindung seiner Lebenskrise als neu geboren.

Pfarrstelle in Straßburg

Im Mai 1829 wurde Härter vierter Pfarrer an der lutherischen Neuen Kirche (Bild), der evangelischen Hauptkirche in Straßburg.

Der Einfluß Oberlins hatte unmittelbar oder durch an ihm orientierte Personen die Erweckungsbewegung in der Stadt gestärkt, auch durch verwandtschaftliche Beziehungen. So kam es in den 1830er Jahren zu zahlreichen Vereinsgründungen, die im Zusammenhang mit der Erweckungsbewegung standen.

Im März 1830 heiratete Härter Friederike Dorothea Rausch (1799–1842), die Tochter eines Kaufmanns und Jugendfreundin seiner verstorbenen ersten Frau. Sie gebar ihm einen Sohn, der kurz nach der Geburt verstarb, und die Töchter Elise und Marie.

An Trinitatis 1831, das heißt, am 29. Mai, bekannte er sich nach langem Zögern vor seiner Gemeinde zum Pietismus, indem er erklärte, daß der Mensch allein durch Christus erlöst werde. Damit hatte er sich öffentlich der Erweckungsbewegung angeschlossen, die er nun in zahlreichen damit verbundenen Vereinen unterstützte. Die Gemeinde neigte damals zum Rationalismus, so daß Härters Bekenntnis Widerspruch erregte und die Kirchenleitung (Konsistorium) gegen ihn vorging. Auch die gegen den Rationalismus opponierenden strengen Lutheraner lehnten Härter ab. Sie störten sich daran, daß er Bibelstunden abhielt. Ferner lebte und lehrte er ein praktisches Christentum, das diesen ebenfalls suspekt war. Auch einigen Kollegen und der theologischen Fakultät mißfiel die Hinwendung des populärsten Straßburger Predigers zum von ihnen abgelehnten Pietismus.

Härter betätigte sich in zahlreichen Vereinen. Von 1831 bis 1839 war er im Vorstand der Neuhof-Anstalt, einer schulischen Einrichtung für beide Geschlechter, die Grundschule, Industrieschule und Landwirtschaftsschule umfasste. Dem Vorstand gehörte auch Härters Freund, der Theologieprofessor Karl Christian Leopold Cuvier (1798–1881), an.

Franz Härters Wahlspruch war Hebräer 13, 8: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“ In französischer Sprache, in der Wortwahl, die sich in der Louis Segond Bible findet, steht dieser Vers auch auf seinem Grabstein auf dem Diakonissenfriedhof in Königshofen (heute zu Straßburg): „Jésus Christ est le même hier, aujourd’huit et éternellement.“

Literatur

  • Friedrich Wilhelm BautzHärter, Franz. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Bautz, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Spalten 447–453 [Archivfassung mit Stand vom 23.09.2001 im Web Archive]
  • Charles Boegner: Au Service de Dieu. Souvenir du cinquantenaire de l’institution des diaconesses de Strasbourg, Imprimerie Strasbourgeoise, 1893.
  • L. Roehrich: Le pasteur F.-H. Hærter, G. Fischbacher, Straßburg und Paris 1889.
  • René Frédéric Voeltzel: Service du Seigneur: la vie et les oeuvres du pasteur François Haerter: 1797–1874, Strasbourg, Éditions Oberlin 1983.
  • Bernard Vogler: Haerter, François Henri. In: Nouveau dictionnaire de biographie alsacienne, Faszikel 14, 1989, S. 1371.
  • François-Georges Dreyfus, René Epp, Marc Lienhard (dir.): Catholiques, protestants, juifs en Alsace, Alsatia, Mulhouse, 1992, ISBN 2-7032-0199-0, S. 132.
  • Jean-Paul Haas: Strasbourg, rue du Ciel. L’établissement des Diaconesses de Strasbourg fête ses 150 ans d’existence européenne, Strasbourg, Éditions Oberlin, 1992, S. 26.
  • Arnd Götzelmann: Die Straßburger Diakonissenanstalt – ihre Beziehungen zu den Mutterhäusern in Kaiserswerth und Paris. In: Udo Sträter (Hrsg.): Pietismus und Neuzeit. Band 23. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997, ISBN 3-525-55895-3, S. 80–102 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Jutta Schmidt: Beruf: Schwester: Mutterhausdiakonie im 19. Jahrhundert. Campus Verlag, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-593-35984-7, S. 61–83 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Doris Kellerhals, Lukrezia Seiler, Christine Stuber: Zeichen der Hoffnung. Schwesterngemeinschaft unterwegs. 150 Jahre Diakonissenhaus Riehen. Friedrich Reinhardt Verlag, Basel 2002, ISBN 3-7245-1208-2, S. 202 f. (Digitalisat).
  • Inke Wegener: Zwischen Mut Und Demut: Die Weibliche Diakonie am Beispiel Elise Averdiecks. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-89971-121-1, S. 85–94 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Quelle: Seite „Franz Härter“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 22. Dezember 2020, 13:30 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Franz_H%C3%A4rter&oldid=206790964 (Abgerufen: 23. Mai 2021, 19:48 UTC)
Bildnachweise:
Portrait von Franz Härter: Meyer Antoine, Public domain, via Wikimedia Commons
Neue Kirche (Temple Neuf), Strasbourg: Szeder László, Liz. CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Einzelnachweise:
[1] Friedrich Wilhelm Bautz: Härter, Franz. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Bautz, Hamm 1990, Spalten 447–453

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Eingestellt am 23. Mai 2021 – Letzte Überarbeitung am 23. August 2022