2. Thessalonicher 3, 3 (Roos)

Aber der HERR ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Argen. (2. Thess. 3, 3)

Ein schwacher Glaube ist auch ein Glaube, und ein schwacher, aber redlicher Christ ist immer den weisesten, mutigsten und feinsten Weltmenschen so vorzuziehen, wie das Licht der Finsternis, das Lebendige dem Leblosen, der Liebling Gottes demjenigen, den Gott verwirft, vorzuziehen ist. Allein immer schwach bleiben, ist gefährlich. Es dringen im Fortgang des Laufs Versuchungen heran, und es werden dem Menschen Pflichten aufgegeben, welche eine geistliche Stärke erfordern. Doch kann sich auch der geistliche Mensch nichts nehmen, es werde ihm dann von oben herab gegeben; darum schrieb Paulus an die Thessalonicher: der HErr ist treu, der wird euch stärken; gleichwie auch die heilige Schrift in vielen Stellen von Gaben Gottes, die man empfangen, und von Wirkungen Gottes, die man von Zeit zu Zeit erfahren solle, redet.

Paulus erinnerte die Thessalonicher an die Treue Gottes, und leitete daraus Seine stärkende und bewahrende Gnade her. Freilich wäre ein Arzt nicht treu, der einen Kranken halb gesund machte, und alsdann verließe. Die Mutter wäre nicht treu, welche ihr Kind zu säugen oder zu ätzen aufhörete, ehe es seine Nahrung selber zu sich nehmen könnte. Der Vorsteher wäre nicht treu, welcher seinen Untergebenen Arbeiten auflegte, die ihnen zu schwer wären, oder sie Gefahren aussetzte, denen sie nicht gewachsen wären.

Aber so ist unser Gott, so ist unser Erlöser, der Heilige in Israel, nicht gesinnt. Er stärkt die Seelen durch Seine Kraft, bis sie ganz gesund sind, und teilt ihnen Sein eigenes Leben bis zu ihrer Vollendung mit. Er unterweist sie, und zeigt ihnen den Weg, den sie wandeln sollen, bis sie das Ziel erreicht haben, wo sie still stehen und ruhen können. Er gibt den Kindern Milch, und starke Speise, wenn sie erstarkt sind. Er trägt die Lämmer in Seinem Busen, und führt die Schafmütter, Jes. 40, 11. Er versucht Niemand zum Bösen, und läßt diejenigen, die Ihm vertrauen, nicht über ihr Vermögen versucht werden. Er legt ein Joch auf, das sanft, und eine Last, die leicht ist. Er setzt diejenigen, die Ihm treu sind, nie auf’s Schlüpfrige, sondern leitet sie nach Seinem Rat und auf Seinen Wegen, die voll Güte und Wahrheit sind. Er bewahrt sie vor dem Argen, dem sie zwar selbst auch widerstehen können und sollen, dem sie aber wegen seiner großen Stärke und Arglist nie gewachsen wären, wenn der HErr, der größer als Alles ist, sie nicht in Seiner Hand hielte und bewahrte.

Wer will also noch sagen, daß bei einem wahren Christentum das Überwinden, Wachsen, und Beharren bis an’s Ende eine unmögliche Sache sei. Freilich, wer mit seinem Herzen von dem HErrn Jesu weicht, und nachdem er seine Hand an den Pflug gelegt hat, zurück sieht, im Wachen und Beten lässig wird, und anfängt sich auf seine eigene Weisheit und Kraft zu verlassen, muß bald schwach werden, und, wenn er nicht bald sich erholt, aus der Schwachheit wieder in den geistlichen Tod fallen.

(Magnus Friedrich Roos)

Quelle: Glaubensstimme – Die Archive der Väter


Eingestellt am 7. Februar 2024