Vierte Bibelstunde.
- Das Sendschreiben an Pergamus
12 Und dem Engel der Gemeinde zu Pergamus schreibe: Das sagt, der da hat das scharfe, zweischneidige Schwert: 13 Ich weiß, was du tust und wo du wohnst, da des Satans Stuhl ist; und hältst an meinem Namen und hast meinen Glauben nicht verleugnet auch in den Tagen, in welchen Antipas, mein treuer Zeuge, bei euch getötet ist, da der Satan wohnt. 14 Aber ich habe ein Kleines wider dich, daß du daselbst hast, die an der Lehre Bileams halten, welcher lehrte den Balak ein Ärgernis aufrichten vor den Kindern Israel, zu essen Götzenopfer und Hurerei zu treiben. 15 Also hast du auch, die an der Lehre der Nikolaiten halten: das hasse ich. 16 Tue Buße; wo aber nicht, so werde ich dir bald kommen und mit ihnen kriegen durch das Schwert meines Mundes.
17 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem will zu essen geben von dem verborgenen Manna und will ihm geben einen weißen Stein und auf den Stein einen neuen Namen geschrieben, welchen niemand kennt, denn der ihn empfängt.
Ein erschütternder Brief: „Der Stuhl des Satans“ steht aufgerichtet in Pergamus! Furchtbar musste es sein, dort in seinem offenkundigen Machtbereich wohnen. Da gab es nur die Wahl: mitmachen mit den teuflischen Greueln oder leiden unter teuflischem Druck. Wir, über die die furchtbare Zeit des Weltkriegs hereingebrochen ist, können, wenn uns die Augen aufgegangen sind, sehen und wissen, was alles an unsagbarer Bosheit und unaussprechlicher Trübsal kommen kann, wo Gott dem Satan Raum gibt, zu verführen und zu verderben.
Bild: Sockel des Pergamonaltars
Pergamus war die Hauptstätte der Verehrung des Heil- und Wundergottes Asklepius (Äskulap).
Um jene Zeit hatte sich seine Gestalt mit der des obersten Gottes Zeus (Jupiter) bereits vermengt. Dem Schutzgott Zeus-Asklepios war ein Riesenaltar errichtet, der die Stadt derart überragte, daß man wohl begreifen könnte, wie durch ihn sich das Bild vom „Satansthron“ nahelegte, zumal da die Stadt voll Aberglauben und Götzendienst war als ein Wallfahrtsort, dem alle Welt zuströmte, um für Krankheiten Heilung zu finden bei Asklepios. Man kann aber fragen, ob nicht auch eine andere Tempelstätte nahe legen konnte, von einem Satansstuhl zu reden. Im Jahre 29 v. Chr. war auf der höchsten Höhe der Stadt ein Tempel des göttlichen Kaisers für die Provinz Kleinasien eingeführt.
Man hat den Christen es im allgemeinen nachgesehen, wenn sie andere Götzen nicht anbeteten.
Aber dem Bilde des Kaisers Anbetung und Opferdienst zu weigern, galt als Staatsverbrechen, auf dem die Todesstrafe stand. Die Nachfolge Christi bringt oft in ganz ungeahnter Weise in Widerspruch mit dem, was in der Welt gilt; nicht bloß mit dem, was die Welt erlaubt, sondern auch mit dem, was sie gebietet.
Ob aber das Bild vom Satansstuhl überhaupt an sichtbare Stätten des Heidentums erinnern will?
Die ganze geistige Luft der Tempel- und Wallfahrtsstadt erinnerte an die Mächte, die in der Finsternis dieser Welt ihren Thron haben und ihre Herrschaft üben.
Im Bereich dieses teuflischen und heidnischen Treibens der großen Stadt steht mitteninne die schwache Christengemeinde, und eine ungeheure Verantwortung liegt auf dem Bischof. Da redet sein Herr zu ihm, er, „der das scharfe zweischneidige Schwert hat“. Trägt er das Schwert, um die seinigen zu schützen oder sie zu richten? Beides gilt. An seinen Jüngern ist’s, sich unter seinen sieghaft schützenden Arm wider Versuchungen und Anfechtungen von außen zu flüchten. Wo sie das nicht tun, sondern zum Feind sich schlagen, wird er „mit ihnen kriegen durch das Schwert seines Mundes“. Unser Herr „weiß, wo wir wohnen“, sieht die Einsamen, kennt die Schwierigkeiten unseres Familienlebens, Geschäftslebens und alles unsren Zusammenlebens. Er weiß die Nöte, die aus unsrem Volksleben, auch aus unsern kirchlichen Notständen und überhaupt aus dem Leben in der Welt erwachsen, die im Argen liegt.
Wenn wir aber an dem Platz stehen, wohin uns Gott gestellt hat, dann will er uns auch bewahren und mitten in der argen Welt können wir festhalten am „Namen“ Jesu: in betendem Vertrauen zu ihm, den wir mit Namen, d.h. als den uns Bekannten anrufen dürfen, und durch wahrheitsgemäßes offenes Zeugnis von ihm, dessen Name als der unsres Herrn über uns genannt ist. Was es heiße, da wohnen, wo Satan durch Menschen, die er geknechtet hat, das Regiment führt, das hat die Gemeinde schmerzlich erlebt. Ein Christ, von dem wir nichts wissen außer seinem Namen Antipas, hat sein Bekenntnis zu Christus als seinem Herrn mit dem Tod gebüßt. Ob er vielleicht von dem Obergericht, dessen Sitz Pergamus war, zum Tod verurteilt wurde, daß, wie manche Ausleger meinen, der Richterstuhl, der im Namen des römischen Reiches dort zu walten hatte, sich zu Blut-Gerichten gebrauchen ließ und darum „Satansstuhl“ hieße? Dann hätten wir in den beiden Gemeinden Smyrna (Vers 9) und Pergamus (Vers 13) Beispiele für die Erfüllung der Worte Jesu (Matth. 10, 17) beisammen: „Sie werden euch überantworten vor ihre Rathäuser und werden euch geißeln in ihren Schulen.“
Wenn doch Satan nur von außen angriffe und wir innerlich in den Herzen und im Kreise der Jünger ihm keinen Angriffspunkt böten! „Aber“, spricht der Herr, „ich habe einiges wider dich!“
Es ist „wenig“, nur „ein Kleines“, aber doch etwas, das eben Satanswerk ist. „Du hast dort Leute, die mit der Lehre Bileams“ nicht nur liebäugeln, sondern „dran festhalten“ und darnach leben und sie ausbreiten. Als der Moabiterkönig Balak (4. Mose 22-25) sah, daß er keinen Fluch über Israel bringen könne, suchte er nach Bileams Rat (4. Mose 31, 16) das Volk von Jehova loszutrennen, indem die Moabiter die Israeliten zu ihren Götzenfesten luden, bei denen nicht nur Götzenopfer, sondern auch Hurerei zur Festfeier gehörte. Das wurde Israel zum „Fallstrick“ (Luther übersetzt „Ärgernis“).
Und nun spricht der Herr zum Vorsteher der Gemeinde: So hast auch du Leute, die ganz ähnlich an die Lehre der Nikolaiten sich halten! Der Bischof von Ephesus (Vers 6) war diesem Greuel der Verführung entgegengetreten; der in Pergamus sah dem Treiben zu, aus Schwachheit oder Lässigkeit, oder was er sich zur Entschuldigung vorreden wollte, wir wissen es nicht.
Aber: “Tu Buße!“ ruft ihm sein Herr zu; wo nicht, so will er selbst, weil der Knecht es fehlen lässt, die Bestrafung der Nikolaiten in die Hand nehmen, und zwar „schnell“, wenn er nicht sofort gehorcht. Über die Gemeinde kommt dann das Gericht, aber „ich komme dir“ im Gericht, spricht der Herr, denn „der Wächter“ ist verantwortlich, wie es Hesekiel 33, 6 heißt: „Dieselbigen würden wohl um ihrer Sünde willen weggenommen; aber ihr Blut will ich von des Wächters Hand fordern.“ Vgl. Apg. 20, 26.
Ein hochgestellter Geistlicher, zu dessen Amtskreis die persönlichen Angelegenheiten der Pfarrer seiner Landeskirche gehörten, rief auf seinem Sterbebet im Fiebertraume aus: „O Geistlichkeit, o Geistlichkeit! Wie wird dir’s gehen im Gericht!“ Der Herr Christus aber ruft uns allen zu: Wer ein Ohr hat, der höre, was nicht nur für den Bischof von Pergamus geschrieben ist, sondern was durch dieses Wort Christi der Heilige Geist allen sagt, die auf Erden zur Gemeinde Christi gehören.
Es mag in einer Stadt wie Pergamus mit ihrem lebendigen heidnischen Treiben schwer gefallen sein, dar nicht mitzumachen, auf die Genüsse der Heiden und, was noch schwerer war, auf die Gemeinschaft mit ihnen bei öffentlichen oder Familienfeiern zu verzichten. Aber wer im Kampf gegen die Verführung von außen und die Versuchung von innen feststeht, der soll in dem künftigen Reich der Herrlichkeit, im neuen Paradies (Vers 7) die Himmelsspeise genießen, die niemand von selbst findet und die niemand hier recht ahnen kann, das „verborgene Manna“. Und ihm soll ein weißer Stein gereicht werden, das will sagen: der volle Freispruch des himmlischen Richters. In den Gerichtsverhandlungen wurden bei Abstimmungen über „schuldig“ und „nicht schuldig“ von den Mitgliedern des Gerichtshofes schwarze oder weiße Steine in die Urne gelegt. Der weiße Stein ist somit das Zeichen der Freisprechung. Es mag in den Prozessen,, welche die Christen in Pergamus um ihres Glaubens willen zu erdulden hatten, nicht nur gegen Antipas, sondern auch gegen andere mancher schwarze Stein abgegeben worden sein. Der Herr, der gerechte Richter, verheißt den Seinigen, er werde ihnen einst einen weißen Stein in die Hand geben, ihnen selbst zum Zeugnis, daß sie von ihm, dem höchsten und letzten Richter, freigesprochen sind. Und einen neuen Namen wird er ihnen darauf schreiben, zum Zeugnis, daß sie von ihm, dem höchsten und letzten Richter, freigesprochen sind. Und einen neuen Namen wird er ihnen drauf schreiben, zum Zeugnis, daß alles Alte an ihnen weggenommen ist und sie völlig und ewig erneuert sein werden. Dieser Name wird – wenn wir Überwinder werden! – unser ganzes Wesen in seiner Erneuerung, Vollendung und Verklärung zum Ausdruck bringen und wir, die wir uns hienieden eselber ein ungelöstes Rätsel sind, so daß wir an dem unheimlichen Zwiespalt und der inneren Unklarheit unsres Wesens oft schwer tragen, werden dann auch uns selber ganz erkennen und verstehen, wie wie von Gott erkannt sind. (1. Kor. 13, 12).
1. Kor. 13,12: Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich’s stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.
Das Geheimnis unsrer Person und unsres Wesens wird bis in die tiefsten Gründe hinab kristallhell durchleuchtet sein. Wir werden Ihn sehen, wie Er ist und werden uns selber sehen und verstehen, wie wir durch Christi unausdenkliche Gnade herrlich geworden sind. Das wird das Geheimnis Gottes zwischen ihm und jedem seiner Heiligen sein, das besondere Heiligtum eines jeden der Verklärten, in das nur Gott und der, der es in sich trägt, völlig hineinschauen.
4. Das Sendschreiben an Thyatira
18 Und dem Engel der Gemeinde zu Thyatira schreibe: Das sagt der Sohn Gottes, der Augen hat wie Feuerflammen, und seine Füße sind gleichwie Messing: 19 Ich weiß deine Werke und deine Liebe und deinen Dienst und deinen Glauben und deine Geduld und daß du je länger, je mehr tust. 20 Aber ich habe wider dich, daß du lässest das Weib Isebel, die da spricht, sie sei eine Prophetin, lehren und verführen meine Knechte, Hurerei zu treiben und Götzenopfer zu essen. 21 Und ich habe ihr Zeit gegeben, daß sie sollte Buße tun für ihre Hurerei; und sie tut nicht Buße. 22 Siehe, ich werfe sie in ein Bett, und die mit ihr die Ehe gebrochen haben, in große Trübsal, wo sie nicht Buße tun für ihre Werke, 23 und ihre Kinder will ich zu Tode schlagen. Und alle Gemeinden sollen erkennen, daß ich es bin, der die Nieren und Herzen erforscht; und ich werde geben einem jeglichen unter euch nach euren Werken. 24 Euch aber sage ich, den andern, die zu Thyatira sind, die nicht haben solche Lehre und die nicht erkannt haben die Tiefen des Satans (wie sie sagen): Ich will nicht auf euch werfen eine andere Last: 25 doch was ihr habt, das haltet, bis daß ich komme.
26 Und wer da überwindet und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die Heiden, 27 und er soll sie weiden mit einem eisernen Stabe, und wie eines Töpfers Gefäße soll er sie zerschmeißen, 28 wie ich von meinem Vater empfangen habe; und ich will ihm geben den Morgenstern. 29 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
Fast dieselben Sünden wie in Pergamus werden in der Botschaft an den Bischof von Thyatira gerügt. Nur steht es hier noch schlimmer. Den Sohn Gottes, dessen Richterblick alles, was finster ist und im Dunkel haust, schrecklich durchleuchtet und dessen Schritt alles, was ihm widerstrebt, vernichtend niedertritt, scheint der, dem der Brief gilt, nicht im vollen Ernst mit Furcht und Zittern vor Augen gehabt zu haben. Und doch ist Gutes an ihm. Er wirkt in Liebe und Glauben, kein Dienst ist ihm zuviel, er übt ihn in Geduld. Ja, er macht (im Unterschied von Ephesus, V. 5) Fortschritte darin. Und dennoch! Ach, wie viel rühmen wir in Nachrufen, an Gräbern und in Blättern, von Knechten und Dienern des Herrn, und vielleicht hieße des Herrn Urteil, auch wenn alles unser Rühmen wahrheitsgetreu wäre: „Aber ich habe etwas wider dich!“
Etwas Schweres, Furchtbares hatte der Herr wider diesen Mann. Es heißt in vielen alten Handschriften (mindestens ein Zeichen, wie man’s von alters her auslegt): „Ich habe wider dich, daß du dein Weib Isebel lässest gewähren.“ Demnach wäre das Ärgernis vom Haus des Bischofs selbst ausgegangen in die Gemeinde und die heidnische Umgebung. Also in der Gemeinde, oder gar an der Seite des Bischofs als sein Eheweib, stand eine geistig begabte, aber zuchtlose Person, die als „Isebel“ gezeichnet ist, als die, welche so wie einst Ahabs Weib Israel verwirrte und die Greuel des Baal- und Astartedienstes zur Herrschaft brachte, so in der Gemeinde zu Thyatira hauste – an der Seite eines Mannes, der herrschen sollte und doch schwach war wie Ahab.
Sie gab sich für eine Prophetin aus, wie seitdem so manches in Fleischessinn und Fleischeslust gefangene Weib in der Geschichte der Kirche; und diese Verführerin gewinnt Macht über die Männer, über „Knechte Christi“ in der Gemeinde. Sie pries, so scheint es, einen Weg, auf dem man die Angst vor dem Satan gründlich loswerden könne. Man müsse nur sein Machtgebiet „bis in die Tiefen“, bis auf den Grund durchschauen. Ist der Geist befreit durch Christus und ist er (wie sie durch ihre Geistesgabe der Prophetie an sich zu erweisen vorgab) völlig geeinigt mit Gott, so könne ihm das Fleisch nichts mehr anhaben. Wer im Geiste lebe, für den gebe es kein Gesetz, er könne ruhig das Fleisch sich ausleben lassen, ohne aus seiner Geisteshöhe zu fallen. Auch der Verkehr mit heidnischer Sitte, Teilnahme an Götzenfesten u. dergl. sei nur etwas Äußerliches, das den inneren Menschen nicht berühre noch beflecke. Das Weib ist gewarnt vom Herrn, aber Fleischeslust und geistlicher Hochmut haben sie verblendet, so daß nun das Gericht über sie angekündigt wird. (V. 22 f.). Sie soll aufs Siechbett kommen, und alle, die mit ihr und durch sie in Fleischessünden geraten sind, werden den Kelch der Trübsal trinken, und es soll ihr und ihren Verführten gehen wie David an dem im Ehebruch erzeugten Kind (2. Samuel 12, 14) es erleben mußte, und wie es Weish. 3, 16 heißt: „Die Kinder der Ehebrecher gedeihen nicht, und der Same aus unrechtem Bette wird vertilgt werden.“ Dieses Gericht wird die Greuel so furchtbar enthüllen und strafen, daß Entsetzen und große Furcht die Gemeinden ringsum ergreifen wird, wenn sie sehen, welche Vergeltung über die ergeht, die die Geheimnisse der Gnade in Geheimnisse der Bosheit verkehren.
Die aber, die sich nicht von der falschen Prophetin blenden ließen und darum gewiß als die zurückgebliebenen schwachen Geister verachtet waren und die an dem bösen Stand der Gemeinde schwer genug trugen, will der Herr verschonen. Nur daß sie in dem Stande bleiben, in dem sie sind, um zu bestehen, wenn er „kommt“!
Dieses „Kommen“: Was bedeutet es? Man hat die Frage rasch erledigt, wenn man sagt: „zum Weltgericht“ (20, 11) oder auch: „zur Vernichtung des Antichrists“ (19,11). Aber ob man dadurch dem Wortlaut gerecht wird? Der Herr will 2, 5 zur Gemeinde von Ephesus „kommen“, wofern sie nicht Buße tut, um sie aus der Zahl der Gemeinden auszuscheiden; 2, 14 sagt er dem Engel von Pergamus: ich will „dir kommen“, wofern du nicht Buße tust und will den Kampf gegen die unwürdigen Gemeindeglieder selbst durchführen; nach Sardes geht die Drohung (3, 3): ich will über dich kommen, wofern du nicht wachst;“ nach Laodizea lautet es 3, 20: Ich stehe vor der Tür und warte auf Einlaß zur innigsten Gemeinschaft mit dem, der auf mich hört. Das alles klingt nicht, wie das Kommen in den Wolken zum Abschluß der Weltgeschichte, welches 1, 7 in Aussicht gestellt ist, und auch die „Versuchungsstunde“ 3, 10 weist nicht notwendig auf die letzte aller Versuchungszeiten hinaus, als ob bloß diese den ganzen Erdkreis berühren würde. In den Sendschreiben hat das Wort des Herrn vom „Kommen“ viel eher den Klang: Ich werde bei euch entscheidend eingreifen, als den: ich werde das diese Weltzeit abschließende Völkergericht abhalten. So wird es auch an unserer Stelle zutreffen; der Herr wird der ungeklärten Lage in Thyatira nicht auf die Länge zusehen, sondern wie es bei den Propheten und in den Psalmen oft heißt, „sich aufmachen“ und „über sie kommen“, um Gericht und dadurch auf der anderen Seite Rettung zu schaffen. Schon daß die Christengemeinden ringsum vom heilsamen Schreck erfüllt werden (V. 23), macht es schwer, hier an das Gericht zu denken, das bei Jesu sichtbarer Wiederkunft über die Welt ergehen soll. –
Das Schlußwort des Sendschreibens schließt sich noch unmittelbarer an das besondere Wort für Thyatira an, als dies in den 3 ersten Sendschreiben der Fall war. Der Aufruf an alle Gemeinden ist diesmal nicht dem Schlußwort voran-, sondern nachgestellt. (V. 29). „Bis zuletzt“, d.h. (vgl. 2. Kor. 1, 13.14*) so daß nicht mitten im Kampf ein Erlahmen und Erliegen stattfindet, gilt es auszuhalten. Dafür ist verheißen, was in 2. Tim. 2, 12 so ausgefrückt ist: „Dulden wir, so werden wir mit herrschen.“ *)
* 2. Kor. 1, 13.14: Denn wir schreiben euch nichts anderes, als was ihr lest und auch versteht. Ich hoffe aber, ihr werdet es noch völlig verstehen, wie ihr uns zum Teil auch schon verstanden habt, nämlich, daß wir euer Ruhm sind, wie auch ihr unser Ruhm seid am Tage unseres Herrn Jesus.
*) 2. Tim. 2, 12: Dulden wir, so werden wir mitherrschen; verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen.
Jetzt sind die, welche es mit Christus treulich halten, in der Völkerwelt die Unterdrückten; aber einst sollen sie teilbekommen an der Herrschaft ihres Herrn. So ist es in 1. Kor. 6, 2 den „Heiligen“, d.h. denen, die Christo angehören, zugesprochen. Durch die Worte über die Macht über die „Völker“ und durch die Verwendung der Worte aus Psalm 2 zusammen mit Offenbarung 12, 5 und 19, 15 legt sich nahe, an die Verheißung des tausendjährigen Reiches (20, 4) zu denken. Dies würde vielleicht zugleich das dunkle Wort vom „Morgenstern“ erklären. Der „Morgenstern“ bringt den Tagesanbruch, noch nicht selbst den vollen Tag, der erst mit der Sonne anhebt. So soll der Überwinder schon teilhaben an dem Morgenrot des Friedensreichs Christi auf Erden, bis einst der volle Sonnenglanz in der neuen Schöpfung anbricht (Offb. 21, 23).
Offb. 21, 23: Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes, daß sie scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm.
Wie die Mitherrschaft der Vollendeten und einst der ganzen Gemeinde mit Christo ihrem Haupt und ihre Teilnahme am Gericht vorzustellen sei, darüber gibt die Heilige Schrift keinen Aufschluß; sie gibt einfach die Verheißung, damit muß es uns genug sein, und es ist genug für uns, um uns zu dem Gebet zu treiben:
O Jesu, hilf du mir selbst überwinden!
Gib, daß mein Christentum recht lauter sei;
laß sich nichts Heidnisch’s mehr an mir befinden;
ach mache mich vom finst’ren Wesen frei.
Du mußt mich lehren, mein Herz bekehren,
und das zerstören, was dich betrübt!
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Quelle:
Christian Römer, weil. Prälat und Stiftsprediger zu Stuttgart: Die Offenbarung des Johannes, in Bibelstunden erläutert (Verlag von D. Gundert, Stuttgart 1916)
Bildnachweise:
Sockel des Pergamonaltars, by Klaus-Peter Simon (Own work) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
Weblinks und Verweise:
Pergamonaltar – Thron Satans. Gedanken zum Pergamonaltar (pdf, zusammengestellt von Horst Koch, Herborn, 2007, externer Link zu horst-koch.de)
Das Sendschreiben an Thyatira (pdf, aus: Georg Flessa, Die sieben Sendschreiben der Offenbarung als kirchengeschichtliche Schau, 1988, externer Link zu philadelphia-laodicea.de)