1. Thessalonicher 5, 24 (Christoph Blumhardt)

Treu ist der, der euch beruft; er wird es auch ausführen. (1. Thess. 5, 24)

Wenn der Herr ruft, so ist’s mit der bestimmten Absicht, mit dem bestimmten Vorsatz, daß Er’s auch tun (d.h. Seine Pläne durchführen) wolle und werde. Gott kann nicht mit halbem Sinn rufen; sondern wenn Er einmal ruft, so ruft Er mit ganzem Herzen. Den Menschen, den Er ruft, den will Er haben, dem will Er alles geben und an ihm alles ausführen, was Er sich vorgenommen hat und wozu Er ruft.

Solche Absicht hat Er nicht etwa heute, um sie morgen wieder fallen zu lassen. Er bleibt dabei; und das ist’s, wenn es im Spruch heißt: „Treu ist Er.“

Viele scheinen sich freilich Gott als einen wankelmütigen Gott vorzustellen, der heute so, morgen so wolle – oder gar heute selig mache, morgen verdamme. Lernen wir doch an Seine Treue glauben! Und hören wir auf zu zweifeln, wenn Er gerufen hat – als ob’s dem lieben Gott nicht recht ernst wäre, wenn Er rufe, oder als ob Er Seinen Sinn ändern würde! Alles ist uns gegeben und zugesichert, wenn wir einmal Seinen Ruf vernehmen; und wir dürfen’s nehmen, wie wenn wir alles schon hätten, sobald wir uns haben gleichsam bei unsrem Namen rufen hören.

Tun also will Er’s, wenn Er ruft. Aber freilich, oft will Er wohl; aber dich muß Er auch dabei haben! Dir muß es auch aufrichtig um Ihn zu tun sein. Du mußt folgen, kommen, wenn Er ruft. Du mußt Ihm mit völligem Herzen untertan sein, darfst nicht dreinreden und es nicht nach deinem Kopf haben wollen. Du darfst nicht mit halbem Sinn kommen. Du darfst nicht, mit einem Wort, der sein, wofür du Ihn oft hältst: der heute Ja sagt und morgen Nein und immer zwischen Ja und Nein steht!

Ist’s recht bei dir und deiner Gesinnung, so bringt’s Gott sicher mit dir zum Ziel. Wankelmütige, Unredliche, Unaufrichtige lassen gleichsam den lieben Gott im Stich, wenn Er ihnen helfen und Gutes tun will. Dann kann Er’s nicht mit ihnen fertigbringen. Gott aber wird’s tun, solange du dem Herzen nach treu bist. Es kann nicht fehlen, denn Er ist treu! Auch auf dein Gefühl darfst du nicht achten.

So tun’s zwar viele, da sie sagen, sie empfinden ja nichts von dem Frieden in sich, von der Gewißheit der Vergebung der Sünden und ihrer Seligkeit! Gefühl her und hin: Er hat dich gerufen, und Er ist treu, und Er tut’s, wenn nur dein Herz Ihm anhangt!

Am meisten in Zweifel bringen können uns Fehler, die wir machen, Torheiten und Sünden, in die wir unwissentlich – freilich leider oft auch wissentlich hineingeraten. Allerdings erschweren wir damit dem lieben Gott Sein Werk an uns. Aber verhindern kann’s Ihn nicht, solange auf deiner Seite das gerade, offene, aufrichtige, immer wieder sich schuldig gebende und immer wieder es neu anfassende Herz ist. Auch bei Schwachheiten, über die du nicht Meister wirst – wie man denn in manchem zeitlebens mit sich zu kämpfen hat und immer wieder zu Fall kommt – darfst du nicht zweifeln. Der HErr wird nicht dein Unvermögen – das Er ja vorher wußte -, sondern nur deinen Willen ansehen, deine Sorge, deine Bekümmernis, deinen Eifer, deinen Ernst, deine Aufrichtigkeit. An uns, das will der Spruch sagen, liegt’s einzig und allein, wenn’s nicht gehen will: weil wir’s nicht gläubig erfassen und weil wir keine (ganzen) Herzen für Ihn haben.

Glaub’s dem Apostel: Er, der gerufen hat, ist treu und tut’s bei aller deiner Schwachheit! Geht’s etwa nicht, so darfst du die Schuld nicht auf Ihn schieben!

(Christoph Blumhardt * 1842 † 1919)


Zusatz: Zu 1. Thessalonicher 5, 24

Zweifel an der Treue Gottes

Manche werden in Angst gebracht, wenn sie etwa einen Judas ansehen, der auch gerufen war – und doch verloren ging! Sie fragen, warum es doch der HErr mit diesem Judas nicht habe zuwege bringen können, daß er sein Bistum (Amt) bewahrt hätte? Und so denken sie weiter: Wenn’s bei ihm fehlte – wie leicht könnte es auch bei ihnen fehlen!

Aber wenn doch nur einmal Judas ähnlich gedacht hätte, wie diese da sagen: daß er auch Angst bekommen hätte, ob’s auch mit ihm gut hinausliefe?! Er wäre sicherlich nicht verloren gegangen. Denn die Angst und Sorge um sein Seelenheil ist bei einem Menschen der Ausdruck der Aufrichtigkeit.

Wer aber bei bösen Neigungen, bei wirklichen Untreuen – wie sie sich Judas als Träger des Beutels und sonst erlaubte -, bei Regungen des Stolzes, der Eigenliebe und Empfindlichkeit sicher bleibt; wer ferner bei freundlichen Warnungen und Mahnungen ärgerlich und zornig wird, als tue man ihm Unrecht oder als beehre man ihn nicht genug; und wer niemals Miene macht, daß er sich demütigen und ändern wollte: der mag es bei solchem störrigen Sinn – welcher sich auch ins äußerlich-fromme Leben hereinschleichen kann – so weit bringen, daß auch der liebe Gott es nicht mehr über ihn gewinnt!

Für einen Petrus kann der HErr schon noch wirksam beten wie auch für die andern [Jünger], daß doch ihr Glauben nicht aufhöre, da Satan sie sichten wollte; denn sie selbst kamen für sich in Sorge und Angst, erkannten also aufrichtig und redlich ihre Schwachheit. Gaben es ja doch die Jünger mit ihrem: „HErr, bin ich’s?“ deutlich zu erkennen, wie sie sich selbst wenig zutrauten und wie sie über die Befürchtung noch nicht hinübergekommen waren, etwa gar auch noch Verräter werden zu können; denn es schien in ihnen aus Anregung des Satans gekämpft zu haben. Solchen Seelen kann der HErr helfen.

Aber bei selbstsüchtigen, geistlich hoch stehenden (hochfahrenden, hochmütigen), dem Geiz ergebenen, geheim-tückischen Christen – wie man sie je und je trifft -, mag’s allerdings auch dem lieben Gott schwer werden, es mit ihnen hinauszubringen (zur Rettung). Aber zugedacht hat’s ihnen der HErr mit festem Willen – wiewohl Er nur einladen und rufen, aber niemandem sich aufdringen kann. Wer ernstlich will, daß es Gott an ihm tue: Wahrlich, an dem tut Er’s auch!

Manchmal ist’s übrigens bei gewissen Leuten ein bißchen Unart, wenn sie dem lieben Heiland gleichsam vorhalten wollen: „Es hat doch auch beim Judas und sonst gefehlt – und so könnte mir’s auch fehlen oder könntest Du mich gleichermaßen aufgeben!“ Denn das sieht einem Widerspruch gleich, als wollten sie sagen: „Man darf eben doch Deinem Wort nicht ganz trauen!“

Wer so denkt und wer überhaupt alles und alles so auf den Heiland werfen und Dem immer nur die Schuld geben will, wenn er selbst, wie er sagt, nicht besser sei: der steht gefährlich! Hüte Dich vor solchem unkindlichen, Ihm gewiß sehr unliebsamen Wesen! Du aber (d. h. vielmehr) rege dich und traue und glaube! Und „schaffe nur deine Seligkeit mit Furcht und Zittern“, daß du nicht ein Dieb werdest wie Judas oder ein Betrüger wie Ananias und Sapphira oder ein Weltling wie Demas oder ein Fresser und Säufer und Mißhandler deines Gesindes und anderer wie jene Knechte, die der HErr „zerscheitern wird an Seinem Tage“, oder überhaupt ein Übeltäter, den der HErr „einst nicht kennt“! Nur solcherlei Leuten kann’s mißlingen.

Hast du aber noch Furcht Gottes in dir, daß du nicht so sein willst, so tut der HErr das Seine. Er läßt dich nicht im Stich – wenn du nicht durch Mißtrauen, durch Ausweichen und Weglaufen Ihn im Stich lässest!

Quelle:

Glaubensstimme – Die Archive der Väter:
Blumhardt, Christoph: Andachten zum 1. Brief des Paulus an die Thessalonicher


Weitere Betrachtung zu diesem Vers von Charles Haddon Spurgeon

Diese Schriftstelle ist der Tagesvers zum 13. April 2024

Übersicht 1. Thessalonicher 5

Eingestellt am 13. April 2024