Psalm 30, 6 (Spurgeon)

Denn sein Zorn währt einen Augenblick, und lebenslang seine Gnade; den Abend lang währt das Weinen, aber des Morgens ist Freude. (Psalm 30, 6)

Lieber Christ! Wenn du in der Nacht der Trübsal trauerst, so hoffe auf den Morgen; tröste deine Seele mit der Aussicht auf die Zukunft deines Herrn. Sei geduldig, denn „Des Menschen Sohn wird kommen In seiner Herrlichkeit“ (Matthäus 25, 31). Sei geduldig! Der Landmann harrt, bis er die Ernte einbringe. Sei geduldig, denn du weißt ja, wer Der ist, der gesagt hat: „Siehe, ich komme bald, und mein Lohn mit mir, zu geben einem jeglichen, wie seine Werke sein werden“ (Offenbarung 22, 12). Und wenn du jetzt noch so elend wärest, so fasse Mut! „Hebet eure Häupter auf, Die Erlösung ist nicht ferne!“ (Lukas 21, 28, Jesaja 51, 6). Vielleicht ist jetzt dein Haupt mit mancherlei Dornen der Trübsal gekrönt; aber einst wird es eine Sternenkrone tragen, und es dauert bis dahin nicht mehr so lange. Oder ist deine Hand von vielen Sorgen beschwert? Bald wird sie die Saiten der himmlischen Harfe rühren. Deine Kleider mögen vom Staub und Schmutz dieser Welt befleckt sein; sei getrost, einmal werden sie schneeweiß werden. Warte nur noch ein wenig. O, wie unbedeutend werden unsere Prüfungen und Leiden uns einst scheinen, wenn wir darauf zurückblicken? Wenn wir sie jetzt in der Nähe betrachten, wie unermeßlich kommen sie uns noch vor; wenn wir aber zum Himmel eingehen, dann werden wir rühmen: „Nun sind die Tränen ausgeweint, Dem treusten Freund bin ich vereint!“ Alsdann werden unsere Leiden uns als leichte und bald vorübergehende Heimsuchungen erscheinen. Darum mutig vorwärts! Und wäre die Nacht auch noch so finster; es kommt der Morgen, der weit mehr ist, als alle Vorstellung derer ahnt, die verschlossen werden in die Finsternis der Hölle. Weißt du, lieber Leser, was es heißt, von der Zukunft leben, von der Hoffnung sich nähren – den Himmel zum voraus genießen? Seliges Glaubenskind, wenn du eine solche gewisse, eine solch tröstliche Hoffnung hast! Jetzt mag dir alles düster erscheinen, aber bald wird’s helle werden; jetzt ist vielleicht überall um dich her Trübsal, aber bald schwebst du in einem Meer der Wonne. Was tut’s auch, „ob den Abend lang währt das Weinen?“ denn es kommt „des Morgens die Freude“.

(Charles Haddon Spurgeon)

Ein Augenblick unter dem Zorn unsres Vaters scheint sehr lang, und doch ist es im Grunde genommen nur ein Augenblick. Wenn wir seinen Geist betrüben, so können wir sein Lächeln nicht erwarten; aber Er ist ein Gott, der bereit ist zum Vergeben und bald alle Erinnerung an unsre Fehler auslöscht. Wenn wir vor seinem Mißfallen dahinsinken und dem Tode nahe sind, so gießt seine Huld uns neues Leben ein.

In diesem Verse ist noch ein andrer halb bebender Ton. Unsre Nacht des Weinens verkehrt sich bald in freudigen Tag. Kürze ist das Kennzeichen der Barmherzigkeit bei der Züchtigung der Gläubigen. Der Herr liebt es nicht, die Rute bei seinen Erwählten zu gebrauchen; Er gibt einen oder zwei Schläge, und alles ist vorüber; ja, und das Leben und die Freude, welche dem Zorn und dem Weinen folgen, sind mehr als Ersatz für den heilsamen Schmerz.

Komm, mein Herz, beginne dein Halleluja! Weine nicht die ganze Nacht hindurch, sondern trockne deine Augen im Vorgefühl des Morgens. Diese Tränen sind Tautropfen, die uns ebenso viel Gutes bedeuten, wie die Sonnenstrahlen am Morgen. Tränen machen das Auge klar für den Anblick Gottes in seiner Gnade; und machen das Erscheinen seiner Gunst um so kostbarer. Eine Nacht des Leides erzeugt jene Schatten des Gemäldes, durch welche die lichten Stellen deutlicher hervortreten. Alles steht wohl.

(Charles Haddon Spurgeon)

Quelle:

Zitierte Schriftstellen

Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle heiligen Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit; (Matthäus 25, 31)

Siehe, ich komme bald, und mein Lohn mit mir, zu geben einem jeglichen, wie seine Werke sein werden. (Offenbarung 22, 12)

Hebet eure Augen auf gen Himmel und schauet unten auf die Erde. Denn der Himmel wird wie ein Rauch vergehen und die Erde wie ein Kleid veralten, und die darauf wohnen, werden im Nu dahinsterben. Aber mein Heil bleibt ewiglich, und meine Gerechtigkeit wird kein Ende haben. (Jesaja 51, 6)

Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, so sehet auf und erhebet eure Häupter, darum daß sich eure Erlösung naht. (Lukas 21, 28)


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Eingestellt am 20. August 2024