Römer 6, 14

Denn die Sünde wird nicht herrschen können über euch, sintemal ihr [weil ihr ja LUT 2017] nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade.
(Römer 6, 14 LUT 1912)

Die Sünde wird herrschen, wenn sie kann: sie kann nicht zufriedengestellt werden mit irgend einem Platz unter dem Throne des Herzens. Wir fürchten zuweilen, daß sie uns überwinden wird, und dann rufen wir zum Herrn: „Laß kein Unrecht über mich herrschen“. Dies ist seine tröstliche Antwort: „Die Sünde wird nicht herrschen können über euch“. Sie mag euch angreifen und sogar verwunden; aber sie soll nie die Herrschaft über euch gewinnen.

Wären wir unter dem Gesetz, so würde unsre Sünde Kraft sammeln und uns unter ihre Macht halten; dann es ist die Strafe der Sünde, daß der Mensch unter die Macht der Sünde kommt. Da wir indes unter dem Gnadenbund sind, so sind wir gegen die Trennung von dem lebendigen Gott gesichert durch die gewisse Erklärung des Bundes. Gnade ist uns verheißen, durch die wir von unsren Irrwegen zurückgebracht, von unsren Unreinheiten gereinigt und befreit werden.

Wir möchten vielleicht in Verzweiflung uns niederlegen und es zufrieden sein, „den Ägyptern zu dienen“, wenn wir immer noch als Sklaven arbeiteten, um das ewige Leben zu erwerben; aber da wir des Herrn Freie sind, so fassen wir Mut, mit unsrer Verderbtheit und unsren Versuchungen zu kämpfen, versichert, daß die Sünde uns nie wieder unter ihre Gewalt bringen soll. Gott selbst gibt uns den Sieg durch unsren Herrn Jesum Christum, dem Ehre sei von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

(Charles Haddon Spurgeon)


Alle Juden waren ehemals in gewissem Verstand unter dem Gesetz, wie Paulus Römer 4, 16 andeutet, denn sie waren verpflichtet, das Gesetz Mosis mit allen Ceremonien, die dasselbe vorschrieb, zu halten, wurden aber von Christo erlöset, daß sie die Kindschaft des Neuen Testaments empfingen, Galater 4, 5. Auf eine andere Weise, die Römer 7 beschrieben ist, muß ein jeder Mensch, der unter die Herrschaft der Sünde gekommen ist, einmal unter dem Gesetz sein, ob er schon nicht verpflichtet ist, die Ceremonien, welche nur die Juden angingen, zu beobachten; denn des Gesetzes Werk oder Hauptzweck ist dieses, daß das hohe Recht Gottes, eine vollkommene Heiligkeit zu fordern und die Sünder zu verdammen, von dem Menschen erkannt werde.

Dieses Recht hat aber Gott gegen alle Menschen, sie seien Juden oder Heiden, und es ist zur Ehre Gottes nötig, daß dasselbe von einem jeden Menschen mit einem tiefen Eindruck erkannt werde. Es gibt also eine Zeit, da das Gesetz einem Sünder zum Tode gereicht, Römer 7, 10, das ist, ihn unter einer gewaltigen Zermalmung aller seiner Seelenkräfte überzeugt und fühlen läßt, daß er des Todes würdig sei (Römer 1, 32, 6, 23. Er will sich zwar durch die Verbesserung seiner Natur und seines Wandels helfen; so sehr ihn aber das Gesetz zu dieser Verbesserung als seiner großen Pflicht dränget und treibet, so unmöglich ist sie ihm zu selbigen Zeit, weil ihn das Gesetz nicht lebendig macht, Galater 3, 21, oder ihm keine geistliche Kraft darreicht. Daher entstehen die Klagen, die Röm. 7, 14-24. beschrieben werden.

In diesem Zustand darf und kann aber der Mensch nicht bleiben, sondern er muß durch den Glauben, den der Heilige Geist durch das Evangelium in ihm wirket, in einen andern Zustand übergehen, bei welchem man von ihm sagen kann: er sei nicht mehr unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade. Das Gesetz schrecket, die Gnade bringt den Frieden Gottes in’s Herz. Das Gesetz treibt zu mühsamen und vergeblichen Versuchen, sich selbst zu bessern, die Gnade macht von der Sünde frei. Das Gesetz tötet, die Gnade macht lebendig. Sobald der himmlische Vater Seinen Sohn dem Menschen durch den Heiligen Geist innerlich offenbart, sobald erlangt er Gnade. Nun wird er von dem Berg Sinai auf den Hügel Golgatha geführt, und siehet Denjenigen an, der da ein Fluch für ihn geworden ist und ihn vom Fluch des Gesetzes erlöset hat. Auch wird er auf den Berg Tabor geführt, um aus der Verklärung Jesu einigermaßen zu erkennen, zu welcher Herrlichkeit er dereinst durch Ihn gelangen solle.

Heut zu Tag legt sich die Christenwelt insgemein dar, daß sie ohne Gesetz lebe, wie Paulus Röm. 7, 9. redet. Ihre Sittenlehre ist etwas Totes, folglich nicht das Gesetz Gottes, welches Paulus einen tötenden, folglich sehr mächtigen Buchstaben nennet. Darum ist auch die Sünde bei ihr tot, das ist, sie macht ihr mit ihrer tötenden Kraft, welche sie durch’s Gesetz ausübt, nichts zu schaffen. Wer aber immer so ohne Gesetz lebt, und sich dessen mit Fleiß erwehrt, gelangt nie zur Gnade; denn das Gesetz ist der Vorhof, durch welchen man durchgehen muß, wenn man in das Heiligtum der Gnade hineingehen will. Wehe aber auch demjenigen, der, wenn er in diesen Vorhof gekommen ist, wieder zurückgeht, ehe er zur Gnade gelangt ist! Gnade ist das Ziel der Bekehrung. Unter der Gnade sein ist ein seliger Stand, der ewiglich währen soll.

 

 

 

 

 

 

 

(Magnus Friedrich Roos)

Quelle:


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Eingestellt am 10. Dezember 2023