Lukas 5, 8

Da das Simon Petrus sah, fiel er Jesu zu den Knieen und sprach: HERR, gehe von mir hinaus! ich bin ein sündiger Mensch.

In einem Gedicht von Eichendorff wird ein Mensch geschildert, der sich bedenkenlos in den buntfarbigen Wirbel der Welt gestürzt hat:

Dem zweiten sangen und logen
Die tausend Stimmen im Grund,
Verlockend’ Sirenen, und zogen
Ihn in der buhlenden Wogen
Farbig klingenden Schlund.

Und wie er auftaucht vom Schlunde,
da war er müde und alt.
Sein Schifflein, das lag im Grunde.
So still war’s rings in der Runde –
und über die Wasser weht’s kalt.

Das ist eine ernste Stunde, wenn der kalte Wind weht und uns aufweckt aus aller Träumerei und uns unsere wirkliche Lage erkennen läßt: fern vom lebendigen Gott, beladen mit viel Schuld und Sünde!

Dieser kalte Wind der Wirklichkeit, der aller Weltseligkeit und allen religiösen Träumereien ein Ende bereitet, hatte auch den Petrus aufgeweckt:

„Ich bin ein sündiger Mensch.“

Nun sah er zum ersten Mal, was sein Leben in Wirklichkeit vor Gott wert war. Und wir können nur bitten, daß Gott uns allen zu solcher Klarheit und Wahrheit verhelfe.

„Herr, gehe von mir hinaus“, sagt Petrus.

Hat er da nicht ganz Recht? Ein sündiger Mensch und der heilige Gott passen wirklich nicht zusammen! Und doch – in dem Augenblick sprach Petrus eine große Torheit. Wie, wenn Jesus gegangen wäre? Wenn Jesus ihn in seinem verlorenen Zustand allein gelassen hätte?!

„Herr, komm zu mir: denn ich bin ein sündiger Mensch!“ So muß es heißen. So wollen wir bitten. Und solche Bitte wird erhört. Amen.

(Pastor Wilhelm Busch)

Des gläubigen Eichendorffs Gedicht endet übrigens so:

Es singen und klingen die Wellen
Des Frühlings wohl über mir;
Und seh ich so kecke Gesellen,
Die Tränen im Auge mir schwellen –
Ach Gott, führ‘ uns liebreich zu dir!

(Joseph von Eichendorff: Die zwei Gesellen, 1818)

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Erfolglosigkeit und Erfolg liegen oft weit auseinander. Es gibt Menschen, die von der Erfolglosigkeit ununterbrochen verfolgt werden, es gelingt ihnen nichts. Das ist bedenklich. Es ist kein Wunder, wenn Gott einem Menschen Dieses und Jenes nicht gelingen lässt, um ihn zu demütigen; aber wenn einem Menschen nichts gelingen will, so frage er sich: ist Gott mit mir? Und wenn Gott nicht mit ihm ist, so steht er nicht richtig zu seinem Gott. Vielleicht fehlt es ihm an Demut und Bescheidenheit? Hat man ein offenes Auge, so kann man oft sehen, wie gründlich verfehlt das Leben einzelner Menschen ist, um ihres Hochmuts willen; sie wollen immer hoch hinaus und Gott läßt ihnen nichts gelingen. Wohl dem Menschen, den Mißerfolg demütigt! Wehe aber dem Menschen, den er verbittert! Fast ebenso schlimm als Letzteres ist völlige Mutlosigkeit und Verzagtheit, in die man durch Mißerfolg kommen kann. Petrus und seine Mitarbeiter hatten auch erst Erfolglosigkeit; die ganze Nacht hatten sie gearbeitet, aber nichts gefangen. Wir merken nicht, daß diese Erfahrung ihnen geschadet hätte. Paulus sagt in Phil. 4, 12.13: ich habe gelernet, bei welchen ich bin, mir genügen zu lassen; ich kann niedrig sein und kann hoch sein; ich bin in allen Dingen und bei allen geschickt, beides, satt sein und hungern, beides, übrig haben und Mangel leiden. Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus.

Das ist der richtige Stand, wenn man Überfluß und Mangel vom Herrn annimmt, und bei dem Einen wie bei dem andern demütig ist. Erfolg macht ja sehr leicht hochmütig; es ist Gefahr, ihn sich selbst zuzuschreiben. Petrus demütigt sich tief bei dem reichen Fischfang. Herr gehe von mir hinaus! ich bin ein sündiger Mensch, ruft er aus. Er fühlt sich des Segens, der vor ihm liegt, unwürdig und sieht in dem großen Fischfang die Majestät der Macht und Liebe des Herrn, dem er sich zu Füßen wirft. Demut im Glück ist nicht jedermanns Ding; viele können das Glück leider nicht ertragen. Aus den Menschen, die Gottes Güte beugt, kann Gott etwas Großes machen, weil sie ihm die Ehre geben. Das erfüllte sich auch bei Petrus: der Herr machte ihn zum Menschenfischer, gab ihm den höchsten Beruf.

Herr, hilf mir alles, was mir begegnet, aus Deiner Hand annehmen, damit ich in Demut stets Deinen Namen preisen könne. Amen.

(Elias Schrenk)

Quelle: Suchet in der Schrift. Tägliche Betrachtungen für das ganze Jahr mit Anhang, S. 176. Von E. Schrenk. 2. Auflage, 32. bis 36. Tausend. Kassel. Druck und Verlag von Ernst Röttger, 1892.

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Eingestellt am 6. Januar 2021