Habakuk, Übersicht

Der Prophet Habakuk

Von Habakuk’s Person und Lebensumständen wissen wir nichts. Über seinen Namen („Umarmer“ oder „umarmt“) bemerkt Luther:

„Habakuk hat einen rechten Namen zu seinem Amte. Denn Habakuk heißt auf deutsch: ein Herzer oder der einen anderen in die Arme nimmt. Er thut auch also mit seiner Weissagung, daß er sein Volk herzet und tröstet, wie man ein arm weinend Kind herzet, daß es schweigen oder zufrieden sein soll, weil es ob Gott will soll besser werden“.

Wahrscheinlich weissagte Habakuk unter Josia oder Jojakim, da mit einemmal Babylon sich über Nineve erhob, was Habakuk 1, 5f. als etwas Neues, Unerhörtes erwähnt. Nachdem Nahum den Untergang der assyrischen Weltmacht geweissagt, tritt demnach mit Habatut die Prophetie in ein neues Stadium, in das der chaldäischen Periode. Kap. 1 und 2 behandeln in Rede und Gegenrede von fast dramatischer Lebendigkeit das Thema aller Prophetie: Sünde, Gericht und Heil, während Kap. 3 ein schwungvoller Psalm ist, in welchem der Prophet das Heil seines Gottes preist.

Züchtigung Juda’s durch die Chaldäer. 1, 2 – 11.

Zuerst klagt der Prophet über Gewalt, Unrecht, Frevel und Hader, die unter seinem Volk im Schwange gehen und das Gesetz erstarren machen, alles unter Gottes ruhigem Zusehen, V. 2-4. Er erhält hierauf zur Antwort, daß, von Jehovah erweckt, das grimmige, ungestüme Volk der Chaldäer über die Breiten der Erde einherziehen, alles niederwerfen und mit sich fortreißen, Könige und Festungen verlachen, dabei aber in vermessenem Troß seine Kraft vergöttern werde, V. 5-11.

Untergang der Stolzen. 1, 122, 20.

Wie erschrocken hierüber nimmt nun der Prophet seine Zuflucht zur altbewährten Güte und Heiligkeit Gottes als zur Gewähr dafür, daß diese Züchtigung durch die Chaldäer nicht zum Tode führen werde; ja er stellt nun auch wegen dieser neuen Gewalttätigkeit, die so ungehindert schalten und auch Gerechte verschlingen dürfe, da Menschen wie Fische zusammengerafft werden, damit der Fischer dann sein Netz göttlich verehre, gewissermaßen Gott zur Rede, indem er von seiner prophetischen Warte aus nach göttlicher Antwort ausschaut 1, 122, 1.

Diese erhält er denn auch: Gottes Wort, obwohl es zögere, bleibe doch nicht aus, sondern schreite sicher und schnell der Erfüllung entgegen, das Wort nämlich, daß der Übermut des trunkenen Eroberers zu Schanden gemacht werden, der Gerechte dagegen durch seine ausharrende Treue (Glauben*) der Rettung teilhaftig werden soll.

*) griech: pistis (πίστις) bedeutet Glaube, Vertrauen, Überzeugung, Treue

Kap. 2, 2Da antwortete mir Jehovah: schreibe nieder das Gesicht und mache es deutlich auf den Tafeln, daß laufen könne, wer es liest.  3. Denn noch geht das Gesicht auf die bestimmte Frist, und es strebt dem Ende [Ziele] zu und täuschet nicht.  Wenn es verzieht, so harre sein, denn kommen wird’s, nicht bleibt es aus.  4. Siehe, aufgeblasen, nicht gerade ist seine [des trotzigen Eroberer’s] Seele in ihm, der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben (1. Mose 15, 6).  5. Und dazu kommt, daß der Wein betrügt, ein prahlerischer Mann besteht nicht. Er, der da aufweitet wie der Höllenrachen seine Gier, der wie der Tod nicht satt wird, und an sich rafft alle Völker und sich zusammenbringt alle Nationen.  6. Werden nicht diese alle über ihm einen Spruch erheben, eine Stachelrede, Rätsel auf ihn!  und man wird sprechen:

Es folgen nun fünf Wehe über die freche, sich selbst vergötternde Raubgier des Chaldäers, seine Sucht, durch Gewalt und List eine feste Dynastie zu gründen, seine frevelhaften Bauten, seine Mißhandlung der Unterjochten und seinen Götzendienst. Zwischen hinein aber verkündigt der Prophet das hohe Ziel des göttlichen Rats (V. 14), daß die Erde voll werden soll von Erkenntnis der Herrlichkeit Jehovah’s, wie die Wasser das Meer bedecken (4. Mose 14, 21) und schließt mit der Mahnung: „Jehovah ist in seinem heiligen Palast; stille vor ihm, alle Welt!“

Gebet um Erbarmen im Gericht. Kap. 3.

Was dem Propheten durch die göttlichen Antworten offenbart worden ist, hallt nun noch nach in seinem Inneren, wo es weiter verarbeitet wird, um in einen erhabenen Psalm sich zu ergießen.  Indem Habakuk sich in’s Gebet um das Kommen Jehovah’s und um Erbarmen in seinem Richten versenkt, schaut und schildert er in majestätischem Hochgesang dies gewaltige, unter dem Aufruhr der Elemente hereinbrechende Kommen Gottes zur Rettung für sein Volk, entsprechend seinem Eingreifen zur Erlösung aus Aegypten (V. 1-15).   Zwar zittert das Herz des Propheten, wenn er an die Leiden denkt, die vorher noch über Israel hereinbrechen, aber schließlich steigt doch seine Seele wieder empor zum Jubel in dem Gott seines Heils (V. 16ff). Durch den Schluß:

„Dem Gesangmeister zu meinem Saitenspiel“ ist wohl angedeutet, daß Habakuk selbst als Levite den Vortrag mit seinem Spiel begleiten wollte.  Die Ueberschrift V. 1 „auf Schigjonat“ (Ps. 7, 1) heißt wohl: „nach Dithyrambenweise“ und bezieht sich auf die dichterische Form und Singweise, nicht auf den Inhalt dieses „Gebets“.

Quelle:

Handbuch der Bibelerklärung, Erster Band. Das Alte Testament, S. 813ff. Mit zwei Karten. Fünfte, umgearbeitete Auflage. Calw und Stuttgart, Verlag der Vereinsbuchhandlung, 1878 [Digitalisat]

Eingestellt am 16. April 2023 – Letzte Überarbeitung am 1. Juli 2023