Psalm 50, 21

Ich schweige, da meinest du, ich sei so wir du. Aber ich will dich zurechtweisen und es dir vor Augen stellen. (Ps. 50, 21)

Unsere, wie sie meint, aufgeklärte Christenheit leugnet diese Wahrheiten in unsern Tagen. Man spricht viel von einem guten Vater, der so gutmütig sei, daß er seinen ungezogenen und mißratenen Söhnen kein finsteres Gesicht machen könne, der aus sich machen lasse, was seine boshaftigen Buben nur wollen; man spricht auch viel von gutgearteten Kindern, die freilich ihre Schwachheiten an sich haben, mit welchen sie es indessen nicht so genau zu nehmen brauchen, weil der herzgute Vater es nicht so genau damit nimmt; man muß, wenn man die Neueren hört, darüber erstaunen, was die gebornen Sünder und Kinder des Zorns und des Teufels für eine Liebe zu Gott haben, in welch gutem Einverständnis sie mit ihm leben müssen. Alle diese Lügen sind nichts als Versuche, welche die Kinder der Verdammnis anstellen, um die inwendige Angst ihrer Seele und das laute Schreien nach Erlösung und nach Vergebung der Sünden, das in jedem Menschen ist, er mag’s glauben oder nicht, zum Schweigen zu bringen, um die Stimme der Wahrheit im Herzen zu übertäuben. Und das nennen sie Weisheit. Aber überfirnisset nur euer Inwendiges; leget nur eure, wie ihr meinet, heilenden Pflaster auf euren bösen Schaden; stellet euch nur, wenn ihr diese Pflaster aufgelegt habt, wie wenn ihr rein und gesund wäret; fahret fort in eurem Wahne, so lange ihr könnet; siehe, es kommt ein Tag, ein Tag der Wahrheit, ein Tag der Offenbarung, da wird die Schminke herunterstäuben von eurem Totengesichte und ihr werdet offenbar werden als das, was ihr seid, als Leute des Verderbens, als Verfluchte, die dem andern Tode verfallen sind.

Der Untergang der ersten Welt,
die aus der Art geschlagen,
das Feuer, das auf Sodom fällt,
Ägyptens lange Plagen
und andre Wunder deiner Macht
bezeugen, wenn dein Zorn erwacht,
wie du nach Werken lohnest.

Und weil vor dir, gerechter Gott,
kein Sünder kann bestehen,
der nicht des Mittlers Blut und Tod
zum Schild sich ausersehen:
So gib mir die Gerechtigkeit,
die mich von deinem Zorn befreit,
durch sein Verdienst zu eigen.

Quelle:

Ludwig Hofacker: Erbauungs- und Gebetsbuch für alle Tage, nebst einem Anhang von besonderen Gebeten.

Eingestellt am 01. November 2021