26. Januar

Aus seinem Munde ging ein scharfes zweischneidiges Schwert.
Offenbarung Johanni 1, 16

Dies Schwert ist scharf und schneidet auf beiden Seiten; und Paulus sagt: Wir sind Gott ein guter Geruch Christi, beides, unter denen die selig werden, und unter denen, die verloren werden. Dies Wort verfehlt also seines Zweckes nie. Ein Schwert, vornehmlich ein scharfes, zweischneidiges, dient dazu, anzugreifen und alles, was Widerstand bietet, selbst den schützenden Schild zu durchhauen. Ein solches geht aus Jesu Munde, und er ist es selber. Dies Schwert erreicht auf beiden Seiten seinen Zweck. Er braucht’s auf der einen Seite in Gnaden und durchdringt die Seele des Menschen mit seinem Wort und Geist. Trotz aller entgegen gehaltenen Schilde des Hochmuts, der Sicherheit, der eigenen Gerechtigkeit, des Unglaubens, der Welt- und Sündenliebe, womit er sich umringt, donnert und ruft Er in die Seele: Adam, wo bist du? Und er muß nackend hervor. Am
ersten christlichen Pfingsten geht Zuhörern, die vor vierzig Tagen Christum gekreuzigt hatten, das Wort so durch’s Herz, daß sie ausrufen: Ihr Männer, lieben Brüder, was sollen wir thun? und ihrer auf einmal 3000 gläubig werden. Saulus reist schnaubend mit Dräuen und Morden nach Damascus. Aber durch Seine Frage: Saul, Saul, was verfolgst du mich? macht Jesus aus diesem reißenden Wolf ein folgsames Schaf. Wie oft ist es schon geschehen, daß die steifesten Ungläubigen bewogen wurden, zu den Füßen des Kreuzes Christi anzubeten, daß die stolzesten Pharisäer, an ihrer eigenen Vortrefflichkeit verzagend, an Christum gläubig wurden, daß diejenigen anfingen, Evangelium zu predigen, die es früher haßten, verspotteten und verfolgten; daß die leichtfertigsten Personen voll heiligsten Ernstes und Andacht wurden, daß Lasterknechte ihr Laster verfluchten; daß man sagen konnte: „Solche sind eurer etliche gewesen; aber ihr seid
abgewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht worden durch den Namen des Herrn Jesu Christi und durch den Geist unseres Gottes.“ In welchen allen sich die Gnade Christi als ein scharfes, heilsames Schwert zum Heil der Seele erweiset. Mag dies gleich Schmerzen verursachen und das Weib in Kindesnöten geraten; es wird dadurch doch ein Mensch geboren.

Das Wort des Herrn ist ein zweischneidig Schwert,
Und ist zugleich der größte Trost auf Erd‘:
Wenn’s schneiden soll, so schneidt’s bis in die Seele,
Und soll es heilen, ist’s ein Lebensöle.

Andacht aus: Tägliches Manna für Pilger durch die Wüste. Schatzkästlein aus Gottfried Daniel Krummachers Predigten, Seite 27. Neu herausgegeben von J. Haarbeck, Pastor in Elberfeld, im November 1899 (Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins, Neukirchen, Kreis Mörs)

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