Hesekiel 36, 37

Ich will mich wieder fragen lassen vom Hause Israel, daß ich mich an ihnen erzeige, und will sie mehren wie eine Menschenherde.

Betrachtung zum 9. August

Es gibt allerlei Verhältnisse im Leben der einzelnen Menschen und der Völker, die man ernst, ja sehr ernst nennen kann. Am ernstesten ist wohl die Lage, in der man Gott nicht mehr fragen, nicht mehr beten kann, weil Gott nicht mehr hört, nicht mehr antwortet. Von Saul lesen wir in 1. Samuel 28, 6: er rathfragte den Herrn, aber er antwortete ihm nicht. – Der Herr hatte sein Angesicht von Saul abgewendet um seines Ungehorsams willen, und so saß er in trostlosem Dunkel und nahm seine Zuflucht zu einer Wahrsagerin. Welch‘ gewaltige Aufforderung liegt in dieser Thatsache zur Furcht Gottes und zum Wandel in Gottes Wegen. Wenn es bei dir mit dem Beten nicht recht gehen will, wenn dir der Himmel verschlossen scheint, so frage dich ob du über keinen Ungehorsam gegen Gott Buße zu thun hast. Von dem bußfertigen, gebeugten Menschen läßt Gott sich fragen, auch wenn er sein Angesicht eine Weile verborgen hatte. O, die Gnadenstunden, in denen Gott einem unter Druck und Nacht seufzenden Menschen sein Angesicht wieder leuchten läßt!

Da athmet man wieder auf; man kann das Wort  G n a d e  wieder fassen, und das vorher umhüllte Auge kann jetzt auf Jesum sehen, dessen Heilandsliebe das beschwerte Herz und Gewissen entlastet und stillt. So wird erfüllt: ich will mich an ihnen erzeigen. Herrlich ist es, wenn solche Erfahrungen in weiteren Kreisen gemacht werden, wie ja der Herr Israel als Volk sagt: ich will mich wieder fragen lassen, dass ich mich an ihnen erzeige. Es gibt ja Zeiten, in denen es scheint, als sei über einer Gegend, über einem Volk ein Leichentuch ausgebreitet. Durch irgend welchen Anstoß schafft der Herr eine Bewegung, ein Fragen nach ihm und antwortet dann durch seinen Geist, so daß ihm Kinder geboren werden. Ihm sei Dank! daß wir auch in unsern Tagen sehen dürfen, er mehrt sein Volk.

Herr Jesu! Durch Dich habe ich Zugang zum Gnadenthron; ich danke Dir von Herzen dafür. Erhalte mir diesen Zugang offen. Hilf mir unter der bewahrenden Kraft Deines Blutes in der Furcht Gottes zu wandeln, daß es mir nie an Trost und Licht fehle. Amen.

Elias Schrenk
(1831-1913)

Quelle: Suchet in der Schrift. Tägliche Betrachtungen für das ganze Jahr mit Anhang, S. 222. Von E. Schrenk. 2. Auflage, 32. bis 36. Tausend. Kassel. Druck und Verlag von Ernst Röttger, 1892.

Hesekiel