Pastor Arthur Walter (1860-1919)

P a s t o r  A r t h u r  W a l t e r
g e b o r e n  i n  R i g a  2 0.  S e p t e m b e r  1 8 6 0
g e s t o r b e n  i n  R i g a  1 6.  M a i  1 9 1 9

Walters erstes und letztes Amt war das Pfarramt an der großen, ja übergroßen lettischen St.-Gertrud-Gemeinde in Riga. Sie wuchs bis auf fünfunddreißigtausend Seelen heran, vielleicht die größte Personalgemeinde der evangelischen Kirche. Die Gemeindeglieder lebten zerstreut in dem ganzen großen Weichbilde der Stadt. Walter, ein vorzüglicher
Kenner der lettischen Sprache, diente seiner Gemeinde mit Aufopferung seiner Kraft, ja, hat oft über seine Kraft gearbeitet.

Kirche St. Gertrud In Riga

Der Grundton seiner Predigt war die Verkündigung der Liebe und Gnade Gottes, die er selbst in seinem Leben reichlich erfahren. Zweifel haben
seine Seele nie durchwühlt. Die Arbeit an seiner Gemeinde füllte sein Leben aus. Er suchte trotz der Größe der Gemeinde sich auch im Kleinsten als treu zu bewähren und erreichte es, daß er trotz der Menge seiner Gemeindeglieder doch in persönliche Fühlung mit denselben kam.

Als auch er von den Bolschewiken zusammen mit seiner Frau ins Gefängnis gebracht wurde, rief er ihr, als sie auseinandergerissen wurden, gefaßt zu: „Vergiß es nicht: Größer als der Helfer ist die Not ja nicht“. Er hat im Gefängnis schwer gelitten, geklagt hat er nie, aber viele getröstet. Sein Körper war nicht widerstandsfähig. Ihm wurden von der Gefängnisverwaltung „für die Armee“ die Stiefel fortgenommen, und er bekam von ihr Bastschuhe, mit ihnen angetan mußte er die Straße vom Eise reinigen und mit nassen Füßen im eisigen Schneewasser stehen, Strümpfe zum Wechseln waren nicht vorhanden.

Der Hunger, unter dem die Gefangenen zu leiden hatten, schwächte ihn vollends, so
wurde er bald ein Opfer des im Gefängnis herrschenden Flecktyphus, zu dessen Bekämpfung das bolschewistische Regime nicht fähig und auch nicht willens war. „Mögen doch die Burshuis* krepieren“, war ihreMaxime. Walters Frau, die bald freigelassen wurde und von der Erkrankung ihres Mannes erfahren, hatte durch Wochen sich gemüht, zum Mann zu gelangen, doch vergebens. Durch den behandelnden Arzt erfuhr sie, daß er mit großer Geduld seine Leiden trage, und daß das Geschick seiner vollständig ausgeraubten Angehörigen ihn sehr beunruhige.

* Anm.: abwertend für Bourgeois

Endlich gelang es der Pastorin, zu ihrem Manne vorzudringen. Zehn Minuten waren ihr erlaubt, bei ihm zu bleiben. Doch wie fand sie ihn, — bewußtlos, bis zur Unkenntlichkeit abgemagert, im Todeskampf. Der Wächter stand mit der Uhr in der Hand neben der Pastorin, als die zehn Minuten um waren, wurde sie hinausgewiesen. Zwei Stunden später ist er in Frieden heimgegangen.

Der Tod des geliebten Pastors rüttelte die Gemeinde auf. Trotz des Terrors setzte sie es durch, daß ihr Hirte in einem ordentlichen Sarg von der Kirche aus beerdigt wurde. Die Riesenkirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Tod Walters hatte dazu geholfen, daß es zu diesem ersten Ermannen gegen den Bolschewikenterror auch unter den Letten Rigas kam**.

** Nach schriftlichen Aufzeichnungen der Pastorin H. Walter geb. Walter

Quelle: Oskar Schabert, Pastor zu St. Gertrud in Riga: Baltisches Märtyrerbuch, Furche-Verlag. Berlin 1926. S. 173-174 [Digitalisat, pdf]

Nachtrag: Nur sechs Tage nach dem Tod Arthur Walters wurde Riga durch die Baltische Landeswehr erobert.

Literatur

Quelle: Wikipedia (DE) – Seite „Arthur Walter“

Weblinks und Verweise

Eingestellt am 4. Oktober 2022 – Letzte Überarbeitung am 5. Oktober 2022