Von den Quasten an den Kleidern
37 Und der HERR sprach zu Mose:
38 Rede mit den Kindern Israel und sprich zu ihnen, daß sie sich Quasten machen an den Zipfeln ihrer Kleider samt allen ihren Nachkommen, und blaue Schnüre auf die Quasten an die Zipfel tun; (5. Mose 22.12) (Matthäus 23.5)
39 und sollen euch die Quasten dazu dienen, daß ihr sie ansehet und gedenket aller Gebote des HERRN und tut sie, daß ihr nicht von eures Herzens Dünken noch von euren Augen euch umtreiben lasset und abgöttisch werdet.
40 Darum sollt ihr gedenken und tun alle meine Gebote und heilig sein eurem Gott.
41 Ich bin der HERR, euer Gott, der euch aus Ägyptenland geführt hat, daß ich euer Gott wäre, ich, der HERR, euer Gott. (LUT 1912)
Kohlbrügge, Hermann Friedrich – Vom himmelblauen Faden
Predigt über 4. Buch Mosis, Cap. 15, Verse 37-41
Gehalten am 13. Oktober 1861.
Ich behandle mit euch, meine Lieben, zu dieser Stunde Bibelworte, die euch beim ersten Anhören fremd scheinen, dann aber euch zu herrlicher Freude und Dank gegen den treuen und gnädigen Gott stimmen werden; Worte sind es, die einen bleibenden Eindruck auf euch machen werden, wenn ihr den rechten Verstand derselben in euch werdet aufgenommen haben.
Wir lesen 4. B. Mosis, Cap. 15, Vers 37 – 41:
“Und der Herr sprach zu Mose: Rede mit den Kindern Israel’s und sprich zu ihnen, daß sie ihnen Läpplein machen an den Fittigen ihrer Kleider, unter allen euren Nachkommen, und gelbe Schnürlein auf die Läpplein an die Fittige tun; und sollen euch die Läpplein dazu dienen, daß ihr sie ansehet und gedenket aller Gebote des Herrn und tut sie, daß ihr nicht eures Herzens Dünken nach richtet, noch euren Augen nach huret. Darum sollt ihr gedenken, und thun alle meine Gebote, und heilig sein eurem Gott. Ich bin der Herr, euer Gott, der euch aus Egyptenland geführet hat, daß Ich euer Gott wäre: Ich der Herr, euer Gott.“
Die Veranlassung zu diesem Befehl Gottes gab die im vorigen Kapitel mitgeteilte Steinigung eines Mannes, der am Sabbathtage Holz gelesen hatte. Es war also ein Befehl des barmherzigen Gottes, der dazu dienen sollte, die übrige Gemeinde, welche durch solch fürchterliches Strafgericht tief erschüttert gewesen sein mag, auf dem Wege des Lebens zu halten und vor dem gleichen Gericht zu behüten.
Der Befehl, wie er äußerlich in Buchstaben verfaßt ist, geht uns nicht mehr an; um so mehr aber die darin beschlossene Lehre. Damit wir aber den Befehl selbst um der darin enthaltenen Lehre willen desto besser verstehen, haben wir zuvor Luther’s Uebersetzung zu berichtigen.
Nach dem Hebräischen lautet der Befehl Vers 38, 39:
„Rede mit den Kindern Israel’s und sprich zu ihnen, daß sie sich Franzen machen an den Zipfeln ihrer Kleider unter ihren Geschlechtern, und einen Faden von Himmelblau (dunklem Blau) auf die Franze des Zipfels setzen. Und er (der Faden) soll euch an der Franze sein, daß ihr ihn ansehet und gedenket aller Gebote des Herrn und solche thuet; daß ihr nicht umherspähet nach eurem Herzen und euren Augen nach, mit welchen ihr buhlet (welchen ihr nachhuret).“
Vernehmen wir die Lehre, welche für uns in diesen Worten liegt.
I.
1) Der Herr, der so wunderbar groß von Geduld und Langmut ist, der nicht will, daß Jemand verloren gehe, deckte seinem Volke Israel mit diesen Worten etwas auf, und deckt annoch auch uns damit etwas auf, was nur demjenigen, der rat- und rettungslos verloren ist, Mut machen kann. Ein Solcher nur vernimmt aus diesen Worten, daß noch Gnade bei Gott für ihn da sei; nur einem Solchen wird das tiefe Verderben dadurch aufgedeckt, in welchem wir an und für uns selbst stecken. Wohl uns, daß Gott der Herr es uns aufdeckt; wer würde sonst darauf kommen, wer würde es von sich selbst glauben, daß er so grundlos verdorben ist?
Wer aber also Gotte glaubt, wird der ihm nicht danken für das Mittel, das Gott zu seiner Bewahrung gibt, und dasselbe ergreifen? Was der Herr hier sagt, sagt er zu allen Kindern Israel’s, zu denen, die er sein Volk nennt, von denen er sagt, daß er ihr Gott sei. So sagt er es denn auch zu uns, so wahr als sein Wort ein ewig bleibendes ist. Hören wir es deßhalb alle, was der Herr sagt; wähnen wir nicht, daß wir darüber hinaus seien, wer wir auch sein mögen! Ihr, ihr, spricht der Herr, ihr seid Buhler, ihr buhlet fortwährend; das hört bei euch nicht auf, ihr seid fortwährend von mir ab, und habt immerdar andere Götter vor meinem Angesicht. Götter habt ihr, die den Himmel und die Erde nicht gemacht; Götter, die euch nicht erlöst haben, noch erretten werden aus der Not: dennoch buhlet ihr ihnen nach vor meinem Angesicht. Schreckliche Sünde, deren wir alle schuldig vor Gott stehen! Der Mann, der den Sabbathtag entheiligt hatte, wurde zu Tode gesteinigt; müßte uns dieselbe Strafe nicht auch treffen? Wenn ein Weib buhlt, die Ehe bricht mit ihrem Manne, dann soll sie nach Mosis Gesetz ohne Barmherzigkeit gesteinigt werden. Welche Strafe verdienen wir alsdann, die wir fortwährend die Ehe, den Bund brechen, welchen wir mit Gott eingegangen? Ihr buhlt, spricht Gott, – ihr sollt nicht ehebrechen, ihr sollt nicht buhlen! –
II.
Welche sind denn unsere Buhlen, denen wir, wie Gott es uns hier aufdeckt, nachhuren? Ach, wer sollte es glauben, stände es hier nicht geschrieben! Könnten wir sie noch von uns entfernen, könnten wir ihnen entfliehen! Aber wie sind sie uns so nahe, und wie werden sie uns so nahe, ach! so nahe bleiben bis zu unserm Tode! Ja, erst dann werden sie zusammenbrechen, erst dann erlöschen, erst mit dem Tode wird das schändliche Buhlen mit ihnen aufhören. Unsere Buhlen, denen wir nachhuren, sind, – Gott deckt es uns auf, – sind unsere Herzen und unsere Augen!
So ist unser Herz nicht gut, so sind denn unsere Augen nicht gut? Ach nein, was sollte das Herz, seit es verdorben, noch anderes sein, als ein trotziges und verzagtes Ding; was ist es anderes, als ein wahrer Weichling! Ach, was doch nicht alles in dem menschlichen Herzen steckt! Was wird nicht alles darin gedacht, gewünscht, überlegt, gesprochen, das doch lauter Greuel und Gottesvergessenheit ist! Gewiß ist der ein Narr, der sich auf sein Herz verläßt. Das sagt der Herr wohl auch an einem anderen Orte aus, was von Innen heraus, aus unserem Herzen hervorgeht. Es steckt das Herz voll böser Begierde, und es ist nur darauf aus, uns dahin zu bringen, daß wir von dem Herrn unserem Gott, der Quelle alles Lebens, alles Heiles und aller Ruhe abweichen. O, wie wahr ist es demnach, was der Herr sagt: daß wir unserem Herzen nachhuren!
„Das Dichten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.“
Und unsere Augen!? Ach, sie sind im Paradiese aufgetan, seit die Schlange die Eva verführt hat, zu essen von dem Baume, trotz des Verbotes! – sie sind aufgetan, um uns in allerlei Weise dessen zu überführen, daß wir nackt sind. – Was nimmt unser Herz vor, was blicken wir so stolz? Wozu die hohen Augen, wozu all die Herzensstücke? Greuliche Buhlen haben wir in und an uns, die uns stets abführen von unserem höchsten Gut! Ahala und Ahaliba heißen wir, und unsere Herzen und Augen sind die Fürsten und Herren, gegen welche wir entbrennen, so oft wir ihrer gewahr werden, um uns mit ihnen zu verunreinigen und sie mit uns, nach Hesekiel 23. So sind wir böse, unsere Herzen böse, und unsere Augen böse. Das brauche ich wohl nicht weiter auseinander zu setzen. Gottes Volk wird es reumüthig bekennen, daß das Herz immerdar begehrt, was wider Gott streitet, daß die Augen stets dem nachtrachten, was man nicht haben kann und doch haben will. Gottes Volk wird es bekennen, daß es, statt dem bösen Herzen und den bösen Augen nicht Folge zu leisten, der Sclave und Buhle von Aug‘ und Herz ist; daß es bereit ist, dasjenige aufzuspüren von allem Sichtbaren, was das Herz begehrt und was die Augen gelüstet!
III.
Und nun Gott!? O wie reich, wie groß ist er an Erbarmung! Wie hat er so volles Mitleiden mit unserem Elende! Nein, er tut nicht mit uns nach unseren Sünden. Worin aber besteht unser Glück? Ist es uns nicht allein geschaffen, zugesichert und wohl verwahrt in unseres Gottes guten Geboten? Wird uns beim Halten dieser Gebote etwas abgehen von wesentlichem Glück für dieses Leben, abgesehen davon, daß für uns die ewige Seligkeit darin liegt? Er will uns glücklich wissen, er, der gnädige Gott.
Glücklich können wir aber nur sein in dem Halten seiner Gebote, aller seiner Gebote, nicht etlicher nur, sondern aller. Aller, sagt der Herr, auf daß unserem Glücke nichts abgehe, auf daß nichts daran fehle. Das buhlerische Herz, die buhlerischen Augen lassen uns stets auf Dinge geraten, die nur Schmerzen verursachen. Schauet alles Erschaffene an! – was hilft’s, ob wir Alles haben, und es nicht in Gott, nicht nach seinem Willen haben; was hilft alles Genießen, wenn wir nicht in Gott genießen; was fruchtet alles Wirken und Schaffen, wenn es nicht in Gott getan ist? Aber mißgönnt der Herr uns denn Etwas, Er, der sich selbst uns ganz gibt; schenkt er sich selber uns, wird er uns da nicht mit sich selbst auch alle Dinge schenken? alle Dinge, die uns Not tun, einem Jeglichen nach Stand und Beruf?
Ach, wenn nicht sein Gebot für und mit uns ist, so haben wir ja nicht, was wir haben, so genießen wir ja nicht, was wir genießen. Ist es doch alles Sünde, was nicht aus Glauben hervorgeht. Gott aber, der barmherzige Gott, sieht, wie unglücklich wir uns selbst machen, indem wir für Herz und Augen aufspüren, was dieselben gelüstet. Indem aber Alles mit seinem Gebote übereinkommen muß, was ohne Sünde geschehen soll, was mit wahrem Genuß verbunden und was für die Dauer ist, so will er uns in seiner Gnade bei seinen Geboten halten. Und auf daß wir bei seinen Geboten gehalten werden, zieht er unsere buhlerischen Augen von den eigenen Gelüsten ab, und zieht sie auf einen von Gott gesetzten Gegenstand hin, damit auf diese Weise auch das buhlerische Herz in Bande der Liebe Gottes geschlagen sei. Dies geschieht, damit wir nicht das aufspüren, was das böse Herz und das böse Auge will, sondern damit wir dem nachspüren, und damit wir das betrachten, was uns wesentlich dient zur unvergänglichen Freude.
IV.
Dieser Gegenstand war für die Kinder Israel’s eine himmelblaue Schnur, oder Faden, womit die Franzen an den Zipfeln der Kleider mußten besetzt werden. Die Uebersetzung „gelbe Seide“ ist nicht zulässig. Diese Schnur, oder Faden, und namentlich ihre Farbe hatte ihre Bedeutung, und zwar eine besondere, und kommt als solche häufig vor. Unter den Farben der Teppiche, welche die Wohnung des Herrn ausmachten, ist Himmelblau die erste Farbe neben dem Weiß. Himmelblau waren die Schleiflein, welche die Teppiche vereinigten. Himmelblau war die erste Farbe der inneren und der äußeren Vorhänge der Stiftshütte. Desgleichen war es auch die erste Farbe des hohenpriesterlichen Schildleins, des Leibrocks und Gürtels. Mit einer himmelblauen Schnur wurde das Schildlein mit seinen Ringen an die Ringe des Leibrocks geknüpft. Des Hohenpriesters Mantel oder Rock war ganz himmelblau; himmelblau war auch die erste Farbe der Granatäpfel an dem Saum dieses Rocks. Endlich das goldene Stirnblatt war gleichfalls an den Hut geheftet mit einer himmelblauen Schnur. So finden wir das Himmelblau an der Wohnung Gottes und an den Kleidern des Hohenpriesters stets vorherrschend. Ja, wenn die Kinder Israel’s zogen, wurde die Bundeslade in den Vorhang gewickelt, und beides bedeckt mit einer himmelblauen Decke. So wurden alsdann auch der Schaubrottisch, der goldene Altar und der Leuchter mit solchen Decken bedeckt; und über alle Geräte, mit welchen man im Heiligtum zu schaffen hatte, mußte man himmelblaue Decken tun.
Es hatte diese Farbe demnach für die Kinder Israel’s eine besondere Bedeutung, welche sie wohl werden verstanden haben. Dieselbe Farbe also, die an allen geheiligten Dingen und Personen war, sollten sie auch an den Ecken ihrer Kleider tragen. Die Kinder Israel’s wurden demnach für eben so geheiligt gehalten, darum lesen wir Vers 40: „Ihr sollt heilig sein eurem Gott.“
Da die ganze Stiftshütte, die heilige Kleidung und ihre Farben nach dem Bilde waren, welches Gott Mosi auf dem Berge gezeigt, der Leib dieses Bildes aber Christi war, so werden wir nicht irren, wenn wir es in folgender Weise fassen. Der Stoff des Fadens, als eine Frucht der Erde, ist auf Christi menschliche Natur zu deuten, wie sie zum Leiden und Gehorsam und zum Fruchtbringen gemacht war. Die himmelblaue Farbe des Fadens, welche ja die Farbe des Himmels ist, und bei den Alten als Farbe des Ueberirdischen, das sich auf Erden verklärt, wie auch als Farbe der Treue angesehen ward, und bei den Hebräern die Offenbarung Gottes, wie auch seines Gesetzes und seiner Bundestreue bedeutete, haben wir nach der Regel des Glaubens auszulegen auf den Menschen Christum Jesum, 1. Tim. 2, 5; den Herrn vom Himmel, 1. Cor. 15, 47; Gott geoffenbaret in Fleische, 1. Tim. 3, 16, der als Mittler und Ausrichter (Bürge) des Gnadenbundes, Ebr. 8, 6; c. 7, 22, nachdem er den Willen Gottes, zugleich als der Seiende im Himmel, Joh. 3, 13, getan, uns als treuer Hoherpriester Ebr. 3, 5, segnet und als König in seinem Ehebund hält. Hos. 2, 19; Eph. 4, 27; Phil. 3, 20.
V.
So wissen wir denn nun, was die himmelblaue Schnur oder der himmelblaue Faden uns lehrt. Dem Buchstaben nach aber brauchen wir keinen solchen Faden an die Zipfel unserer Kleider zu tun. Das hat Alles in Christo ein Ende; aber seinen Lehrzweck bewahrt auch dies Gebot noch; nur ist Alles nach Geist zu verstehen. Da werden dann die Kleider und Zipfel und Franzen auch zu Bildern; zu Bildern unseres inneren Gedankengewebes und aller Aeußerungen und Endzwecke dieses Gedankengewebes.
In Folgendem besteht also die Lehre: Wir Menschen spüren dasjenige in dem Dienst unserer Herzen und Augen auf, wonach die Herzen und die Augen begehren, wir buhlen mit ihnen; und so bleibt dann Gottes Gesetz darniederliegen. Alsdann werden alle seine Gebote schändlich übertreten, und das Ende solchen Buhlens ist der ewige Tod. Da erbarmt sich aber Gott unser; – er gibt uns Christi, unseres Bürgen, Gehorsam und Treue, seine himmlische Gesinnung, sein Halten aller Gebote Gottes. Gott schenkt und rechnet uns dies zu, so daß wir das Alles im Glauben zu eigen bekommen, und dies uns Zugerechnete gleichsam als eine Schnur oder Faden durch alle Aeußerungen und Endzwecke unseres Gedankengewebes hindurchgehe, und diese damit verknüpft seien und darin enden. Auf solche Weise ist uns nun der vollkommene Gehorsam unseres Bürgen und Mittlers stets vor den Augen des Geistes und des Glaubens gegenwärtig, auf daß wir darauf sehen, als auf einen festen Mittelpunkt unseres Denkens und Sinnens. Alsdann ist dem gewehrt, daß die Augen das Eigene stets sehen, daß das buhlerische Herz buhle, und daß wir von beiden verführt werden zu Werken eigener Wahl und eigenen Willens. Durch diesen Faden werden diese Augen und dieses Herz, obwohl sie böse an und für sich sind, durch Erleuchtung und Macht der Gnade des Geistes gehalten in allen Geboten Gottes, um nach denselbigen zu tun und Gottes Wohlgefallen in Allem aufzuspüren.
VI.
Denn das sollen wir wohl verstehen aus unsern Textworten, daß Gott, wenn er seine Gnade verherrlichen will, nicht darnach fragt, wer wir sind, und wie unsere Herzen und unsere Augen beschaffen sind. Er sagt es uns ja gerade aus, daß wir das aufspüren, was das verdorbene Herz und die hohen Augen wollen, und daß wir mit ihnen buhlen. Was bleibt uns da noch übrig, als dem Herrn zu danken für seine Gnade, mit der er uns demütigt. Was bleibt uns übrig, als die Veränderung nicht mehr von uns selbst zu erwarten, sondern von der Wirkung des himmelblauen Fadens auf uns. Was bleibt uns noch übrig, als daß wir, so wie wir sind, diesen Faden uns anheften, damit er durch alle Endzwecke unserer Gesinnungen und durch alle unsere Handlungen sich hindurchziehe.
Es predigen also diese Worte mächtiglich den Glauben, den Glauben an Jesum Christum, wie dieser für uns alle Gebote Gottes gehalten und das Gesetz in sich wieder aufgerichtet hat, auf daß das Recht des Gesetzes in uns erfüllt wäre, die wir nicht wandeln nach Fleisch, sondern nach Geist.
Die Textworte lauten ohne Bild nicht anders, denn die Worte Pauli: „Seid ihr nun mit Christo auferstanden, so suchet, was droben ist, da Christus ist, sitzend zu der Rechten Gottes. Trachtet nach dem, das droben ist, nicht nach dem, das auf Erden ist. Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott“; Col. 3, V. 1-3.
VII.
Danken wir also dem Gott aller Gnaden, daß er um uns bekümmert ist, Sorge für uns trägt und uns in seine Obhut nimmt, wie böse und buhlerisch wir auch sind. Er würdiget uns dieses Glücks, die wir sein Volk sind, daß wir in allen seinen Geboten einhergehen und dieselben tun dürfen. Er selbst trägt Sorge dafür, daß wir seine Gebote im Gedächtnis behalten, auf daß wir wirklich glücklich seien, samt unsern Kindern und Kindeskindern. Das tut er eben durch diesen himmelblauen Faden, durch Christi leidenden und tätigen Gehorsam, durch die Treue, mit der Christus das Werk, das der Vater ihm auf Erden zu vollenden gegeben hat, hinausführt. Diesen Gehorsam macht er durch den Glauben uns zu eigen, daß wir auf ihn sehen, und diesen Gehorsam stets vor Augen haben und also keusch bleiben bei unserem Gott und allen seinen Willen tun.
VIII.
Es giebt Viele, die da meinen, sie kämen mit Christi Gehorsam, und seiner Erfüllung des Gesetzes Gottes durch und zu einem guten Ende, obschon sie mit ihren Herzen und Augen buhlen. Solche werden sich aber getäuscht finden. Denn das ist die Frucht und Wirkung des himmelblauen Fadens, daß die Augen und darnach das Herz, kurz wir selber, auf alle Gebote Gottes gerichtet werden. So ist das denn die Lehre der Wahrheit und dies das richtige, daß wir uns den himmelblauen Faden dazu dienen lassen, wozu er uns von Gott gegeben ist: Christi Gehorsam im Glauben zu umfassen und anzusehen, wirket Gehorsam; so daß es aus Glauben zum Glauben geht.
Wer nun tief beschämt ist über sein Buhlen, heilsverlegen und bekümmert seiner hohen Augen und seines unbeschnittenen Herzens wegen, der wird Gott gehorchen, welcher mit seinem gnädigen Befehl kommt, und diesen himmelblauen Faden sich anheften, und auf denselbigen sehen, weil er sich selbst nun einmal für einen Buhler und Buben hält. Und wer nun also demütig und als Einer, der sich selbst nicht mehr traut, auf diesen Faden sieht, der erfährt wohl, was das Himmelblau Christi vermag. Solche Gnade wolle Gott der Herr bei Anfang und Fortgang bei uns verherrlichen um seines lieben Sohnes willen.
Amen!
Quelle: Kohlbrügge, H. F. – Der himmelblaue Faden; aus: Glaubensstimme