Ein Wort zur evangelischen Jugendarbeit (Wilhelm Busch)

Denn Demas hat mich verlassen und hat diese Welt liebgewonnen und ist gen Thessalonich gezogen; (2. Timotheus 4, 10)

Schmerzerfüllt schrieb einst der Apostel Paulus von einem seiner bisherigen Mitarbeiter:

„Demas hat mich verlassen und die Welt liebgewonnen.“

Wenn dieser Demas heute lebte, dann hätte er es nicht nötig, die christliche Gemeinde zu verlassen. Er würde bleiben, weil er in der Jugendarbeit der Christenheit ein großartiges Betätigungsfeld fände. Ja, er würde bald zu hohen Ehren aufsteigen. Und dann würde er in irgendeinem Jugendblatt einen Aufsatz schreiben, in welchem er dem Apostel Paulus nachweisen würde, daß er eine „pietistische“ oder gar „introvertierte“ Theologie hätte und daß er, der Paulus, schuldig sei an dem gesetzlichen Wesen in der bisherigen Gemeindearbeit.

In einem zweiten Aufsatz würde er den Aposteln sagen: Es geht nicht an, daß ihr solch einen Trennungsstrich zieht zwischen Gemeinde und Welt, wie es der Johannes tut in dem Satz: „Habt nicht lieb die Welt!“ So darf man nicht sagen und tun! Denn“ — so würde  Demas ausführen — „das Salz gehört in die Suppe und nicht neben den Suppentopf!“

Ich sehe die Artikelserie des Demas vor mir. Darin würde er etwa schreiben: Es geht nicht an, daß ihr zu den Götzenfesten der Heiden einfach Nein! sagt. Ihr müßt mitfeiern und dafür sorgen, daß es hübsche, nette und anständige Götzenfeste werden!“ — So etwa würde Demas heute schreiben.

Man verkennt völlig die geistige Lage der heutigen Jugend. Da tun diese Leute, die ihre Jugendarbeit mit Tanz, Diskussionen und Kino bestreiten wollen, als wenn sie wunder wie modern seien. Und dabei ahnen sie gar nicht, daß sie völlig unmodern sind und keine Ahnung haben von der geistigen Lage der heutigen jungen Generation. Wie sieht es denn da aus? Die größte Not der heutigen Jugend ist, daß sie nichts mehr ernst nehmen kann. Ohne daß sie es sich klar macht, leidet sie darunter. Diese geistige Situation ruft nach nichts anderem als nach der klaren Verkündigung des Evangeliums. Alle Werte und Lebensinhalte sind dieser Jugend zerbrochen. Nichts kann ihr Herz mehr richtig gefangennehmen. Und da stehen wir Christen da mit einer Botschaft, die man einfach ernst nehmen muß: daß Gott in Jesus ein großes Heil geschenkt hat, und daß dieser Jesus zur Nachfolge aufruft, und daß ein ewiges Reich unter uns angebrochen ist.

Die Lage

Vor mir liegt ein Blättchen, darin heißt es:

„Wir möchten gern am kommenden Samstag ein kleines Fest feiern, ein Sommerfest. Wir würden uns freuen, wenn auch du, liebes Mädel und du, lieber Junge und ihr, liebe Eltern und liebe Gemeindeväter an unsrer Freude teilhaben könntet für den Magen und die Kehle ist eine Kleinigkeit vorbereitet, es soll euch nicht viel kosten, wir wollen
natürlich nicht nur essen und trinken, sondern auch tanzen und spielen.

(Wem fällt da nicht der Satz aus 1. Korinther 10, 7 ein: `Werdet nicht Abgöttische, gleichwie jener etliche wurden, wie geschrieben steht: Das Volk setzte sich nieder, zu essen und zu trinken, und stand auf, zu spielen´/ Die Schriftleitung.)

Auch die Älteren unter uns sollen dabei zu ihrem Recht kommen, also dann bis zum    Samstag, den 22. 9., um 20 Uhr in unsrer Lutherkirche. Es ladet herzlichst ein: die Jugend Luther-Süd.

Programmfolge: „Polonaise / Tanzserie für alle / Totozettel / Tanzserie für Anfänger / Fußballspiel / Volkstanz / Gemeinschaftstanz / der widerspenstige Besen / Tanzserie für die Halbwüchsigen / Heute geh’n wir bummeln / Volkstanz / Gemeinschaftstanz . . . “

Ja, hier kann sich Demas wohlfühlen. Wahrscheinlich führt er die Polonaise an. Es meine nur niemand, das sei eine einzelne Entgleisung. Nein! Das soll offenbar immer mehr der Kurs in der evangelischen Jugendarbeit werden. Und wer nicht mitmachen will, der ist „hoffnungslos rückständig“.

Da schreibt mir ein Pfarrer einen notvollen Brief. Er schildert, wie sein blühender Jugendkreis allmählich in die Brüche geht. Denn der Synodal-Jugendpfarrer holt an jedem Samstag die Jugend zusammen zu Tanzkreisen. Damit ist ein Geist in seinen Jugendkreis eingekehrt, der dem Heiligen Geist stracks zuwider ist. „Ich kann in den Bibelstunden kaum noch ein Lied ansagen“, schreibt er, „ohne daß noch ein paar sich schnell die Erlebnisse des letzten Samstag zuflüstern.“ Am meisten hat mich in seinem Brief die Bemerkung erschüttert, daß die ernsten, suchenden Seelen dem Kreis fernbleiben. Wohin gehen sie? Wenn’s gut geht, in die Freikirchen!

(Pastor Wilhelm Busch: Verkündigung im Angriff)

Bei den Erwachsenen anders? Wie wäre es mit Lacht hoch die Tür?