So lautet Jahwes Auftrag an den Propheten Hesekiel:
1 Und du, Menschenkind, nimm einen Ziegel; den lege vor dich und entwirf darauf die Stadt Jerusalem
2 und mache eine Belagerung darum und baue ein Bollwerk darum und schütte einen Wall darum und mache ein Heerlager darum und stelle Sturmböcke rings um sie her.
3 Vor dich aber nimm eine eiserne Pfanne; die laß eine eiserne Mauer sein zwischen dir und der Stadt, und richte dein Angesicht gegen sie und belagere sie. Das sei ein Zeichen dem Hause Israel.
Auf den ersten Blick scheint das ein knabenhaftes Spiel. So spielten wir als Kinder mit Festungen und Soldaten. Auf einem Ziegelstein, an denen es in Babel nicht fehlte, ritzt der Prophet den jedem Israeliten nur zu bekannten Grundriß der Heiligen Stadt ein.
Mit spielerischer Phantasie baut er ringsum alles auf, was zu einer Belagerung in jener Zeit nötig war: Wälle und Türme, Sturmböcke und Heerlager. Eine eiserne Platte, wie sie zum Backen benutzt wird und sonst über das Feuer gelegt wird, stellt er aufrecht zwischen sich
und die Stadt Jerusalem. Ich bin der Belagerer, heißt diese Haltung.
Die stumme Pantomime mag die Besucher ins Fragen getrieben haben. Der Orient liebt solche Bilder- und Gleichnisrede und versteht sie schneller als wir Westeuropäer. Es ist kein eindeutiger Vorzug unserer abendländischen Art, daß wir lieber theoretisieren, statt
zu schauen. Der Orient versteht besser als wir, bildhaft zu denken. „Das soll ein Zeichen sein für das Haus Israel“.
(Hans Brandenburg: Das Lebendige Wort – Hesekiel, Priester – Seher – Prophet)
===========================================
Der Knecht hat es mit Wirklichkeiten zu tun, die jedoch nur in sehr schwachem Maße den wirklichen Tatsachen gerecht werden, die er aber bis zu einem gewissen Grade selbst erfahren muß. Es besteht ein großer Unterschied im Verhalten und in der Kraft zwischen jemand, der gewisse Umstände am eigenen Leibe erfahren, und jemand, der nur von ihnen gehört hat, sei es auch sehr ausführlich. Es ist der Unterschied zwischen dem Zeugen und dem Geschichtsschreiber.
(James Butler Stoney: Die Erziehung in der Schule Gottes)
===========================================
Die Belagerung der Stadt und das bevorstehende Schicksal Israels mußte der Prophet den in seinem Hause ihn besuchenden Exulanten in zwei Zeichen darstellen (4, 3: das sei ein Zeichen dem Hause Israel); jedes dieser Zeichen bestand in mehreren Handlungen sinnbildlicher Art.
Zuerst wird Ezechiel angewiesen (V. 1-3), auf einem Lehmziegel die Stadt Jerusalem bildlich darzustellen samt den Schuttwällen, die die Feinde zu ihrer Einschließung errichten werden; zwischen sich und die Stadt (auf dem Ziegel) solle er eine Pfanne als eiserne Mauer stellen als eine feste, undurchdringbare Scheidewand, zum Zeichen, daß Gottes Ratschluß unwiderruflich und kein Bitten und Klagen der bedrängten Einwohner zu Gott dringen könne.
Während er als Stellvertreter Gottes die Belagerung Jerusalems sinnbildlich vollzieht, soll er V. 4-8 zugleich das Schicksal des in seiner Hauptstadt selbst bedrängten Volkes abbilden; auf seiner linken Seite 390 Tage liegend, ohne sich zu wenden, soll er die Strafe der Sündenschuld Israels, sodann weitere 40 Tage auf der rechten Seite liegend die Strafe für Juda’s Missetat tragen.
(Der Prophet Ezechiel, Kapitel 4. In: Handbuch der Bibelerklärung, Erster Band. Das Alte Testament, S. 889f. Mit zwei Karten. Fünfte, umgearbeitete Auflage. Calw und Stuttgart. Verlag der Vereinsbuchhandlung, 1878. Digitalisat)
Übersicht: Der Prophet Hesekiel