Kommt heut‘ an eurem Stabe (Schubart)

1) Kommt heut‘ an eurem Stabe,
Ihr halb Erstorb’ne schon,
Und denket an dem Grabe
An einen Simeon.

2) Er betet in dem Tempel
Hinauf zu seinem Gott,
Und wird uns ein Exempel
Von einem schönen Tod.

3) Still flossen seine Tage,
Still wie ein Balsam fleußt:
Und hell, wie Sommertage,
So helle war sein Geist.

4) Er soll den Tod nicht sehen,
Der gotterfüllte Mann,
Bis er von jenen Höhen
Den Mittler sehen kann.

5) Er sieht ihn! mit Entzücken
Drückt er ihn an die Brust:
Es strahlt von Jesu Blicken
Ihm Seligkeit und Lust.

6) Seht doch den frommen Alten
Mit flammendem Gesicht
Die welken Hände falten,
Und höret, was er spricht:

7) „Mit silbergrauen Haaren
Kann ich im Frieden nun
Zu meinen Vätern fahren,
Um sanft, wie sie, zu ruh’n:“

8) „Die Fülle meiner Freuden,
Die Hilfe aus den Höhn,
Das Licht der blinden Heiden,
Den Trost hab‘ ich gesehn.“

9) Nun wird sein Glaube größer,
Und sein Entzücken steigt;
Er drücket den Erlöser
Fest an sein Herz – und schweigt.

10) Herr, soll ich, alt an Jahren,
Gekrümmt von Harm und Not,
Zu meinen Vätern fahren:
So sterb‘ ich seinen Tod!

11) Zwar werd‘ ich Gott nicht sehen
Noch hier, wie Simeon;
Doch über jenen Höhen
Erwartet er mich schon.

12 „Dann tönen meine Lieder:
Heil mir! Nun seh‘ ich Ihn!“
„Die Himmel hallen wieder:
Heil dir! Nun siehst du Ihn!“

Liedtext: Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791)
Melodie: „Christus, der ist mein“

Quelle: Lied Nr. 68, in: Das Gemeinschaftliche Gesangbuch, zum gottesdienstlichen Gebrauch der Lutherischen und Reformirten Gemeinden in Nord=America. Auf Verlangen der meisten Prediger beyder Benennungen gesammelt und von den Committeen zweyer Ministerien geprüft und genehmiget. Erste Auflage. Baltimore, Gedruckt und herausgegeben von Schäffer und Maund, 1817.
[Digitalisat, jeweils externe Links zu Hymnary.org]

Weblinks und Verweise

Christian Friedrich Daniel Schubart bei Wikipedia (DE)

Christian Friedrich Daniel Schubart bei Hymnary.org

Christian Friedrich Daniel Schubart bei Projekt Gutenberg

Liedeintrag bei Hymnary.org

Chr. Daniel Friedrich Schubarts Gedichte aus dem Kerker; Wien und Preßburg,  1 7 8 5. [Digitalisat]

Jehova, den mit Zittern
Das Heer der Geister ehrt,
Und den aus Nachtgewittern
Der Sünder donnern hört;
Den Erd und Himmel kennen –
Dich darf ich Vater nennen,
Dein Sohn hat’s mich gelehrt.

(Chr. Fr. Dan. Schubart)


Eingestellt am 21. Mai 2024