2. Samuel 15

Absalom’s Aufruhr. David’s Flucht aus Jerusalem.

2. Sam. 15, 116, 14

Kap. 15, 1ff.  Was Absalom auf so schlimme Bahnen brachte, das war sein Ehrgeiz, der kein Mittel scheute, und durch keine kindliche Scheu vor seinem Vater in Schranken gehalten wurde. Um sich in königlichem Prunk zu zeigen, schaffte er sich Wagen und Rosse und eine Leibwache von 50 Mann an, die vor ihm herliefen. Um sich ferner beim Volk beliebt zu machen, pflegte er sich morgens früh in der Nähe des Tors der Königsburg aufzuhalten; und wenn Jemand kam, um beim König Recht zu suchen in irgend einer Sache, so erkundigte er sich leutselig nach seiner Herkunft und nach seinem Anliegen; und sagte dann bedauernd: deine Reden sind gut und gerade, aber beim König ist Niemand aufgestellt, der dich anhören und deine Sache recht prüfen würde; wenn er nur Richter wäre, er wollte jedem zu seinem Recht verhelfen.  (Daß David wirklich Mißbräuche hätte einreißen lassen, ist damit gar nicht erwiesen; wer Unrecht bekam, glaubte natürlich gern, seine Sache sei nicht gehörig geprüft worden). Wenn dann Jemand ihm als dem Königssohn nach morgenländischer Sitte zu Füßen fallen wollte, so duldete er das nicht sondern ergriff ihn bei der Hand und küßte ihn.  V. 6. Also stahl Absalom das Herz der Männer Israels.

V. 7ff. Nach vier (so statt „vierzig“) Jahren glaubte Absalom die Zeit gekommen, seinen Plan auszuführen. Er wendete bei David vor, daß er ein Gelübde erfüllen wolle, welches er schon in Gesur für den Fall seiner Heimkehr nach Jerusalem gelobt habe; darum wolle er in Hebron eine Opferfeier veranstalten. David entließ ihn mit Frieden. Absalom aber hatte Hebron, die alte Königsstadt, zum Beginn eines Aufstands gewählt, um sich an seines Vaters Stelle auf den Thron zu setzen. Durch geheime Boten hatte er unter allen Stämmen Israels sagen lassen: wenn ihr der Posaunen Schall hören werdet (es waren also Männer aufgestellt, die von einem Berg zum andern das Signal weiter geben mußten), so sprechet: Absalom ist König geworden zu Hebron. 200 Gäste, die nichts von dem Vorhaben wußten, gingen mit von Jerusalem. Nach Hebron zu dem Opfer hatte Absalom auch den klugen Rat David’s, Ahitophel von Gilo (nahe bei Hebron) bestellt, der wohl schon im Einvernehmen mit ihm stand. Aus 23, 34. 11, 3 erhellt, daß er Bathseba’s Großvater, aus 23, 39, daß sein Sohn Uria’s Kriegsgenosse war. Er mochte sich berufen glauben, die Schande der Familie zu rächen. Wirklich entstand ein großer Zulauf, und schnell ward der Bund der Verschworenen stark.

V. 13ff. Ein Bote brachte David die Nachricht: das Herz Jedermanns in Israel hat sich nach Absalom gewandt. David verlor sogleich allen Mut: er sah die von Nathan gedrohten Gerichte Gottes hereinbrechen 12, 10. „Auf“, ruft er, „lasset uns fliehen, denn hier wird für uns kein Entrinnen sein vor Absalom“. Auch wollte er gerne, in selbst verschuldeter Schwäche, das Blutvergießen vermeiden. Seine Knechte erklärten sich bereit, ihm in allem zu folgen. Der König verließ Jerusalem, und seine ganze Familie folgte ihm: nur zehn Nebenweiber blieben zur Bewachung des Palastes zurück. Am äußersten Haus von Jerusalem blieb David stehen und ließ die Schar derer, die ihm folgten, an sich vorüberziehen: da kamen alle seine Knechte, es kam die Leibwache der Krethi und Plethi (s. zu 8, 18), dazu 600 Gathiter, die unter David von Gath gekommen waren (vielleicht waren sie bei der Eroberung von Gath 1. Chron. 18, 1 zu ihm übergegangen; andere Erklärer meinen, es seien die 600 Mann, welche schon in die Verbannung mit ihm nach Gath gegangen waren 1. Sam 27, 2). David, gerührt ob dieser Treue der Fremden, sprach zu Ithai, dem Anführer dieser Schar: warum gehest du auch mit uns? Kehre um und bleibe bei dem Könige, denn du bist fremd und magst auch (wieder) an deinen Ort wandern. Gestern bist du gekommen, und heute soll ich dich mit uns flüchtig gehen heißen, da ich hingehe, wo ich hin kann gehen (d. h. wo ich eine Zuflucht finde). Kehre um und nimm deinen Bruder mit, dir widerfahre Barmherzigkeit und Treue. Aber Ithai antwortete: beim Leben Jehovah’s und des Königs: an welchem Ort mein Herr der König sein wird, es sei zum Tode oder zum Leben, da wird dein Knecht auch sein. So bewies der Fremdling größere Treue als das wankelmütige Volk David’s. Uebrigens sammelten sich auch viele aus dem Volk bei David, und wo der Zug der Fliehenden hinkam, da weinte alles. Er schlug den Weg über den Kidron ein, dem Oelberg und der dahinter beginnenden Wüste (Juda) zu; es ist Anfangs derselbe Weg, auf dem später Christus nach Gethsemane gegangen ist, Joh. 18, 1.

Quelle:

Handbuch der Bibelerklärung, Erster Band. Das Alte Testament, S. 380f. Mit zwei Karten. Fünfte, umgearbeitete Auflage. Calw und Stuttgart, Verlag der Vereinsbuchhandlung, 1878 [Digitalisat]

Vers-für-Vers

2. Samuel 15, 23 (Spurgeon)

Eingestellt am 20. April 2023 – Letzte Überrarbeitung am 29. Juni 2023