„Ich bin jedermann allerlei geworden, auf daß ich allenthalben je etliche selig mache.“ (1. Korinther 9, 22)
Pauli große Sorge war nicht nur, dass er lehre und bessere, sondern daß er errette. In nichts anderem hätte er Befriedigung finden können; er wollte, daß die Menschen im Herzen erneuert, versöhnt, geheiliget, wahrhaft errettet und selig würden. Haben unsere christlichen Bestrebungen etwas Geringeres im Auge gehabt als dieses eine Notwendige? Dann wollen wir bessere Wege einschlagen, denn was nützte es, wenn wir die Menschen bloß gelehrt und gebessert haben, und sie doch am letzten großen Gerichtstage nicht als Erlöste vor Gottes Thron erscheinen können. Blut wird unser Gewand färben, wenn wir im Leben nicht das eine Große erstrebt, wenn wir vergessen haben, daß die Menschen sollen durchs Evangelium selig werden. Der Apostel Paulus kannte das Verderben des natürlichen Menschen und suchte nicht, ihn zu erziehen, sondern selig zu machen; er sah die Menschen zur Hölle fahren und redete nicht von ihrer Läuterung, sondern von ihrer Errettung vor dem zukünftigen Zorn. Ihr Heil zu schaffen, gab er sich mit unermüdlichem Eifer hin, allenthalben das Evangelium zu predigen, die Menschen zu warnen und zu ermahnen, daß sie sich sollten versöhnen lassen mit Gott. Er betete inbrünstig und anhaltend und arbeitete unablässig. Seelen zu erretten, war seine verzehrende Leidenschaft, sein Ehrgeiz, seine Tätigkeit. Er ward ein Knecht aller Menschen, er mühte sich ab für sein Geschlecht und fühlte sich schmerzlich verletzt, wenn er das Evangelium nicht verkündigen konnte. Er begab sich aller seiner Vorzüge, um jedem Vorurteil zu begegnen; in untergeordneten Dingen beugte er seinen Willen, und wenn die Menschen nur bereit waren, das Evangelium anzunehmen, so waren ihm alle äußern, gottesdienstlichen Formen gleichgültig, ihm war das Evangelium das eine, was alles andre übertrifft. Wenn er nur jemand erretten konnte, so war er befriedigt. Das war die Krone, nach welcher er strebte, der einzige und genügende Lohn seiner Mühen und seiner Selbstverleugnung. Brennt dasselbe allverzehrende Feuer in uns? Wo ist unsere Liebe? Wo unsere Hingebung für Christum, wenn wir nicht seine Ehre suchen in der Errettung der Menschen? Ach, daß uns doch der Herr durch und durch mit einem unermüdlichen Eifer um das Heil der Menschen erfüllte!
Quelle: Abendandacht zum 7. Dezember, in Gold-Strahlen – Tägliche Abend-Andachten für häusliche Erbauung und stille Sammlung, von Charles Haddon Spurgeon, Prediger in London. Dem deutschen Christenvolke dargeboten von Dr. Balmer-Rinck. Verlag von J.G. Oncken, Hamburg, 1869. [Digitalisat]