P a s t o r E u g e n B e r g
g e b o r e n i m P a s t o r a t P e r n i g e l 24. August 1855
e r m o r d e t i n R i g a 14. März 1919
Nach Beendigung seines Studiums und kurzer Adjunktur* in der väterlichen Gemeinde Pernigel wurde Berg 1886 Pastor von Palzmar-Serbigal. Hier mußte er ein schweres Erbe antreten. Sein Vorgänger, der Pastor Karl Brandt, war von den Russen administrativ vom Amte entfernt und verschickt, weil er die Rekonvertiten bedient hatte. Berg hat um seines Gewissens willen nie gezögert, diese Armen pastoral zu bedienen, und stand infolgedessen immer unter Anklage.
* protestantische Geistliche, die einem Pfarrer als Aushilfe zugeordnet waren, wurden früher als Adjunkt bezeichnet.
Das erstemal wurde er auf vier Monate, das zweitemal auf acht Monate vom Amt suspendiert. Seine Verteidigung hat er in allen Prozessen kraftvoll selber geführt. Als er beim drittenmal schuldig befunden und seines Amtes entsetzt werden sollte, kam es nicht dazu, denn ein inzwischen erschienenes kaiserliches Gnadenmanifest erließ vielen „Verbrechern“ die Strafe, das kam auch Berg zugute.
Seiner Gemeinde predigte er warm und tief, für die Armen sorgte er treu und selbstlos, alle suchten und fanden bei ihm Rat und Hilfe. Im kleinen Kreise der brüderlichen Sprengelkonferenzen war er ein geschätztes Glied, auf der großen Synode mehr ein ernster Schweiger.
Nur einmal trat er hier mit einem wohldurchdachten, weit ausschauenden Projekt hervor: die deutschen und lettischen Gemeinden des Landes, die meist durch Personalunion des einen Pastors verbunden waren, zu trennen, um wenigstens auf kirchlichem Gebiete den Frieden zwischen Deutschen und Letten herbeizuführen. Doch die Synode akzeptierte leider seinen Vorschlag nicht.
Im Revolutionsjahr 1905/6 hatte eine kleine revolutionäre Bande von seiner Kirche Besitz genommen, so wich Berg für kurze Zeit aus Palzmar, kehrte aber schon bald wieder zurück, denn der Hauptteil seiner Gemeinde setzte es durch, daß wieder Gottesdienste gehalten werden konnten. Bei den mobil gemachten Strafexpeditionen der Regierung (s. S. 35) gelang es dem Eintreten Bergs, viele unschuldig verdächtigte Gemeindeglieder von der Strafe zu befreien. Sein ihn auszeichnendes unbestechliches Rechtsbewußtsein hinderte ihn aber, für die wirklich Schuldigen einzutreten, ein Umstand, der sein späteres Leiden mit veranlasste.
Als während des Weltkrieges 1915 die Scharen der von Süden kommenden Kriegsflüchtlinge auch nach Palzmar kamen, hat er diesen heimatlos Gewordenen mit besonderer Liebe gedient und durch Jahre die von der Regierung gegründete Verpflegungsstation für Flüchtlinge geleitet.
Als die erste bolschewistische Welle über Livland flutete, lehnte seine Gemeinde die kommunistischen Ideen zunächst ab, doch allmählich gewannen sie auch in Palzmar Boden. Berg wurde von allen Seiten gewarnt und entschloß sich, 1918 im Dezember nach Riga zu fliehen.
Als die bolschewistische Macht sich auch in Riga etablierte, erkannte er den Ernst seiner Lage und sprach öfters „von der Kugel, die ihn treffen werde“. An den Kreuz- und Trostliedern unserer Kirche erbaute er sich täglich. Am 23. Februar 1919 machte er sich auf, um ein ebenfalls geflüchtetes krankes Gemeindeglied zu besuchen, da wurde er auf der Straße von zwei Kommunisten erkannt, verhaftet und in das Zitadellengefängnis gebracht. Von seiner Gemeinde wurden sofort Versuche gemacht, ihn zu befreien. Ein Bittgesuch an die Machthaber, in dem seine fürsorgende Liebe hervorgehoben wurde,
wurde in zwei Tagen von tausend seiner Gemeindeglieder unterschrieben.
Gerade dieses Vorgehen wird wohl die Hinrichtung beschleunigt haben, denn ein Christenmensch, für den Tausende eintreten, erschien den Bolschewiken besonders gefährlich.
Schon am 14. März wurde er mit 64 anderen Leidensgefährten im Bickernschen Walde erschossen. Schriftliches aus seiner Gefängniszeit ist nicht erhalten. Einem ihn überlebenden Mitgefangenen hat er den Auftrag gegeben, die Gemeinde zu ermahnen: „Gott die Treue zu halten“.
Quelle: D. Oskar Schabert, Pastor zu St. Gertrud in Riga: Baltisches Märtyrerbuch, Furche-Verlag. Berlin 1926. S. 117f. [Digitalisat, pdf]
Bildnachweis: Kirche in Pernigel; von Egilus, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Weblinks und Verweise
Seite „Eugen Berg„ in Wikipedia (DE)
Harald Schultze und Andreas Kurschat (Herausgeber): „Ihr Ende schaut an…“ – Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2006, ISBN 978-3-374-02370-7, Teil II, Abschnitt Russisches Reich/Baltikum, S. 518.