Das Glück des Glaubens (Möwes)

Ich glaube, Hallelujah!
Seit Du, o Glaube, mich gefunden,
Steht mir der Pol der Welten fest,
Die Binde ist mir abgebunden,
Die nur im Finstern tappen läßt.
Der Zukunft Schleier sind gehoben,
Und durch der Erde Labyrinth
Ward mir ein Faden stark gewoben,
Der bis in’s Reich des Lichts sich spinnt.

Ich glaube, Halleluja,
Seit Du, o Glaube, mich gefunden,
Ist mir das Leid kein böser Gast.
Die Bürden, die mir aufgebunden,
Die trag ich nun als heil’ge Last.
Des Kreuzes dunkle Hieroglyphe
Entziffert mir nun ihren Sinn;
Ich lese wie im off’nen Briefe,
Daß ich des Vaters Zögling bin.

Ich glaube, Hallelujah!
Seit Du, o Glaube, mich gefunden,
Verlosch die Handschrift meiner Schuld;
Bey meinen zehentausend Pfunden
Ward mir ein Bürge voller Huld;
Und ach, das Eisfeld starrer Pflichten
Liegt hinter mir mit seinem Zwang;
Mein Lebensbaum mit seinen Früchten
Erwächst in Lieb und innerm Drang.

Ich glaube, Hallelujah!
Seit Du, o Glaube, mich gefunden,
Ist mir das Leben aufgetan; –
Ich lieb’s in seinen flücht’gen Stunden,
Ich seh’s in seinem Tode nah’n.
Es dringt begabt mit Seraphsflügeln
Durch alle Trümmer frisch hervor,
Und schwingt sich heimisch zu den Hügeln
Der ew’gen Gottesstadt empor.

Ich glaube, Hallelujah!
Seit Du, o Glaube, mich gefunden,
Kenn ich das Recht der Liebe ganz!
Die Bande, welche sie gewunden,
Sie sind kein flücht’ger Blüthenkranz.
Die fromme Liebe stammt von drüben,
Und ihren Anker hat sie dort, –
Ja, ewig haben, ewig lieben,
Darauf gab ihr der Herr das Wort!

Quelle:

Gedichte von Heinrich Möwes, weiland Pastor zu Altenhausen und Ivenrode, nebst einem Abrisse seines Lebens, großentheils nach seinen Briefen. Vierte, mit einer kleinen Auswahl von ihm gehaltenen Predigten vermehrte Auflage. Magdeburg, in der Heinrichshofenschen Buchhandlung, 1843, S. 228fDigitalisat